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Barakuda der Wächter 02 - Die Mördermütter von Padan

Barakuda der Wächter 02 - Die Mördermütter von Padan

Titel: Barakuda der Wächter 02 - Die Mördermütter von Padan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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sinnvollen Kosmos und etwaigen Göttern ihre Schöpfungsgeschichte, ihre Mythen und ihre Ordnungsprinzipien nach ästhetischen Gesichtspunkten erfunden. Die Erwachsenen unter den 50000 Einwohnern von Hastamek wählen die Kiemen, 100 Frauen und Männer, die in der Ratsreuse tagen. Die Kiemen ihrerseits wählen, manchmal auf Zeit, manchmal auf Lebenszeit, den Fischfisch, der immer Ubba-bul heißt. Dem Mythos zufolge war einst ein Shil, der durch ungünstige Liebschaften das Gedächtnis verloren hatte, ans Gestade getreten und hatte das Meer laut rufend befragt, wer er sei. Ihm erschien daraufhin der Große Fisch und ließ eine Blase aus seinem Maul aufsteigen, die dem Shil seinen künftigen Namen Ubba-bul offenbarte. Er gilt als Gründer von Hasta mek. Der gewählte Fischfisch erhält durch geheimnisvolle und vermutlich absurde Riten in der Grotte auf einer küstennahen Felseninsel jene visionäre Kraft, die all seine Entscheidungen und Träume zutreffend macht. Er irrt sich tatsächlich nie, denn seine Weisungen werden vom Rat der Kiemen interpre tiert, und ihr Spielraum für Deutungen ist groß. Einer der letzten Fischfische hatte einst verkündet, der Mond werde auf den Planeten stürzen. Diese Prophezeiung war insofern waghalsig, als Shilgat keinen Mond besitzt. Ubba-bul hatte am Vorabend mit einem Händler aus Cadhras gezecht und sich altirdische Liebeslyrik rezitieren lassen. Die Kiemen beschlossen nach langer Beratung, die Vision habe keinen Belang für die realen Geschicke der Stadt, was sich als zu treffend erwies, da tatsächlich keinerlei Mond fiel. Da des Fischfischs Träume jedoch immer die Absichten des Großen Fisches wiedergeben und also nicht mißachtet werden dür fen, konstruierte man ein riesiges Katapult, mit dessen Hilfe ein großer Felsbrocken namens ›Mond‹ ins Meer geschleudert wurde. (Da in Ermangelung des bezeichneten Objekts das Banyashilgu nicht über ein Wort für ›Mond‹ verfügt, wurde der Brocken ›mun-lun‹ genannt; offenbar war der Cadhrassi-Händler polyglott.)
    Übrigens sind alle anderen wichtigen Bereiche des Le bens mit Fischtermini durchsetzt; so heißen die Zunftausschüsse Gräten, die Bürgerwehr Schuppen, und die kleineren Kü stenboote der Hastamek-Shil werden nicht von Rudern, sondern von Flossen bewegt …«
    Am Morgen führte Barakuda in der Ratsreuse ein Ge spräch mit einem der Kiemen. Dieser geleitete ihn später zum Fischfisch.
    Ubba-bul war ein uralter Fischer mit breitem Mund und klugen Augen, die infolge starker Weitsichtigkeit den erstrebenswerten Ausdruck des Unendlichen Blicks gewonnen hatten. Ubba-bul empfing Barakuda freundlich und ließ ihn bewirten; man tauschte Belanglosigkeiten über die stets gu ten Beziehungen zwischen Hastamek und dem Protektorat aus. Der Fischfisch erkundigte sich nach dem Wohlergehen der Gouverneurin, »der unvergleichlichen Schwimmblase von Cadhras«; er und der Kiemen zeigten sich befriedigt darüber, daß der ehemalige Gouverneur, ein notorischer Schänder künftiger Laichplätze, auf einer trockenen Strafwelt des Commonwealth fernab jeden Wassers seine Missetaten mit harter Arbeit büßen müsse. Der Kiemen zitierte ein Sprich wort: »Den Trockner verstoße man, daß er immerfort japse.« {3} Barakuda stimmte dem zu und erfuhr weiter von Umtrieben einer neuen Gruppe von Traditionalisten unter der Stadtjugend. »Wir haben ihnen einen Platz östlich der Mauern angewiesen, wo sie sich wie die Ureltern öffentlich im Wasser fortpflanzen können. Sollten die jungen Leute ihre Nach kommen allerdings im Meer aussetzen, müssen wir in eini gen Zehntagen einschreiten.«
    Schließlich kam man auf Gerüchte aus dem Hinterland und die Visionen des Fischfischs. Ubba-bul bestätigte, daß kaum etwas aus den Steppen nördlich der Sin-tul-Berge (et wa 200 km nördlich der Küste; der Avrak zertrennt die Kette steiler Berge dort) gekommen sei; dort herrsche offenbar die Zähnung böser Trockner. Ein Traum habe ihm die Notwendigkeit eingegeben, die Mauern der Stadt auszubessern und die Schuppen zu mehren.
    Am späten Vormittag trieben Barakuda und Gerames sich im Hafen herum. Neben Fischerbooten lagen Frachtsegler an den Molen und am Kai – Schiffe aus Cadhras ebenso wie aus Golazna und anderen Shilstädten, aber auch Küstenhändler und Boote aus Orten am Oberlauf des Avrak. Barakuda schleppte Gerames durch mehrere Tavernen, bis sie endlich Leute fanden, die auf Avrak-Kähnen arbeiteten. Dante fragte sie nach Gerüchten und

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