Bank, Zsuzsa
sie sich in der Mitte erst
langsam, dann immer schneller auf derselben Stelle drehte und Zigis
Bewegungen, die Haltung seiner Arme und Beine aufs Eis zu übertragen schien.
Évi hatte ihr keine weißen,
sondern rote Schlittschuhe gekauft, die sie im Sommer hatte bestellen müssen,
damit sie im Winter geschickt wurden, und die Aja mit zwei Paar dicken
Strümpfen trug. Keiner hatte ihr zeigen müssen, wie sie die Schuhe zu binden,
die Schnürsenkel an den Haken zu führen hatte, und sie lief auf ihnen, wie ich
es sonst bei niemandem sah, als hätten sie keine Kufen, die man in einer Bude
neben dem Eingang schleifen ließ, als müsse Aja nicht erst lernen, sich auf
ihnen zu halten, als habe sie eine Ahnung davon immer schon in ihrem Kopf
gehabt und nur auf den Tag gewartet, an dem sie endlich Schlittschuhe anziehen
und loslaufen konnte, vorbei an allen anderen, mit weit ausgebreiteten,
schwingenden Armen, mit großen, schnellen Schritten, die sie über die Jahre von
Évi und Zigi abgeschaut haben musste. Évi hatte Aja diese Dinge beigebracht,
sie hatte ihr an den Abenden gezeigt, wie sie die Arme zu halten hatte, den
Kopf, die Beine, und wie sie sich abstoßen musste, um mit wenigen Schritten
schneller zu werden. Nach den ersten Drehungen und kleinen Sprüngen hatte sie
erkannt, sie konnte Aja mehr zumuten, sie musste nicht zu vorsichtig sein, weil
Aja schnell lernte, wie sie sich zu bewegen, wie sie ihren Rücken, ihre
Schultern zu halten hatte, um nicht auszurutschen, und wie sie fallen konnte,
ohne sich zu verletzen. Wenn Évi sie nach der Arbeit abholte, rief sie übers
Eis, es ist Zeit, wir gehen, und wenn Aja nicht hören wollte, sondern
weiterlief, als sei Évi nicht da, als stünde sie nicht neben Karl und mir an
der Absperrung, als winke und rufe sie ihr nicht zu, rutschte Évi schimpfend
übers Eis, in Straßenschuhen, die nass wurden davon, packte Aja am Arm und zog
sie zum Rand. Die kühle Luft, die Kälte auf dem Eis machten Aja nichts. Alles
schien sie vor den Toren dieser Halle zu lassen, was sie sonst umgab, selbst
Karl und mich in diesen Augenblicken zu vergessen, wenn sie sich in kreisenden
Bewegungen entfernte von uns, von Kirchblüt, vom großen Platz und von den
Feldwegen, die Weizen und Mais zerschnitten, und sich zu einem anderen Ort
aufmachte, von dem wir nichts wussten und ahnten, auch wenn sie nur auf
derselben Stelle um sich selbst kreiste, auf ihren roten Schlittschuhen, den
Kopf in den Nacken gelegt, die Arme weit ausgebreitet.
Helle Tage kamen, während Aja
übers Eis lief und auf Kufen zu tanzen lernte. Trotz des Winters reihten sie
sich aneinander und überboten sich, übertrafen einander an Licht und Farben,
die über den Schneefeldern lagen. Bis zu der Nacht, in der jemand einen
schweren, spitzen Stein in Ajas Fenster warf und ohne Spur in der Dunkelheit
verschwand. Obwohl Évi ohne Schuhe und Jacke, obwohl sie sofort hinausgeeilt
war, hatte sie nichts mehr tun können als zu schreien, als selbst einen Stein
aufzuheben und über die schwarzen Felder zu werfen. Aja war nicht aufgewacht,
sie schlief ruhig weiter, während Évi fluchend die Scherben auf ein Blech
kehrte, das Fenster mit Pappkarton zuklebte und Decken davorhängte, weil die
Nächte schon Eiszapfen an die Regenrinnen setzten, und so blieb es, bis Karls
Vater es an einem Vormittag sah und schon am Nachmittag ein neues Fenster
brachte. Évi konnte das Klirren und Scheppern des splitternden Glases nicht
vergessen, sie höre es öfter, als ihr lieb sei, sagte sie, auch Wochen später
noch, als Ajas Zimmer wieder ein Fenster hatte und meine Mutter versuchte, Évi
aus ihrem Haus zu locken und etwas anderes für sie zu finden, schon wegen Aja,
die nicht in einem Haus aufwachsen sollte, das im Winter nur in der Küche warm
wurde und in dessen Fenster man nachts vom Feldweg aus große Steine warf. Ob Évi
nicht näher am großen Platz, am Fotoladen wohnen wolle, fragte sie, aber Évi
schüttelte den Kopf und nahm die Hände hoch, als sei schon die Frage zu viel,
und sie müsse sie abwehren. Allein würde sie Évi nicht überreden können, und
auf ihre Art, der man sich nicht widersetzen konnte, brachte sie Karls Mutter
dazu, ihren eisblauen Mantel mit dem Kragen aus Kunstfell umzulegen, in den
Wagen zu steigen, hinauszufahren und das schiefhängende Tor zu öffnen, das
Fliegengitter zu lösen und im schmalen Flur die Hüte und Mützen zu streifen. In
Évis winziger Küche spielten sie in Gedanken weiter, was hätte
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