Bankgeheimnisse
seinen Penis und begann zu onanieren. Die Frage der Bezahlung wurde zwischen ihnen nicht angesprochen. Er war Stammkunde und schickte ihr jeden Monat eine Menge Geld per Post. Die Frauenstimme am anderen Ende der Leitung teilte ihm in laszivem Tonfall mit, was sie alles mit dem kleinen Frosch tun wollte, damit er ein großer Frosch würde. Er ächzte und keuchte und klemmte sich das Telefon zwischen Kiefer und Schulter, damit er die andere Hand freibekam. Als die Frau ihm ausführlich und von rauhem Stöhnen unterbrochen schilderte, wie sie sich den großen Frosch in ihr Höschen steckte, explodierte er. Er drückte sofort den Ausknopf. Das ganze Gespräch hatte nicht einmal zwei Minuten gedauert. Er wischte sich ab und brachte die feuchten Papiertücher ins Bad, wo er sie in die Toilette warf und wegspülte. Anschließend wusch er sich mit herabgelassenen Hosen am Waschbecken und schaltete die Klimaanlage höher, um den Geruch nach Sex aus dem Raum zu vertreiben. Er fühlte sich angenehm matt und entspannt. Gerade richtig für die bevorstehende Besprechung.
Wiking ging wieder in sein Arbeitszimmer und bat seine Sekretärin, die wartenden Besucher vorzulassen. Er nahm hinter seinem Schreibtisch Platz und drehte den glatten Briefbeschwerer auf der Schreibunterlage, versetzte ihn in immer schnellere kreiselnde Bewegungen, bis die grünliche Maserung vor seinen Augen verschwamm.
Als Johanna und Leo Herbst den Raum betraten, stand er auf, drückte kurz die dargebotenen Hände und setzte sich wieder. Er deutete auf die Besuchersessel und lehnte sich zurück. Der Mann und die Frau hatten eine augenfällige Ähnlichkeit miteinander, fast wie Geschwister. Sogar ihre Kleidung wies Gemeinsamkeiten auf, so als wäre alles bei demselben Ausstatter gekauft worden. Der Mann wirkte selbstzufrieden, erfolgsgewohnt und stolz. Die Frau elegant, kühl, unnahbar. Wiking sah noch etwas. Es schien ihr nicht gutzugehen. Sie war dünner als neulich auf dem Friedhof, wo er sie zuletzt gesehen hatte. Ihr Gesicht war blaß unter dem Make-up, die blauen Augen müde.
»Frau Dr. Herbst, Herr Herbst. Tut mir leid, daß ich Sie warten ließ. Ich hatte ein wichtiges Telefonat.«
Johanna musterte ihn. Er trug einen mitternachtsblauen Zweireiher. Hellblaues Hemd. Goldene Manschettenknöpfe mit einer komplizierten Gravur, derselben wie in dem Siegelring an seiner rechten Hand. Vermutlich das Zeichen irgendeiner Studentenverbindung. Die Konturen seines rötlichen Backenbarts waren sauber ausrasiert. Im milden, durch die Samtportieren gedämpften Nachmittagslicht wirkte er genau wie das, was er darstellen wollte: ein Herrscher.
Seine massigen Schultern, die breiten, gepflegten Hände und die bezwingenden hellen Augen verliehen ihm etwas Majestätisches. Nur um seine Pünktlichkeit war es weniger königlich bestellt. Er hatte sie länger als zehn Minuten in seinem Vorzimmer warten lassen. Bei Klingenberg hätte es das nicht gegeben. Als sie aufblickte, sah sie, daß Wiking sie ebenfalls betrachtete. Er hob unmerklich eine Braue, ließ sie damit spüren, daß er ihre Musterung bemerkt hatte. »Es wurde höchste Zeit, daß wir uns kennenlernen, nicht wahr?«
Johanna nickte unwillkürlich. Wiking ließ sie nicht aus den Augen, während er weitersprach. »Als ich vor ein paar Wochen hierherkam und dieses Haus übernahm, hatte ich eine ziemlich umfangreiche Liste mit Leuten, die für die Bank arbeiten. Leute, um die ich mich kümmern mußte.«
Die Art, wie er Leute und kümmern betonte, ließ keinen Zweifel aufkommen, was er damit meinte.
»Sie stehen auch auf dieser Liste«, fuhr Wiking fort. »Nicht so weit oben wie die meisten anderen. Doch Sie sind deshalb nicht weniger wichtig. Genaugenommen sind Sie sogar sehr wichtig. Und bevor wir zum eigentlichen Zweck Ihres Hierseins kommen, möchte ich Sie wissen lassen, daß Sie für diese Bank noch wichtiger werden können. Sozusagen... unentbehrlich.« Die Pause vor dem letzten Wort war bedeutungsvoller als alles, was er gesagt hatte.
Machst du deine Sache in Paris gut, dann kriegst du den Geschäftsführerposten, dachte Johanna. Verdirbst du das Geschäft, dann...
Wikings nächste Worte unterbrachen ihre Gedanken.
»Wir wollen uns über das bevorstehende Treffen in Paris unterhalten. Die Terminabstimmung ist Ihnen bereits von meinem Sekretariat übermittelt worden. Die Tickets liegen am Lufthansaschalter.«
»Steigen wir im Ritz ab?« fragte Leo.
»Natürlich. Eine Suite für Sie beide ist bereits
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