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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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Scheußlichkeiten. Das alles war inzwischen verschwunden und hatte vernünftigen Einrichtungsgegenständen Platz gemacht, schweren Regalen und Schränken aus dem gleichen polierten Teakholz, mit dem die Wände neu getäfelt worden waren.
    Die Fenster waren mit dunkelroten Portieren dekoriert, deren Farbton exakt demjenigen in den antiken persischen Brücken entsprach. Zentrales Objekt der neuen Ausstattung war sein Schreibtisch, ein wuchtiges Möbelstück, dessen Platte acht kräftige Packer nur mit Mühe in den Lastenaufzug hatten stemmen können. Passend zur übrigen Innenarchitektur hingen an den Wänden oberhalb der Täfelungen anstelle der Surrealistensammlung Klingenbergs jetzt Gemälde aus der Blütezeit des Barock, eine Jagdszene, eine Bauernhochzeit und ein Erntebild. Mit dieser Aktion hatte er sich beim Chef der Organisationsabteilung sogleich beliebt gemacht. Die Neuausstattung hatte nicht das befürchtete Loch in das für solche Fälle vorgesehene Budget der Bank gerissen, denn der Überschuß aus der Versilberung von Klingenbergs Gemäldesammlung hatte mehr als ausgereicht, um alles nach Wikings Wünschen herzurichten und seinem Kunstverständnis anzupassen. Er wollte durch nichts an seinen toten Vorgänger erinnert werden. Dieses Ziel hatte er erreicht, bis auf einige Nebensächlichkeiten. Das Haring-Graffito in der Halle zum Beispiel. In seinen Augen war es ein Ärgernis. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er es sofort überpinseln lassen. Bald, dachte er. Wiking legte den Briefbeschwerer hin, stand auf und ging zum Fenster. Er schob die Portieren zur Seite und blickte über die Stadt. Der beginnende Herbst hatte die Luft kühler werden lassen, doch hier im Büro war davon nichts zu spüren. Es war stets gleichbleibend temperiert.
    Er drehte sich um, atmete tief ein. Der Geruch nach Leim und frisch gesägtem Holz hing immer noch in der Luft, aber das störte ihn nicht. Das war sein Reich, seine Welt. Ein paar Schritte noch bis zum Gipfel, und sein Name würde in den Annalen der Bank verewigt sein. Er, nicht Klingenberg, würde für kommende Generationen derjenige sein, der wegweisend und umsichtig dieses Bankhaus zur höchsten Erfolgsstufe seiner Geschichte geführt hatte.
    Er ging zurück zum Schreibtisch und betätigte einen Schalter seiner Gegensprechanlage. »Eine Verbindung mit Weinberg«, befahl er seiner Sekretärin.
    Sekunden später meldete sich der verantwortliche Mitarbeiter für die Vergabe von Großkrediten. Seine Stimme klang ängstlich.
    »Weinberg, geben Sie mir eine kurze Zusammenfassung über das Engagement Techsoft.«
    »Sie wissen doch, daß diese Sache auf Eis liegt«, sagte Weinberg vorsichtig. »Klingenberg hatte gemeint...«
    »Klingenberg?« unterbrach Wiking ihn kalt.
    »Ein Dreißig-Millionen-Risiko...«
    »Sie sind doch schon sehr lange Kreditmann«, sagte Wiking mit trügerischer Freundlichkeit. »Es gibt immer Risiken, wenn eine Firmenübernahme finanziert werden muß. Das sollten Sie doch wissen. Ich will bei Techsoft keine Bummelei mehr. Verstehen wir uns?« Er beendete das Gespräch, ohne eine Erwiderung abzuwarten, und drückte erneut den Knopf der Gegensprechanlage. »Fünfzehn Minuten keine Störung«, wies er seine Sekretärin an. Er verließ sein Büro durch eine Tür, die unauffällig in die Wandtäfelung integriert war. Der benachbarte Raum war sein Ruhezimmer, in dem sich ein Bett, eine Sitzgruppe sowie Einbauschränke mit einer kompletten Garderobe befanden. Jedes Vorstandsmitglied verfügte über einen solchen zusätzlichen Raum, an den sich auch ein Badezimmer und eine kleine Kaffeeküche anschlossen. Dieser Wohnbereich war kein Luxus, sondern angesichts der oft nächtelangen Arbeit eine unverzichtbare Notwendigkeit. Zeit war hier buchstäblich Geld, viel Geld. Zeit, die nicht dafür verschwendet werden konnte, mitten in der Nacht noch zum Schlafen nach Flause zu fahren oder in ein Hotel zu gehen.
    Wiking schloß die Tür hinter sich ab, drehte den Schlüssel zweimal. Er ging zum Bett, schlug die Decke zurück und setzte sich. Aus einer Kleenexbox, die auf dem Nachttisch stand, zog er einige Papiertücher, die er neben sich aufs Bett legte. Während er die Schuhe abstreifte, nahm er sein privates Mobiltelefon aus der Brusttasche seines Jacketts und tippte eine Nummer. Eine Frauenstimme meldete sich. Er ließ sich auf das Bett fällen und öffnete seine Hose. »Ich bin’s, dein kleiner Frosch«, sagte er. Schwer atmend wickelte er die Kleenextücher um

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