Pretty Daemon
»Verdammt, Kate! Ich hatte geglaubt, du würdest mir vertrauen.«
»Dies ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, so etwas zu besprechen«, erwiderte ich ein wenig gereizt und sah mich in der dunklen Gasse um. Seit einer halben Stunde wurde ich das unangenehme Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Aber wir waren nicht angegriffen worden und hatten auch niemanden bemerkt, der sich in der Dunkelheit verbarg. Allmählich kam ich mir ein wenig paranoid vor.
Und das war mehr als unangenehm. Ich wurde gereizter als mein kleiner Sohn, wenn er ohne seinen Nachmittagsschlaf auskommen muss.
»Kate«, drängte David und klopfte ungeduldig mit seiner Stockspitze auf den Asphalt.
Ich warf ihm einen meiner genervtesten Blicke zu. Er gehörte zu jener Kategorie von Blicken, die ich seit fast fünfzehn Jahren an meiner Tochter Allie erprobte. »Nicht jetzt«, sagte ich. »Wir haben zu tun. Schon vergessen? Dämonen, Höllenwesen… Das übliche Programm.«
David zog etwas spöttisch seine Augenbrauen nach oben. Diesmal reagierte ich mit einem Lächeln. Ich wusste, dass ich diese Auseinandersetzung gewinnen würde. Natürlich hatte er Recht – ich wich diesem Gespräch tatsächlich aus. Aber auch ich hatte Recht. Momentan war das einfach nicht der geeignete Zeitpunkt, eine solche Unterhaltung zu führen.
»Hier ist keiner, Kate«, meinte er störrisch. »Wir haben niemand gesehen und niemand gehört. Dein Bauchgefühl mag ja meist zutreffen, aber das heißt noch lange nicht, dass man sich immer darauf verlassen kann. Hier greift uns keiner mehr an.«
»Bisher hast du meiner Intuition aber vertraut«, entgegnete ich spitz.
»Das tue ich auch weiterhin. Aber du hast selbst gesagt, dass du seit längerem kaum noch Dämonen begegnet bist… Vielleicht irre ich mich ja, aber ich habe das deutliche Gefühl, als ob du mir ausweichen würdest.«
»Verdammt! Ja, es stimmt. Ich weiche dir aus. Wie ich bereits gesagt habe – dies ist einfach nicht der richtige Zeitpunkt für ein solches Gespräch.«
»Und wann ist der richtige Zeitpunkt, Kate?«, fragte David. Seine Stimme klang jetzt ebenfalls ziemlich gereizt und ungeduldig. »Jetzt sind wir zumindest allein. Ich glaube kaum, dass du mich in deine Küche einladen möchtest, um bei einer Tasse Kaffee mit Stuart und den Kindern mit mir zu sprechen. Also – wann können wir endlich miteinander reden?«
»Gedulde dich doch noch einen Moment«, erwiderte ich. Eric verhielt sich nicht fair. Nein, das stimmte so nicht. David verhielt sich nicht fair. Ich durfte mir gar nicht erst angewöhnen, ihn Eric zu nennen. Vor allem da nur einige wenige die Wahrheit über Eric beziehungsweise David kannten.
Die Wahrheit. Mit der Wahrheit ist es eine seltsame Angelegenheit. Vor langer Zeit einmal hatte ich fest daran geglaubt, dass die Sache mit der Wahrheit ganz einfach wäre. Der Himmel ist blau – wahr. Der Mond besteht aus Käse – falsch. Das Böse ist unter uns – wahr. Tote kehren nicht zu ihren Frauen und Kindern im Körper eines anderen zurück… Hm. Schon schwieriger, denn diese Behauptung stellte sich zu meiner großen Überraschung als falsch heraus. Zumindest in meiner Welt.
In diesem Moment befand ich mich nämlich in einer düsteren Gasse hinter einem beliebten Nachtclub von San Diablo und sprach mit meinem früher einmal toten Ehemann, der sich inzwischen im Körper eines Highschool-Chemielehrers namens David Long häuslich eingerichtet hatte… Wahrscheinlich muss ich es gar nicht erwähnen, da es sowieso sonnenklar ist. Aber wie Sie sich vermutlich vorstellen können, ist mein Leben in letzter Zeit ziemlich kompliziert geworden.
Ich heiße Kate Connor und arbeite als Level-Fünf-Dämonenjägerin für die Forza Scura. Nachdem ich vor einigen Monaten einen furchtbaren Kampf ausgestanden hatte, ohne dabei sonderlich in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein, war ich befördert worden. Ehrlich gesagt, verursachte mir die Beförderung ziemliche Kopfschmerzen. Ich wusste, dass ich einige Dinge getan hatte, die vom Vatikan sicherlich nicht so ohne weiteres abgesegnet worden wären. Wie zum Beispiel, dass ich meinen ersten Mann wieder von den Toten auferweckt hatte. Und dieses kleine Detail hielt ich geflissentlich aus meinem Bericht an die Forza heraus.
Sie können mir glauben – die Erweckung von Toten gehört nicht zu den normalen Tätigkeiten eines Dämonenjägers. Aber mir bot sich die Möglichkeit, und ich nutzte sie. Das gebe ich gern zu. Was hätte ich auch
Weitere Kostenlose Bücher