Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Barbara

Barbara

Titel: Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Newman
Vom Netzwerk:
jemand. Und vielleicht war auch die Vorstellung, den Lesben zuzusehen, anziehender als sie zugab. Barbara hatte am Nachmittag nichts vor. Sie ging abends zu einer Dichterlesung und hoffte, dort irgendeinen älteren Mann aufzugabeln. Sie würde den Nachmittag mit Franz zuhause verbringen. Möglicherweise hilft sie ihm auch, ein Nachbarmädchen seines Alters zu verführen.
    Am späten Nachmittag brachen sie auf.

Ich bin bereit zu vergehen
    Ich bin nur ein Hauch süßer Luft.
    W. B. Yeats

12

    Leslie ging unschlüssig in die Big C Bar. Der Raum war dunkel, die Atmosphäre wohltuend. Er war erfüllt von Gelächter, den Geräuschen von Gläsern und einer Musikbox, Simon and Garfunkel. Die Leute gingen im Raum herum. Die Decke war niedrig und mit Holz beschlagen. Hier und dort standen kleine Grüppchen. An der Bar waren Plätze frei. Hinter der Bar schienen Lampen, sie war der hellste Platz im Raum. Leslie begab sich an eine Stelle, wo drei Stühle frei standen, zwischen einer Gruppe von fünfen oder sechsen, die in einer eifrigen Diskussion vertieft waren, und einem Mädchenpaar (?) — sie konnte die Leute wegen der Finsternis nicht genau erkennen —, das still dasaß. Sie setzte sich auf einen Stuhl und wartete, daß sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten. An der Stirnseite des Raums befanden sich einige Tische und Nischen. Im Innern der Nischen war wegen der Dunkelheit nichts zu erkennen, aber leises Flachen und ab und zu ein lauter Satz bewiesen, daß sie gut besetzt waren. Der Barkeeper kam. Der typische taffe Barkeeper. Leslie legte fünf Dollar auf die Bar und bestellte Gin und Tonic. Dann saß sie da und nippelte an ihrem Glas. Nach und nach erkannte sie, daß fast alle Anwesenden Frauen waren. Jeder Typ war vertreten: vom kessen Vater mit der Geldschrankfigur, keine Spur von Hüften oder Brüsten, mit abfallenden Schultern und Muskelpaketen, wie die osteuropäischen Athletinnen auf der Olympiade — über jede Abstufung weiblicher Maskulinität, kleine drahtige Mädchen mit stark getuschten Wimpern und kurzgeschorenem Haar à la Jean Seberg — bis zu ausgesprochen fraulichen Erscheinungen. Besonders ein Paar zog Leslies Blicke auf sich. Es saß gleich am Eingang. Die eine war ganz einfach eine schöne, richtige Frau. Ohne jede Spur von Unweiblichkeit. Sie hatte wunderschöne milchweiße Haut, dichte hochgestreckte Strähnen von naturrotem Haar, große grüne Augen — eine irische Claudia Cardinale, saß sie da und ihre Beine umspannte ein enganliegendes Kleid; wie die Form einer Lyra erhoben sich aus ihren Hüften die Kurven ihrer hohen stolzen Brüste. Das Mädchen, mit dem sie sich unterhielt oder besser dem sie ruhig zuhörte, sah wie ein forscher Lou Castello aus, hatte ein billiges türkisgrünes T-Shirt an und Nietenhosen, die unten am Bein ausgebeult waren und stramm saßen und aus irgendeiner scheußlichen, glänzenden Kunstseide gemacht waren, an den Füßen trug sie eckige Männerschuhe, die für ihre Statur überraschend klein waren. Sie machte mit den Armen abgehackte, häßliche Gesten, während sie heftig auf die rothaarige Frau einsprach, deren Kopf auf einem prächtigen Hals schwebte — Ingrid Bergman in irgendeiner königlichen Rolle (warum kommen Kino vergleiche immer mehr auf? fragte Leslie sich), oder Marlene Dietrich als Katharina die Große ...
    Während Leslie hinsah, stand die kurze Dicke auf und ging durch eine niedrige Tür hinaus, die Leslie vorher nicht bemerkt hatte; sie führte in einen anderen Raum, in dem sie die Schatten tanzender Paare erkennen konnte. Das rothaarige Mädchen saß immer noch genauso ruhig da; gleichgültig drehte sie den Kopf herum und schaute Leslie an, die sie beobachtete.
    »Darf ich mich zu dir setzen ?«
    »Aber sicher, immer gefährlich leben, Honey .«
    »Ist es wirklich gefährlich ?«
    »Für dich nicht, Honey, niemand wird neue Opfer vertreiben .«
    »Ich heiße Leslie .«
    »Wie entzückend«, entgegnete die Rothaarige sarkastisch.
    »Ok, wenn du mich nicht an deinem Tisch haben willst...«
    Leslie schob ihren Stuhl zurück.
    »Nein, bleib doch. Tut mir leid. Ich wollte nicht eklig sein, es liegt nur daran, daß Doris — die, die gerade da war — mich auf achtzig gebracht hat .« Sie warf Leslie ein schnelles Hochspannungslächeln zu. »Ich heiße auch Doris, mich nennen alle die Rote Doris und sie Klein Doris .«
    Leslie sah sich die Rote Doris noch einmal genau an. Aus der Nähe wirkte sie sogar noch schöner, die Haut war weiß,

Weitere Kostenlose Bücher