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Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
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Dachboden geöffnet, die Klapptreppe herabgelassen
und sei mit ihm nach oben gestiegen, habe die Kisten mit seinen Zeichnungen
geöffnet, die Papiere auseinandergerollt und mit Karl eine Weile im Staub
gestanden und gehustet, da reichte es Évi nicht, Blütenblätter aus dem
feuchten Gras zu zupfen und vor ihren kleinen Altar zu werfen. Sie hatte auf
den rechten Augenblick gewartet, die farbigen Zündhölzer zu nehmen, die ihr zu
kostbar für die Flamme am Herd waren und die meine Mutter ihr Jahr für Jahr
schenkte, um Évi an ihre Schulzeit zu erinnern, wie sie es nannte, weil
Zündholz eines von Évis Lieblingswörtern gewesen war, eines, das sie auf
unserem Sofa, unter unserer Lampe am liebsten geschrieben hatte. Évi hatte die
Schachteln in einem ihrer schiefen Schränke aufgehoben, und jetzt nahm sie
eine, steckte sie in die Tasche ihres guten Mantels, band ihr Haar zusammen,
legte ein Tuch um den Kopf und lief mit uns Kindern den Feldweg hinab, in ihren
grünen Stiefeln aus Gummi, zur Brücke über den Klatschmohn, zum großen Platz,
öffnete das Tor zur Kirche, in die sie sonst nur an den Sonntagen und
Feiertagen ging, um an dem kleinen Seitenaltar mit einem langen farbigen
Streichholz eine Kerze anzuzünden, niederzuknien und sich zu bekreuzigen.
    Zwei Frühlinge später fing Karls
Vater wieder an, Häuser zu zeichnen. An den Abenden sah Karl das Licht in
seinem Zimmer brennen, und am Morgen, wenn er aufwachte und aufstand, brannte
es immer noch. Obwohl Évi ihm oft genug sagte, er solle nicht, er müsse nicht,
sie würde schon jemanden finden, wollte Karls Vater nicht aufhören, ihren
Kuchen auszufahren, als habe er ein Gelübde abgelegt und dürfe sich nicht mehr
daraus lösen. Er bestand darauf, an den Vormittagen mit dem Fahrrad zu Évi
hinauszufahren, die Kuchenteller in den Aufsatz vor seinen Lenker zu schieben
und im Städtchen zu verteilen, in seinem dunklen Regenmantel, in dem sich der
Fahrtwind fing, weil er ihn nie zuknöpfte, als kenne er kein Wetter und keine
Jahreszeiten.
    Als er das erste neue Haus gebaut
hatte, sagte Karl, wir sollten es anschauen, und wir fuhren mit den Rädern
über die schmalen Wege, die an der Eisbahn vorbei in die Erdbeerfelder
führten, bis wir vor einem Zaun stehen blieben, zu dem nur das Tor noch fehlte.
Aja und ich erkannten es sofort. Karl hatte nichts zu sagen gebraucht. Es war
groß, es war nicht schief, es hatte ein neues, dichtes Dach und einen Garten
ohne Birnbaum, und doch sah es aus wie Évis Haus, ein bisschen so, als würde es
schweben.

Die Ufer des Neckars
     
    Karl und ich hörten irgendwann
auf, unsere Räder zu schlagen, und wir erinnerten uns später nur daran, wenn
wir auf einer Wiese, an einem Strand ein Kind sahen, das ein Rad schlug, und
uns fragten, wann wir damit aufgehört hatten, an welchem Tag, zu welcher
Stunde. Aja schlägt heute noch ein Rad, wenn ihr danach ist, genauso leicht und
sicher wie früher, wann immer sie Lust dazu hat und etwas in ihr sagt, jetzt
wäre die rechte Zeit, die Hände aufzusetzen, die Beine hochzureißen und sie
einen schnellen halben Kreis später wieder aufzustellen. Es macht ihr nichts,
wenn ihre Hände schmutzig werden und Steinchen daran kleben, wenn ihr Rock
beim Drehen herunterfällt und ihre Beine zeigt, denen man das viele
Schlittschuhlaufen ansieht. Wenn sie zum Stehen kommt, schiebt sie die Füße
zusammen und schaut eine Weile auf den Rasen, den Sand, den Kies, als müsse sie
ihre Bewegung mit diesem Blick abschließen. Ich frage mich oft, wann hat es
aufgehört, wann haben wir aufgehört, in Évis Küchenfenster zu sitzen, mit
hochgezogenen Knien, vor uns, auf den Brettern aus dunklem Holz, die Zigi zu
einem Küchenboden gezimmert hatte, Évis Hühner und Hasen, wenn der Wind zu
stark an ihrem Verschlag gerüttelt und Évi es nicht übers Herz gebracht hatte,
sie länger draußen zu lassen. Wann hatten wir zum letzten Mal so gesessen,
zwischen Évis Tieren in ihrer kalten Küche, bevor es anfing, uns nicht mehr zu
genügen, durchs beschlagene Fenster auf unsere Linden zu sehen und auf den Tag
zu warten, an dem sie ihr erstes Grün zeigen würden. Wann fingen wir an zu wissen,
der Frühling trägt keinen Hut mit gelben Bändern, er klopft auch nicht an die
Tür, um den Winter abzulösen, er rollt einfach über die Felder, weil es zum
Spiel und Wechsel der Jahreszeiten gehört. Früher hatten Karl und ich nie gesehen,
dass der Weg vom schiefhängenden Tor zur Brücke über den Klatschmohn nichts als
Staub

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