Bank, Zsuzsa
Fremdes ihn dazu bewegt, habe er die Winterjacke übergezogen, die
Stiefel, die vor seinem Bett lagen, und sei zwischen den nackten, unter Folie
wartenden Rosenstöcken aus seinem Fenster gestiegen, habe das Tor aufgestoßen
und nicht zurückgeschaut, sei über den großen Platz gelaufen, unter
blätterlosen Platanen, die sich im Schein der Laternen schwarz zum Himmel
gereckt hätten. Er sei nicht müde gewesen trotz der späten Stunde, etwas habe
ihn getrieben, bis zur Brücke über den Klatschmohn, unter der die großen Steine
lagen, von denen er einen genommen und im blassen Licht eines halben Mondes
durch Eis und Schnee zu Évis Haus getragen habe, in dem die kleine Lampe über
dem Küchenherd nicht gebrannt hatte.
Es war die Zeit gewesen, in der Évi
zu vergessen anfing, die Glühbirnen zu wechseln und die Lampen am Abend einzuschalten,
weil sie keine Angst mehr vor der Finsternis hatte. Karl hatte am Zaun
gestanden und nicht gezögert, er hatte den Stein ins Fenster geworfen, hatte
gezielt und sofort getroffen, weil sich etwas in ihm über Monate gesammelt
hatte, in denen sein Vater Évis Kuchen mit dem Fahrrad ausgefahren, Évis Zaun
repariert, ihre Holzbank geölt, die Kaninchenställe winterfest gemacht,
zwischen ihren Beeten und Sträuchern die Harke gezogen und mit seinen Werkzeugen
ihr Dach und ihre Wände abgeklopft hatte. Deshalb hatte es Karl aus seinem
Bett, aus seinem Zimmer in die Nacht und durch die Dunkelheit zu Évis Haus
gejagt, wo sich sein Vater seit einer Weile so bewegte, als wolle er lieber
dort bleiben als weiter mit Karl im Haus mit den geschlossenen Läden.
Karl hatte damals Évis Schritte
gehört, sein Herz hatte bis zum Hals geschlagen, und weil er nicht schnell
genug davonlaufen konnte, hatte er hinter seiner Linde gekauert. Er hatte
gewartet, bis Évi an ihm vorbeigeeilt war, im Nachthemd, auf nackten Füßen,
weil ihr die Zeit gefehlt hatte, Schuhe anzuziehen, durchs Mondlicht über
Schnee und Eis, hatte hinter dem Stamm seiner Linde gewartet, die kahl in die
Nacht ragte und nicht mehr aussah, als könne sie Karl noch schützen. Évi hob
einen Stein auf, warf ihn über die schwarzen Felder und stieß diesen gellenden,
wütenden Schrei aus, den Karl nicht mehr vergessen würde und später jedes Mal
hörte, wenn Évi zu ihm sprach, vor dem Fenster ihrer Küche, vor den Johannisbeeren
in ihrem Garten, vor den Treppen zum Fotoladen, und alle Wörter aus ihrem Mund
wie Schreie klangen. Als Évi das schiefhängende Tor zugeschoben hatte und zum
Haus zurückgegangen war, als sie sich noch einmal umdrehte und mit ihren
Blicken über die Dunkelheit tastete, konnte Karl ihr Zittern und Beben spüren,
als würde es auch ihn durchdringen, als reiche es bis zu seiner Linde und zu
den Feldrainen, bis zur Brücke über den Klatschmohn und weiter, zu den Platanen
des großen Platzes und allen schmalen Wegen ringsum. Als er sah, Évi kehrte die
Scherben zusammen, hängte eine Decke vor Ajas Fenster, löschte die Lichter, und
im Haus blieb es ruhig, stand er auf und rannte an den Feldern entlang, so
schnell er konnte, als würde ihn auch jetzt etwas treiben und jagen, an der
Kirche vorbei und durch die stillen Straßen zum Haus mit den geschlossenen
Läden, wo er das Tor aufspringen ließ und durchs geöffnete Fenster in sein
Zimmer stieg, die Stiefel, die Jacke abstreifte und mit seinem schmutzigen Schlafanzug
ins Bett kroch, der Klang von Évis Schrei in seinen Ohren, der durchs Zimmer
schoss und in alle Ecken drang, ans Fenster und an die Türen der Schränke
stieß, sich über Karls Bett ausbreitete und Karl ansprang, auch wenn er die
Decke hoch bis zu seinem Kinn zog.
Wir hörten auf das Plätschern im
Brunnen, und weil ich glaubte, die Stille aufbrechen zu müssen, sagte ich, du
hast bestimmt nur die Regenrinne treffen wollen, die dein Vater gerichtet hat,
aber Karl schüttelte den Kopf, nein, das Fenster habe er treffen wollen, er
habe absichtlich so geworfen, um das Glas zerspringen zu lassen, auch wenn er
sich sofort dafür geschämt und sich gewünscht habe, Évi hätte ihn mit dem
Stein getroffen, den sie aufgehoben und über die Felder geworfen habe. Ob Évi
ihn laufengelassen habe, Karl wusste es nicht, vielleicht hatte Évi ihn gesehen
und ihren Blick schnell abgewendet. Wir haben Évi nie gefragt, ob sie Karl
hinter seiner Linde entdeckt und darüber geschwiegen hatte, weil doch niemand
verletzt worden war und Aja trotz des lauten Klirrens und der Kälte, die ins
Zimmer gedrungen
Weitere Kostenlose Bücher