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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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Bank.
    Sie beantwortete höflich Wikings Fragen, ohne wirklich etwas von sich preiszugeben. Sie konnte ihn nicht ausstehen. Er würde Klingenberg niemals das Wasser reichen können. Er mochte über Charisma, Kompetenz und Führungskraft verfügen. Aber er trug eine Maske. Sie sah Klingenberg vor sich, in sein Lieblingsbuch vertieft. Der Herr der Ringe von Tolkien. Seite um Seite spiegelte sich das Buchgeschehen in seinen Augen. Sein Gesicht war offen und verletzlich, er zeigte, was er fühlte, entblößte seine Seele. Er hatte gegenüber anderen nie vermieden, die Tiefen seines Wesens preiszugeben. Auf diese Weise hatte er überzeugt.
    Harald, du hast kein Pokerface, hatte sie einmal zu ihm gesagt. Man kann nur das glaubhaft vermitteln, woran man selbst glaubt, hatte er erwidert. Die Leute lieben dich, wenn du Gefühle zeigst, Johanna. Sie legen es dir nur dann als Schwäche aus, wenn du schwach bist.
    Er war stark gewesen. Trauer und Schmerz, Freude und Stolz, er hatte es ihnen allen gezeigt, und sie liebten ihn. Er hatte am Grab seiner Tochter geweint. Alle hatten seine Tränen gesehen. Dennoch war niemand je auf den Gedanken verfallen, ihn für schwach zu halten. Nur am Schluß, da hatte ihn seine Stärke verlassen und war etwas anderem gewichen. Zerbrochene Fiedel. Resignation, Hoffnungslosigkeit.
    Sie starrte Wiking ins Gesicht, blickte sich um und nahm plötzlich mit seltsamer Schärfe wahr, daß alles, was in diesem Raum den Bankier Klingenberg ausgemacht hatte, eliminiert worden war. Die Bilder, die Aktenschränke, sein Schreibtisch, alles. Ihre Hände krampften sich in die Lehne des Sessels, in dem sie saß. Mein Gott, dachte sie, er fehlt mir so.
    Wiking und Leo tauschten noch einige nichtssagende Bemerkungen, dann war das Gespräch beendet.
    Sie ging zusammen mit Leo zum Aufzug. Während der Fahrt nach unten fragte sie: »Hast du das veranlaßt?«
    Er wußte sofort, worauf sie hinauswollte. »Natürlich nicht. Seine Sekretärin hat alles gemanagt, wie üblich. Ich hätte umgebucht, aber es war kein Zimmer mehr frei. Paris im September, weißt du. Keine Maus kommt da mehr unter. Aber ich gehe dir aus dem Weg. Du kannst das Bett haben. Ich schlafe auf dem Sofa, in Ordnung?«
    Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die verchromte Wand der Aufzugkabine. »Darauf kannst du wetten. Und ich will morgens zuerst ins Bad.«
    Er grinste, das Grübchen erschien. »Du siehst zum Anbeißen aus, wenn du böse bist. Ach, das Kleid, das du da anhast... ich kenne es. Hübsche Farbe, Bordeauxrot steht dir. Extravaganter Schnitt. Hatte ich es dir nicht letztes Jahr aus London mitgebracht? Du könntest wieder etwas Neues brauchen. In Paris werde ich mich mal umsehen.«
    Sie gab keine Antwort. Als der Aufzug in der Zehnten hielt, schob sie die Hand vor die Lichtschranke. »Leo«, begann sie zögernd, »findest du nicht, daß der Wikinger die ganze Sache ziemlich unprofessionell angeht?«
    »Was meinst du damit?«
    »Nun, er ist doch ein alter Hase. Bestimmt seit zwanzig Jahren im Geschäft. Er kennt Tod und Teufel. Alles, was Geld und Rang und Namen hat. Warum nicht Amery?«
    »Da waren wir doch schon mal. Man kann sie unmöglich alle kennen.«
    »Ich weiß nicht. Die Privatbanken leben von den schwerreichen Privatkunden. Diese Kunden kennen sich untereinander. Sie erzählen jedem, der es hören will, über die schlechten Angewohnheiten dessen, der noch einen Tick reicher ist als sie selbst.«
    »Du meinst, irgendwer von unseren superreichen Kunden hätte dem Wikinger über Amery etwas stecken können, wenn er sich nur umgehört hätte?«
    »Ja, bestimmt. Mir kam es vor, als würde es ihn überhaupt nicht interessieren, mit wem er da zu tun hat. Und dabei ist er doch so scharf auf das Geld. Es paßt nicht zusammen. Das meinte ich mit unprofessionell. Keine Versuche, das Vorfeld zu sondieren. Keine Nachforschungen, was dieser Typ darstellt, was er will, woher er kommt, wie er sein Geld gemacht hat und so weiter. Nicht das geringste. Nichts.«
    »Mach dir darüber keine Gedanken, Schätzchen. Ein paar Sachen hat Amery mir immerhin schon erzählt. Und in Paris wird er uns den Rest über sich und sein Leben auch noch erzählen, da bin ich sicher. Der Wikinger hat recht. Wir gehen mit Fingerspitzengefühl ran und warten ab. Das solltest du auch machen. Einfach abwarten. Die Informationen kommen von allein. Außerdem habe ich mit dem alten Krösus gebechert und über den Impressionismus sinniert. Das hat mir genug über ihn offenbart,

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