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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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Geste. »Nicht nur dabei. Da ist mehr. Warum gibst du es nicht zu?«
    »Es geht nicht.« Ihre Stimme war leise, aber fest. »Glaub mir, es geht einfach nicht.« Sie hielt seinen Blicken stand. Schließlich drehte er sich wortlos um und verschwand.

    Die Boing 707 schwebte über den Wolken, über glatte, blendende Weiße, soweit das Auge reichte. Der Himmel über ihnen war von einem reinen, durchdringenden Blau, das sich hoch über ihnen in den schwärzer werdenden Tiefen der Stratosphäre verlor. Johanna gab vor zu schlafen. Sie trug eine Brille mit dunklen Gläsern. Sie hatte etwas von einer Bindehautreizung gemurmelt, als sie sich wie verabredet beim Einchecken mit Helmberg, Wiking und Leo getroffen hatte. In Wahrheit hatte sie tiefrot geränderte Augen wegen ihrer Müdigkeit. Sie war in der vergangenen Nacht nicht zur Ruhe gekommen, ebensowenig, wie sie jetzt, während des Fluges, imstande war zu schlafen. Sie zermarterte sich das Gehirn, ohne jedoch der Lösung näherzukommen. Wer? Warum? Sie fand keinen Ansatz. Klingenberg lag tot und verkrümmt halb unter seinem Schreibtisch verborgen, die Augen an klagend aufgerissen. Ein gesichtsloser Mann in der Ecke des Raumes, eine Aura von Haß und Triumph verströmend. Vor das Bild schob sich immer wieder Fabios Gestalt, seine hellgoldenen Augen, sein verführerisches Lächeln. Die personifizierte männliche Versuchung, ein jugendlicher Held wie eine Gestalt von Michelangelo. Sie spürte noch den Nachklang des verzweifelten Wunsches, sich ihm zu unterwerfen, sich in seinen Armen zu verlieren.
    In ihrem Magen rumorte es. Sie hatte nichts gefrühstückt und auch den von der Stewardeß angebotenen Brunch ausgeschlagen, der Wirkung der Tabletten mißtrauend, die sie sich gegen die ständige Übelkeit in der Flughafenapotheke besorgt hatte.
    Es gab eine Reihe von Leuten in der Bank und auch außerhalb der Bank, denen Klingenbergs Tod etwas gebracht hatte. An vorderster Stelle Wiking. Doch er hatte ein perfektes Alibi. Er war zur Todeszeit in New York gewesen.
    »Sie sind wach.«
    Sie wandte den Kopf und verfluchte sich gleichzeitig für die unbedachte Bewegung.
    »Dachte ich’s mir doch.« Wiking lächelte zufrieden. Sie saßen in der ersten Klasse, er hatte sie mit der Höflichkeit einer Hyäne vorausgehen lassen, und sobald sie saß, hatte er den Platz neben ihr eingenommen. Leo hatte es mit mildem Lächeln registriert und sich einige Reihen hinter ihnen neben Helmberg gesetzt.
    »Sie haben Ihre Hände bewegt, daran habe ich es gesehen. Ich bin ein Meister im Beobachten von Körperbewegungen. Die Hände sprechen ihre eigene Sprache. Sie sagen mehr als Gesichter. Viel mehr. Ich schaue den Menschen öfter auf die Hände als in die Augen.«
    Wie schön für dich, dachte sie verdrießlich.
    »Handbewegungen sagen mir alles. Nervosität, Ärger, Angst, Freude. Ihren Händen nach zu urteilen, haben Sie Sorgen.«
    »Wer hätte die nicht bei einem Kunden dieser Größenordnung. Er hat mehr Geld als die ganze Bank.«
    »Sie sollten sich darüber nicht den Kopf zerbrechen.« Er schlug ein Bein über das andere, richtete sich auf eine nette Unterhaltung mit ihr ein. Sie sah seine Schuhe, wie die von Leo teuerste englische Maßanfertigung. Die grauen Socken waren aus feiner Merinowolle, der gleichfarbige Anzug hatte den unverkennbaren Schimmer reiner, fester Seide. Die schmucke Bankiersuniform wurde von einem weiteren typischen Besitzstandssymbol abgerundet. Er trug eine Patek-Philippe-Uhr mit einem schweren Platinarmband.
    »Sie werden ihm die ganze Sache schon schmackhaft machen«, erklärte er wohlwollend.
    »Ich werde mein Bestes tun«, erwiderte sie verbindlich. In Gedanken war sie woanders, trieb ziellos umher, wechselnd zwischen vergangenen und künftigen Szenerien. Sie stand vor dem Schreibtisch, unter dem, halb verborgen, die Leiche Harald Klingenbergs lag. Sie war in Amsterdam, auf einem Gynäkologenstuhl, die Beine weit gespreizt. Durch den Absaugschlauch zwischen ihren Schenkeln floß Blut, und das weiße Zucken in ihrem Bauch schrumpfte und starb. Sie war wieder dreizehn und begrub ihre Kindheit. Sie war mit Leo zusammen, dann mit Fabio. Sie wand sich vor Schmerz und Lust unter ihren Händen. Sie war in Florenz und wanderte durch die Uffizien. Sie stand an der Brüstung der Dachterrasse und blickte über die nächtliche Stadt.
    »Erzählen Sie mir davon«, verlangte er.
    Sie schrak hoch. »Wie bitte?« Sie wurde sich bewußt, daß er weitergeredet hatte, ohne daß sie

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