Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
Vom Netzwerk:
drei Monate Büros aufräumen, drei Monate Akten sortieren, Schuldbriefe suchen, ein halbes Jahr Depotauszüge erstellen und tippen (weil der verdammte Univac wieder nicht lief) und den Rest am Schalter. Dann warst du reif für die Karriere, und wenn du beim Aufräumen des Safes nicht gleich die Hälfte mitlaufen ließest, war dir der Hilfsprokurist nach Rückkehr aus der Rekrutenschule garantiert. Ohne diese grundsolide Ausbildung war bei einer seriösen Großbank nichts zu holen, und alle älteren Kader sind noch durch diese Schmiede gegangen.
    Warum die nach dem Fall Meili ganz wild sind gegen Securitasler, ist mir ein Rätsel. Dabei sind das noch die Besten. Die können ja noch ein paar Worte Englisch aus ihren Einsätzen bei der Street Parade und im Flughafen-Parkhaus. Aber bring mal einem ehemaligen Wegglibeck bei, was Collateralized Debt Obligation heißt oder Index Growth Linked Unit. Die Bäcker sind eh die Schlimmsten; jeden Mittag Punkt zwölf Uhr schlapp, Zimmerstunde. Dabei ist doch genau das unsere Zeit, schüttelte Äbersold den Kopf.
    Bis du dir den Schnabel vom Châteaux Pétrus getrocknet und bevor du dir die erste Truffe reinschiebst, hast du in der Regel ein paar Tonnen aus Suters Trickkiste an den Mann gebracht. Die Taxichauffeure sind auch ein Problem für sich. Dauernd zu ihren Kunden fahren, manchmal aufs Land, Rösti und Hamme im Goldenen Leu! Herrgottsack! Und die Zeit, die die damit verblöden, und der Kunde will dann regelmäßig noch seine Alte dabeihaben. Und die stellt dann auch noch so saudumme Fragen, Stichwort Sicherheit? Rendite? Und wenn’s schlimm kommt, verlangt sie, den ganzen Quark auch noch erklärt zu erhalten, und will sich die Sache noch einmal überlegen.
    Aber eben, das Problem liegt bei den Mathematikern, nickte Äbersold. Jeden Tag ein neues Konstrukt, ein noch verrückteres Instrument. »Interest rate Arbitrage based on crossed Inflation Protection with indirect Mortgage Loans and optimized Insolvency Duration.« Bring das mal einem gelernten Bäcker bei.
    »Sie müssen dem Kunden einfach sagen: Gehört heute in jedes Portfolio; ein Depot im Wert von 25 Mio kann man sich ohne gar nicht vorstellen«, habe ich Natter letzte Woche gesagt, erinnerte sich Äbersold, »und wenn der Kunde wissen will, was das ist, dann sagen Sie ihm: Was soll ich Ihnen da noch erklären? Der Name sagt doch eigentlich schon alles, oder? Und versprechen Sie auf keinen Fall mehr, den Mathematiker zu holen. Nicht dass es so geht wie letzte Woche, wo Felber beim integrierten Diskont der unterlegten chinesischen Immobilienwerte einen Kommafehler machte am White Board, der Kunde es merkte und prompt den ganzen Zaster abzog!«
    Dabei habe ich diesem Akademikerpack ausdrücklich gesagt, sie sollen es so einfach halten, dass im schlimmsten Fall ein ehemaliger Maurer die Sache nach dreimal erklären schnallt. Die haben mich blöd angeschaut. Dabei weiß ich, wovon ich rede, geriet Äbersold langsam in Rage, ich meine, was war denn der stellvertretende Oberprokurist Blumer, bevor wir ihn samt Aktiven und Passiven aus der Pleite »Walder & Blumer, Hoch- und Tiefbau« übernahmen?
Elf
    Nachdem schon eine Stunde des Meetings eher zäh ins Land gegangen war, sagte Werner Meier leise: »Also ich weiß nicht.«
    Er sprach immer so leise, dass alle Anwesenden die Ohren spitzen mussten, aber da er CCO war, konnte er sich das leisten. Das Meeting war eigentlich nichts für den Chief Communication Officer, es ging um die Verabschiedung eines Werbegeschenks für Kunden, die unwichtig waren, aber doch nicht so unwichtig, als dass man sie vollständig ignorieren könnte. Aber Meier war stolz auf sein Führungsprinzip, gelegentlich ohne Ankündigung in ein Meeting zu platzen, niemanden zu grüßen, sich hinzusetzen, gewichtig zuzuhören und dann kommentarlos zu verschwinden. Oder aber »Ich weiß nicht« zu sagen.
    Meier nahm das Werbegeschenk in die Hand, einen Plastikkugelschreiber in der Firmenfarbe Blau, mit Aufdruck: »Herzlichen Dank für Ihre Kundentreue, Ihre ELW, Elmore, Little and Willis.« Zwei Communication Assistants, der Head Customer Management, der Executive Communication Assistant und zwei weitere Pfeifen, deren Namen sich Meier nie merken konnte, waren anwesend, sie bildeten das Projektteam, das sich nun schon seit einem halben Jahr der Sache angenommen hatte. Fact Finding Meeting, Pitch Meeting mit drei externen Werbeagenturen, Decision Meeting, die siegreiche Werbeagentur hatte designt, bemustert,

Weitere Kostenlose Bücher