Barakuda der Wächter 02 - Die Mördermütter von Padan
Frage, ob nicht der Glaube an derlei Pro phezeiungen mit der männlichen Unterordnung unter Füh rer und Religionen identisch sei, tat die Gebietende Mutter ab; im Fall der Tiere sei solches Krücke, für UNS dagegen letzte Erfüllung.
Die Prophezeiung ist bemerkenswert; ich glaube, daß sie sich mir nahezu wörtlich eingeprägt hat. Varli Soleyn (oder eine spätere Bearbeiterin ?) schreibt etwa:
›Dann wird kommen ein Tag im Herbst, da Ängste sprießen und fließendes Blut grell ist wie das Morgenleuchten. Fast siegreich, doch bedrängt sein werden die Töchter des Lebens von den Kräften des tierischen Dunkels. Dann je doch ereignen sich Zeichen:
Steine werden treiben auf dem Wasser; brennen wird das Meer; die Steppe wird wuchern auf Schiffen, und im Morgen erstrahlt über der Stadt der Töchter das Zeichen des Kreises der beiden Kreuze. Gewaltiger Donner erschüttert den Bo den; über dem brennenden Meer kreisen Millionen Vögel in dichter Ballung, kreischend und schlagend. Dann werden sie fliehen, und über das brennende Meer wird reiten die H ÜTERIN .
S IE reitet auf einer weißen Stute. Die H ÜTERIN trägt ein blendend weißes Gewand aus einem Stück, denn auch S IE ist Ein. S IE wird reiten durch das Feuer und nimmer brennen. S IE wird reiten auf dem Meer und nimmer sinken.
Die H ÜTERIN kommt vor die Stadt der Töchter. S IE , die Mutter ist und doch nicht Mutter, Jungfrau und doch nicht Jungfrau, wird keinen Einlaß finden, da die Furcht der Frauen die Freude besiegt. S IE wird heben I HRE Hand und die Mauern stürzen. Dann wird S IE reiten in die Stadt I HRER Töchter. Dort wird manche Kleingläubige zweifeln an I HR und fordern, daß S IE in schmerzlicher Prüfung beweise, daß S IE Mutter und doch nicht Mutter ist, Jungfrau und doch nicht Jungfrau. Die H ÜTERIN wird SICH der Prüfung beugen, und die kleingläubigen Töchter werden beschämt leben ohne Ansehen bis zum Schluß ihrer Tage.
Die H ÜTERIN wird sodann zum Gestade treten und heben I HRE heilende Hand. Das Feuer erlischt, die Steine versinken, die Steppe flieht, und abermals wird entstehen das Zeichen des Kreises der beiden Kreuze im Himmel. Allenthalben schweigen die Waffen des tierischen Dunkels, und die H ÜTERIN sammelt alle Waffen der Töchter und weist einen Weg zum Erhabenen Ziel.‹ …«
4. Kapitel
Der von Sarela McVitie gelenkte kleine Gleiter holte Barakuda, Gerames und Avlok ab und brachte sie zunächst nach Hastamek, einer alten, weißen Stadt am Meer, umgeben von Wällen und Türmen, an denen heftig gearbeitet wurde. Sare la sollte den Kundschafter zu einem bestimmten Punkt in der Steppe fliegen und dann nach Cadhras zurückkehren; Barakuda machte mit ihr ein Treffen an einer anderen Stelle im nördlichen Grasland aus. »Gerames und ich werden von Ha stamek aus nach Norden reiten«, sagte er. »Vielleicht kriegen wir ja noch etwas raus. Es müssen merkwürdige Dinge vorgehen, aber niemand weiß Genaues.«
Er übergab der Leutnantin das kleine, ledergebundene Buch mit der dringenden Bitte, es sofort nach der Ankunft in Cadhras der Gouverneurin auszuhändigen.
Der Resident des Gouvernements bewohnte ein schlichtes Gebäude aus weißgeschlämmten Ziegeln. Es lag gleich neben der Ratsreuse. Beim Abendessen, das sie auf der Terrasse einnahmen, bewunderte Barakuda den Blick auf Hafen und Meer, während Gerames der See den Rücken kehrte und die Reliefs und Mosaike an der Vorderfront der Reuse betrachtete.
»Der Fischfisch hatte einen Traum«, sagte der Resident, ein grauhaariger Mann mittleren Alters. »Deshalb werden die Mauern ausgebessert, und man legt Vorräte an.«
Gerames deutete auf die Darstellungen an der Fassade der Reuse: Bilder aus der mythischen Geschichte der Stadt. »Mir ist das alles zu dunkel«, murrte er. »Fische und Kie men und Reusen, bah. Und nun auch noch Träume.«
Der Resident hatte sich langwierigen Vorträgen dadurch entzogen, daß er noch vor dem Abendmahl Gerames die Kopie einer Zusammenfassung wichtiger Einzelheiten der Stadtgeschichte aushändigte, in der es hieß:
»Wenngleich im Hinterland – fruchtbares Schwemmland, das der nur wenig westlich von Hastamek in einem breiten Delta ins Meer fließende Avrak in Jahrtausenden aus dem Norden gebracht hat – Landwirtschaft betrieben wird, ist doch Fischfang die wichtigste und historische Basis der Stadt, auf die sich alle anderen Aktivitäten beziehen. Wie üblich haben auch die Shil von Hastamek in Ermangelung des Zutrauens zu einem
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