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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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einem exklusiven Herrenschneider mit einer kompletten Garderobe ausgestattet worden, bei der an nichts gespart worden war. Das war zwei Monate her. Jetzt paßte ihm nichts mehr. Die Hemden spannten hoffnungslos über seinem Bauch, die Hosenknöpfe ließen sich nicht mehr schließen. Er hatte zu viel und zu gut gegessen. Auch hier hatte es keine Spesenbegrenzung gegeben. Während Paris für Amery eine Offenbarung an grandioser Kunst und Architektur bedeutete, erschien es Strass in erster Linie als Gourmetparadies. An jeder Ecke gab es ein kleines Schlaraffenland in Form eines hervorragenden Bistros oder Restaurants. Ein besonders exquisites Schlaraffenland befand sich zudem in verlockender Nähe. Das Restaurant >Espadon< im Ritz bot eine der besten Küchen der Welt.
    »Es wird Zeit«, mahnte er Amery.
    »Na schön. Dann wollen wir.« Amery sah auf die Uhr. Noch eine Minute. Auch sie würden pünktlich sein. Er bezwang seine plötzlich aufkommende Unruhe. Er tastete nach dem Inhalator in seiner Jackentasche, zog ihn heraus und sprühte sich unter einigen tiefen, pfeifenden Atemzügen etwas von dem Inhalt in den Mund. Strass beobachtete ihn angewidert.
    Sie steuerten auf einen Teesalon zu, wo sie ihren Arbeitgeber treffen sollten. Er war soeben eingetroffen und nahm an einem der Tische Platz. Mit ausdrucksloser Miene wartete er, bis Strass und Amery sich zu ihm gesetzt hatten. Er sah Strass an und machte eine leichte Kopfbewegung, und sofort winkte Strass der Bedienung. Sie bestellten alle drei Tee. Strass nahm außerdem eine Auswahl Sahnetörtchen.
    Der Mann, der sich Ernst nannte, streckte die Hände aus und trommelte mit gespreizten Fingern auf die Tischplatte. Seine Nägel erzeugten auf dem dunklen Marmor ein klickendes Geräusch. Amery und Strass sahen es mit Unbehagen. Ernsts Hände waren schmal, fast zart, was den Kontrast zu seinen abstoßenden Fingernägeln noch verstärkte. Er hatte nach innen gewachsene Krallennägel, stark gewölbt und gelblich verfärbt. Sie waren zu lang und dadurch noch mehr nach innen gebogen, wie die Klauen eines Raubvogels. Ernst registrierte aufmerksam Strass’ und Amerys Blicke. Die Bedienung brachte den Tee. Er trommelte lauter und schaute dabei der molligen jungen Französin ins Gesicht, ließ sich keine der Regungen ihres Mienenspiels entgehen, und als er die Ungläubigkeit, gepaart mit mühsam unterdrücktem Ekel bemerkte, glomm Befriedigung in seinen Augen auf.
    Er war so alt wie Strass, wirkte aber jugendlicher. Sein großer, runder Kopf bildete einen seltsamen Gegensatz zu seinem schmächtigen Körper, was ihm etwas Kindhaftes verlieh. Seine dünnen blonden Haare waren sorgfältig gefönt. Er hatte einen breiten Mund und ausgeprägte Lachfalten, die ihn auf den ersten Blick anziehend erscheinen ließen. So lange, bis er sein Gegenüber anschaute und seine Augen zeigte, die so tot wirkten wie erloschene Kohlen.
    Er stellte das Trommeln ein und trank von seinem Tee. »Kommen wir zur Sache, meine Herren. Bisher ist alles zu unserer absoluten Zufriedenheit verlaufen. Man kennt und schätzt Sie im Ritz als überaus noble Herrschaften, ebenso in den entscheidenden anderen Lokalitäten.« Er schob die Teetasse weg, nahm das Trommeln wieder auf und beobachtete Strass und Amery. »Übermorgen ist der Tag X. Ich hoffe, Sie sind in Topform. Sie beide«, setzte er mit einem Seitenblick auf Strass hinzu, der sich gerade ein Törtchen einverleibte. Strass verschluckte sich und würgte das Törtchen mit starren Blicken hinunter.
    »Sie sind zu fett«, sagte Ernst täuschend sanft. »Sie sind ein widerlich fettes Ferkel. Sehen Sie sich doch nur an. Ihre Sachen passen nicht mehr. Besorgen Sie sich bis übermorgen etwas anderes. Etwas Adäquates.«
    »Um wieviel Uhr kommt sie an? Wer begleitet sie?« fragte Amery. »Vierzehnfünfunddreißig, Roissy Charles de Gaulle, Terminal eins.« Ernst wiederholte es nicht. Er wußte, daß Amery es sich merken würde. »Sie lassen Sie mit dem Bentley abholen. Nehmen Sie Jorge oder Chen. Nein, vielleicht besser Chen. Er macht eine gute Figur als Chauffeur. Jorge ist als Leibwächter besser. Jedenfalls erweckt er mit seiner Statur den Anschein, als wäre er es.« Amery folgte seinen Blicken zum Nebentisch, wo zwei dunkelhaarige Männer saßen, ein großer, kräftig gebauter Kaukasier und ein zierlicher Asiate mit einem glatten, faltenlosen Gesicht. Beide waren um die Dreißig und unauffällig gekleidet. Sie unterhielten sich flüsternd. Als der Asiate Ernsts

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