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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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rahmengenähten Schuhen entfernt, die silbernen Manschettenknöpfe gewählt, dann die neue YSL-Krawatte, hellblau, aber nicht schwul-hellblau, sondern seriös-hellblau. Noch das Pillendöschen, und seine Grundausstattung war komplett.
    Damit blieb an eigentlich wichtigen Entscheidungen heute nur noch die Frage, ob er Bodmer bloß in die »Juwelenhalle« oder doch zu Petermann einladen sollte, da standen immerhin rund zwanzig Tonnen Neuanlage im Raum. Eigentlich keine Frage, dachte Kuster und schickte seinem Assistenten Müller ein Mail: »Heute, Punkt zwölf, Petermann, der übliche Tisch, soll schon mal einen Cheval Blanc dekantieren, Limousine für Bodmer vom Widder zu Petermann organisieren, soll dort dann warten. Vollzug melden. Danke.«
    Als Kuster aus dem Taxi ausstieg, wunderte er sich langsam, wieso er keine Vollzugsmeldung erhalten hatte, da kann sich Müller aber auf eine Abreibung gefasst machten, dachte er grimmig. Da piepste sein Blackberry: »Urgent meeting, Room 2.47, asap«, mailte ihm da Müller. So ein Frechdachs, seit wann kann der dringende Sitzungen einberufen? Das wird ja immer schöner.
    Ziemlich geladen riss Kuster die Türe zum Sitzungszimmer auf. Hoppla, dachte er, da saßen ja schon Äbersold, Hugentobler und sogar zwei Mitglieder der Geschäftsleitung am Tisch. Sie wirkten allerdings überhaupt nicht dynamisch oder fröhlich.
    »Was ist denn hier los?«, wollte Kuster die Stimmung etwas aufhellen. »Ist der Hypomarkt endgültig zusammengekracht?«
    Keiner der Herren sagte was, aber hinter Kuster wurde die Türe ins Schloss geworfen, und Müller bellte in seinen Rücken: »Schnauze halten, du Arschloch, jetzt wird abgerechnet.«
    Kuster war völlig fassungslos, jetzt muss ich mir schon wieder einen neuen Assistenten suchen, dachte er, Müller ist völlig weggedreht. Kuster drehte sich um und wurde kreidebleich, was gar nicht gut zum Brioni, zum dezenten Hemd und auch nicht zur hellblauen YSL-Krawatte passte. Denn Müller betrachtete ihn mit diesem Blick, den Kuster aus Kubricks »Full Metal Jacket« kannte, als der dicke Rekrut in der Latrine mit seiner Knarre auf den Instruktor zielte. Kuster schluckte leer, als er in der Hand von Müller eine Armeeordonanzpistole entdeckte, die auf seinen Bauch gerichtet war, genau auf der Höhe seines dezenten Bally-Gürtels.
    »Aber Müller, machen Sie doch keinen Scheiß, wir können doch …«
    »Ich kann, Sie nicht, Sie aufgeblasene Schabe, Sie Schinder, Sie arroganter Blähsack, Sie Stück Dreck«, unterbrach ihn Müller, und Kuster entging es nicht, dass dabei ein paar Speichelfetzen von Müllers Mund flogen, »diese Herren dort werden jetzt Zeugen, dass ich die Menschheit von einem völlig überflüssigen Parasiten befreie, einem Nichts, einem Schädling, einer Schande.«
    »Müller, lassen Sie …« Der Rest des Satzes ging im Krachen der Pistole unter, und Kuster spürte, wie ihn ein schwerer Eisenhammer in den Bauch traf, dann lief etwas Warmes seine Beine hinunter, und dann kam der Schmerz wie eine schwarze Woge, als ihn schon der nächste Schuss in die Schulter traf, und während er umknickte, meinte Kuster noch zu sehen, wie der dritte Schuss in seinen Mund Zahnsplitter durch den Raum schleuderte.
    In diesem Moment wachte Kuster in seinem schweißdurchtränkten Seidenpyjama in der nicht mehr leise raschelnden, sondern unangenehm quietschenden Satinbettwäsche in seiner Loft auf. Und er roch, dass er nicht nur in einer Schweißpfütze lag.

Nachwort
Der grösste Bankraub aller Zeiten
    Ich kann mich noch gut an die Zeiten erinnern , als in den Banken die Gangster VOR dem Schalter standen .
     
    Als Nachwort eine Bilanz, an deren Richtigkeit sich auch in Zukunft nichts ändern wird, obwohl – falsche Prognosen über zukünftige Entwicklungen abzugeben ist ja eigentlich eine der Lieblingsbeschäftigungen der Banker. Aber sei’s drum, ich bin keiner.
    Ich gebe zu: Als ich diese Storys schrieb, wusste ich nicht, dass alles noch viel schlimmer ist. Aber am allerschlimmsten ist: Wenn sich die Weltwirtschaft vom größten Bankraub aller Zeiten erholen wird, werden die Banker genau so weitermachen, wie hier beschrieben.
    Alle Storys sind aus dem wahren Leben der Finanzdienstleister gegriffen. Ich gebe auch zu, dass meine eigene Fantasie nicht ausgereicht hätte, um das zu erfinden. Natürlich wurden einige Namen und Örtlichkeiten verfremdet, um die nackte Wahrheit nicht durch dorniges juristisches Gestrüpp zu jagen.
    Endlos ist das aktuelle

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