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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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Headline ist in einem halbjährigen Evaluationsprozess von allen abgesegnet worden, inklusive GL.«
    »Aber nicht von mir«, sagte Meier ganz, ganz leise. Das stimmte sogar, denn es gehörte zu den Führungsprinzipien von Meier, so gut wie nie ein E-Mail zu beantworten, vor allem dann nicht, wenn eine Entscheidung verlangt wurde. Dann sagte Meier seinen Satz, der von allen Mitarbeitern seit Jahren gefürchtet wurde: »Also, ich halte das Ganze noch nicht für entscheidungsreif.« Er stand auf, ignorierte die fassungslosen Mienen aller Anwesenden und verließ den Raum.
    Auf dem Gang traf Meier zufällig den CEO von Elmore, Little and Willis. »Ach, Werner«, sagte der zu Meier aufgeräumt, »übrigens, ich habe gerade die letzten Entwürfe für unsere neue Image-Kampagne gesehen, wirklich großartig, hat mir sehr gut gefallen, das wird der Hammer. Tolle Arbeit, Kompliment.«
    Ein anerkennender Schlag auf die Schulter, und der CEO eilte zur nächsten Sitzung weiter.
    Meier zückte seinen Blackberry, suchte die E-Mail-Adresse des Projektleiters NIC heraus und tippte mit zwei Fingern: »Habe die Entscheidung gefällt. Machen. Headline okay. Hintergrund einfach weniger wild. Rapport an mich.«
Sechzehn
    »Was, Sie haben mein Memo und die Einladung zum Meeting nicht gekriegt? Habe ich aber geschickt, Sie sollten vielleicht mal Ihren Mail-Eingang sorgfältiger checken.« Bei Kuster klingelten alle Alarmglocken. Den Trick kenne ich, sagte sich Kuster, da musst du schon früher aufstehen, wenn du mich so aufs Kreuz legen willst.
    Ihm war schon länger aufgefallen, dass Felber eindeutig Anlauf nahm, um Kusters Position zu erobern. Bald stand die Entscheidung an, wer wieder von Oerlikon an die Bahnhofstrasse zurückdurfte, und Kuster hatte schon im Februar zwei russische Oligarchen reingezogen, knapp sechzig Tonnen Neuanlage, damit hatte er seine Jahresvorgabe schon erfüllt. War zwar schwer auf die Leber gegangen, meiner Treu, was können Russkis saufen, erinnerte sich Kuster, und dem Hotel in St. Moritz hatte er zehntausend extra rüberschieben müssen, nachdem einer der Russen am frühen Morgen seinem Hang zu Natursektspielen mit zwei platinblonden Nutten nicht hatte widerstehen können, aber am späten Vormittag hatten dann beide die Überweisungsaufträge unterzeichnet. Okay, das war eigentlich Felbers Jagdrevier, aber was konnte Kuster dafür, dass Wladimir ihm seine beiden Buddys am White Turf vorgestellt hatte? Kuster hatte natürlich gewusst, dass Felber das nicht so einfach schlucken würde, und umsichtig seine Verteidigungslinien aufgebaut. Und jetzt kam Felber mit diesem uralten Trick, der ist und bleibt eine Pfeife, dachte Kuster.
    Er konsultierte kurz seinen Blackberry, dann wählte er eine Nummer: »Morgen, Emil«, flötete er dann ins Telefon, »für deinen Chef heute Morgen schon die Truffe-Brioche besorgt? Ah ja, und sind dem Felber nicht im Hals stecken geblieben? He, he, nein, deshalb rufe ich ja mit meinem Privat-Handy auf dein Handy an, keine Angst. Hör mal, ich komme gleich zur Sache, die Stelle in meinem Assistententeam, über die wir neulich sprachen, immer noch interessiert, auf die Winner-Seite zu wechseln? Dachte ich mir doch. Das bleibt jetzt unter uns, aber ich ziehe in KW 19 wieder an die Bahnhofstrasse zurück, und mein Team kommt natürlich mit, das wäre also der Moment … Genau, sehe ich genauso. Dann ist das alles klar, freue mich, nichts zu danken, ich weiß doch, wer was kann. Übrigens, eine Hand wäscht die andere, du weißt ja, wie das ist, genau, einen kleinen Gefallen bräuchte ich von dir, nein, nicht die Kundendaten, Himmels willen, nein, kannst du mir mal den Mailverkehr von Felber vom Zwölften und vom Siebzehnten ausdrucken und rüberschicken? Sehr gut, danke, super. Du hörst von mir, wir sehen uns dann an der Bahnhofstrasse.«
    Zwei Stunden später überflog Kuster Felbers Mails, schnell fand er, was er suchte. Im cc des Memos hatte Felber kaster statt kuster geschrieben, und bei der Einladung zum Meeting hatte ihn Felber gar nicht aufgeführt. Gotcha, sagte Kuster fröhlich, dann drückte er auf die Durchwahltaste von HR, Stabstelle Mobbing: »Hallo Peter, Philipp Kuster hier, rauchst du grade eine meiner Cohibas? Nein, Scherz, ich weiß ja, dass wir hier alle im Rauchverbot sitzen. Gern geschehen, du weißt ja, wenn es anderen gut geht, dann geht es auch mir gut, das ist mein Prinzip. Hör mal, ich habe hier leider einen etwas ekligen Fall von Mobbing zu melden, ja, ziemlich

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