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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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junge Romy Schneider gewünscht, man glaubt es kaum.
    Dann natürlich das Damenprogramm, die umfangreiche Reiseapotheke, Body Guards (ab Kaderstufe eins plus), Taxibons (ab Kaderstufe fünf), mindestens zwei Computer-Spezialisten vierundzwanzig Stunden auf Abruf, denn die meisten Manager waren ja nicht in der Lage, ihren Laptop richtig ans Internet zu stöpseln, produzierten Abstürze en masse, kamen plötzlich nicht mehr an ihre E-Mail ran, hatten zum dritten Mal das File mit dem Redenmanuskript gelöscht, hatten keinen passenden Stromadapter dabei, ein Alptraum.
    Und schließlich die Zusammenstellung einer Dokumentation über Land, Kultur und Leute, inklusive DVD, Tipps, Adressen und Geheimtipps, alleine das Teil kostete meistens knapp eine halbe Million, obwohl es eigentlich kein Schwein interessierte, aber der CEO legte großen Wert auf den kulturellen und völkerverbindenden Aspekt des Annual Meeting.
    Und dann die Fluglogistik, wer fliegt nicht mit welcher Airline, wer darf First, wer Business und wer muss Holzklasse. Und schließlich das Sahnehäubchen, der Special Guest Star, Shakira war letztes Jahr schon fünf Minuten aufgetreten, Madonna war wirklich zu teuer, man hatte sich sogar eine Weile überlegt, den Vorschlag eines Scherzkeks weiterzuverfolgen, ein Tina-Turner-Double (auch mit Perücke) auftreten zu lassen, ihn dann aber doch verworfen.
    Aber immerhin, drei Monate vor dem Annual Meeting war alles so weit in trockenen Tüchern, die meisten Verträge unterzeichnet, das meiste organisiert, und von jetzt an würde es sowieso der reine Irrsinn werden. Business as usual, dachte das Projekt-Team, bis es vom CEO mit einem kurzen Besuch beehrt wurde.
    »Ach übrigens«, sagte der CEO, »ich habe gehört, dass das Meeting dieses Jahr in London sein soll. Meine Frau war letzte Woche dort, furchtbar, ihr wurde vor dem Hotel die Handtasche geklaut, und dieser Nebel, der Verkehr, unerträglich. Unmöglich. Komme gerade aus Singapur, da spuckt man nicht mal auf die Straße, großartiger Golfplatz neben dem Mandarin, da machen wir’s dieses Jahr, sollte ja kein Problem sein. Dann weiter frohes Schaffen!«
Vierzehn
    »Moin, moin, Herr Kladde«, sagte Philipp Kuster aufgeräumt ins Telefon, »wie geht’s so dem Wetter in Hamburg?«
    Routiniert überflog er die wichtigsten Angaben im Kundenprofil, das ihm von seinem Assistenten aufgerufen worden war, bevor der den Anruf von Kladde durchgestellt hatte. »Frau Gattin hat sich über den Geburtstagsstrauß gefreut?« Bei einer Einlage von knapp fünfzig Mio, und natürlich Euro, hatte die Akte Kladde einen VIP-Reiter, nicht in Gold, das war für Anleger mit mehr als zweihundert Mio reserviert, aber immerhin. Und der kleine blinkende rote Punkt unten rechts auf dem Bildschirm machte Kuster darauf aufmerksam, dass Kladde nur steuerneutrale Anlagen wünschte, keine Korrespondenz, Unterlagen zurückbehalten. Normale Dienstleistung für Steuerhinterzieher, kostete natürlich extra.
    »Doch, hier an der Bahnhofstrasse scheint die Sonne, dafür bezahlen wir Privatbanken«, fuhr Kuster munter fort, der es nicht übers Herz brachte, seinen Kunden zu gestehen, dass er in die Pampa nach Oerlikon versetzt worden war. »Der aktuelle Stand Ihres Depots? Bitte sehr, dürfte ich zuerst um das Codewort bitten? Walküre 41? Genau.«
    Schon wieder ein alter Nazi, dachte Kuster und rief die aktuellen Kernzahlen des Depots auf. Hoppla, dachte Kuster in weniger als einem Monat hatten sich acht Tonnen in Luft aufgelöst, war ja auch kein Wunder bei den Massakern an den Börsen.
    »Alles sehr schön, Herr Kladde«, trompetete Kuster fröhlich ins Telefon, »im Rahmen Ihrer gewinnorientierten Anlagestrategie haben wir die Benchmark des Marktes um, lassen Sie mich mal schauen, um ganze zwölf Prozent geschlagen, also eine eindeutige Overperformance, und das bei schwerer See und steifer Brise, wenn ich das mal so formulieren darf.« Entwickelt sich nicht schlecht, dachte Kuster befriedigt, den habe ich bald eingetopft. »Wie bitte? In konkreten Zahlen? Nun, Herr Kladde, Sie wissen natürlich, dass eine Momentaufnahme in einem dynamischen Prozess nur eine beschränkte Aussagekraft hat, einige Ihrer Positionen reflektieren in nackten Zahlen nicht das Potenzial, das unser Analyseteam aus dem inneren Wert abgeleitet hat, der bei einer Trendumkehr … Wie bitte? Nun, es gibt positive Signale, beispielsweise das US-Konjunkturprogramm, das … Ja, ich komme ja gleich dazu, aber Sie müssen mir schon

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