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Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
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fest,
als wir seit langem zum ersten Mal wieder zu dritt durch die Nacht zogen, unter
einem Junimond, der in Kirchblüt anders aussehen würde, wenn er dort zu dieser
Stunde überhaupt zu sehen war. Wie früher liefen wir zu unseren liebsten
Madonnen, die ihre Hände schützend über unsere Köpfe hielten, durch unsere
liebsten Gassen, die uns jedes Mal zu den Foren führten, mit der gleichen
Leichtigkeit, die ich zwischen Heuschrecken und Sonnenblumenfeldern verloren
und dem heiligen Franz geopfert geglaubt hatte. Später hörten wir auf das Plätschern
in den Brunnen, streiften die Schuhe ab und legten uns auf die warmen Steine
unter die Flussgötter. Ich musste daran denken, wie ich im Herbst eine Münze
ins Wasser geworfen hatte, aber nicht vorhatte zurückzukehren, und es schien
mir albern und unsinnig, jetzt, da ich unser Dreieck wieder sehen und fassen
konnte, so wie wir auf den Steinen lagen, Aja in der Mitte, unsere Schuhe neben
uns, unsere Jacken unter unseren Köpfen, als habe es seine verschobenen Winkel
zurückgesetzt und sehe aus wie früher, als habe es seine Spitzen kurz geöffnet
und dann umso fester verschlossen.
    Es wäre besser gewesen, ein
Geheimnis zu behalten, es nicht zu verraten, und die hellen Tage, die zu uns
zurückgekehrt waren, damit jäh zu beenden. Wie im Rausch musste sich Karl
gefühlt haben, nach der leichten Zeit mit Ellen, in der alles richtig gewesen
war, als hätten sich seine Anstrengungen über die Jahre doch gelohnt, als sei
ihm jetzt gelungen, was ihm als Kind nie hatte gelingen können, in diesen
Tagen, in denen seine Mutter Sonnenliegen und Autos geliehen und sich mit Karl
über Strände und Straßen bewegt hatte, als habe sich nie ein Schatten vor ihre
Augen geschoben und nie ein Schwindel in ihren Kopf gedrängt, als sei sie Karl
nie abhandengekommen. Außerdem hatte ich Karl verziehen, redete und ging mit
ihm um wie immer, und mit Aja musste er auch nicht länger heimlich tun und sich
verstecken. Nur ein winziger Rest war geblieben, der Karl störte, eine kleine
Wahrheit, die er nie hätte erwähnen müssen, von der Karl aber glaubte, sie
stünde sonst zwischen ihm und Aja, vielleicht sogar zwischen ihm und mir,
diese kleine Lüge hätte die letzte Nähe nicht zugelassen und Karl von Aja
ferngehalten, einen winzigen letzten Schritt von ihr ferngehalten, von dem
außer Karl niemand wusste und den er unbedingt gehen wollte. Diese Juninacht,
in der wir vor den Flussgöttern aus Stein lagen und unsere Hände in die warme
Luft streckten, als könnten wir sie festhalten und so schon den Sommer
beschwören, seine sengende Hitze und sein lauwarmes Meer, musste sich für Karl
anfühlen, als sei sie wie gemacht, ein Geheimnis zu lüften, es auszusprechen
und endlich loszuwerden.
    Karl fragte, ob wir ahnten, wer
den Stein damals durch Ajas Fenster geworfen habe, und wir schüttelten die
Köpfe, weil uns erst nicht einfiel, von was Karl überhaupt sprach, von welchem Stein,
welchem Fenster, weil es zu weit zurücklag, um sich sofort daran erinnern zu
können. Aber dann fiel es uns ein, auch wie es uns damals aufgescheucht hatte,
wie Ellen und meine Mutter Évi beschworen hatten, in die Nähe des großen
Platzes zu ziehen und das Gartenhaus aufzugeben, in das man Steine durch Ajas
Fenster warf, wenn in Kirchblüt alles schlief, und wie sie bei allem so getan
hatten, als sei der Stein nicht mit einem Schlag auf dem kleinen Teppich vor
Ajas Bett gelandet, sondern als habe er Aja selbst getroffen. Évi hatte das
Klirren des Glases lange nicht vergessen können, bis zum Sommer hatte es sie
verfolgt, selbst in den Jahren danach war es zurückgekehrt, wenn sie Ajas
Fenster am Morgen geöffnet und sich am Abend gefragt hatte, ob sie es schließen
sollte. Sie hatte Aja wieder zur Schule begleitet und am Mittag dort abgeholt,
aus Angst, jemand könne ihr etwas tun wollen, jemand könne sich daran stören,
dass sie in Kirchblüt lebten, dass sie hinter den Feldrainen, dort wo die
Schranken des Bahnwärters schon zu sehen waren, in einem Gartenhaus wohnten, an
dem die Herbststürme zerrten, als wollten sie es wegtragen, und über das Évi
Planen gegen den Winter legte, sobald die ersten Eiszapfen die Regenrinne
verziert hatten.
    Karl sagte, er habe den Stein
durchs Fenster geworfen, und Aja fing an zu lachen, weil sie es für einen
seiner schiefgeratenen Scherze hielt. Aber Karl blieb dabei. Er sei damals
spät am Abend wach geworden, und als sei er es nicht selbst gewesen, als habe
etwas

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