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Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Titel: Barcelona 01 - Der Schatten des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafon
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ich eine Kathedrale mit den Worten, sie sei ein Steinhaufen, der in eine Spitze münde.«
»Ich bin sicher, Sie würden es sehr viel besser erzählen«, murmelte ich.
Frauen wissen mit untrüglichem Instinkt, wenn ein Mann sich sterblich in sie verliebt hat, besonders wenn er strohdumm und minderjährig ist. Ich erfüllte alle Bedingungen, um von Clara Barceló zum Teufel geschickt zu werden, aber ich zog es vor, zu glauben, der Umstand ihrer Blindheit garantiere mir einen gewissen Sicherheitsspielraum und mein Frevel, meine kläglichkomische Zuneigung zu einer Frau, die doppelt so alt, intelligent und groß war wie ich, könnte unentdeckt bleiben. Ich fragte mich, was sie in mir sehen mochte, um mir ihre Freundschaft anzubieten, wenn nicht vielleicht einen blassen Abglanz ihrer selbst, einen Widerhall ihrer eigenen Verlorenheit.
    Als Barceló mit einem Katzengrinsen zurückkam, waren zwei Stunden vergangen, die mir wie zwei Minuten erschienen waren. Der Buchhändler reichte mir den Band und zwinkerte mir zu.
    »Schau ihn dir genau an, Spitzbube, ich will nicht, daß du mir nachher kommst und sagst, ich hätte dich übers Ohr gehauen, ja?«
    »Ich vertraue Ihnen.«
»Schon dumm. Dem letzten, der mir das sagte (ein Yankee-Tourist, der überzeugt davon war, der Spanische Bürgerkrieg sei ein Western mit Gary Cooper), habe ich ein von Lope de Vega mit Kugelschreiber signiertes Exemplar von Fuente Ovejuna angedreht, stell dir vor – sei also vorsichtig, im Buchmetier darfst du nicht mal dem Inhaltsverzeichnis trauen.«
    Es wurde dunkel, als wir wieder auf die Calle Canuda hinaustraten. Eine kühle Brise streifte durch die Stadt, und Barceló zog den Mantel aus, um ihn Clara über die Schultern zu legen. Da ich in absehbarer Zeit keine günstigere Chance sah, warf ich so ganz nebenbei hin, wenn es ihnen recht sei, könne ich am nächsten Tag zu ihnen kommen, um Clara einige Kapitel aus Der Schatten des Windes vorzulesen. Barceló schaute mich von der Seite an und brach in jähes Lachen aus.
    »Junge, du hast aber Feuer gefangen.« Sein Ton indessen verriet Zustimmung.
»Nun, wenn es Ihnen morgen nicht paßt, dann vielleicht ein andermal oder …«
»Clara hat das Wort«, sagte der Buchhändler. »In der Wohnung haben wir schon sieben Katzen und zwei Kakadus. Da kommt es auf ein Biest mehr oder weniger nicht an.«
»Ich erwarte dich also morgen abend gegen sieben«, schloß Clara. »Kennst du die Adresse?«
5
    Es gab eine Zeit in meiner Kindheit, wo ich, vielleicht weil ich inmitten von Büchern und Buchhändlern aufwuchs, beschloß, Romancier zu werden und ein melodramatisches Leben zu führen. Außer in der wunderbaren Einfalt, mit der man als Fünfjähriger alles sieht, gründeten meine literarischen Träume in einer märchenhaften kunsthandwerklichen Präzisionsarbeit, die in einem Schreibwarengeschäft in der Calle Anselmo Clavé, gleich hinter der Militärregierung, ausgestellt war. Der Gegenstand meiner Anbetung, ein prachtvoller, mit weiß Gott wie vielen Kostbarkeiten und Schnörkeln verbrämter schwarzer Füllfederhalter, nahm im Schaufenster den Ehrenplatz ein, als wäre er eines der Kronjuwelen. Ein Wunder in sich selbst, war er ein barockes Delirium aus Silber, Gold und tausend Windungen, das blitzte wie der Leuchtturm von Alexandria. Wenn mein Vater mit mir spazierenging, gab ich keine Ruhe, bis er mit mir den Füllfederhalter anschauen kam. Er sagte, das müsse zum wenigsten das Schreibwerkzeug eines Kaisers gewesen sein. Insgeheim war ich überzeugt, daß man mit einem solchen Wunderwerk alles schreiben konnte, von Romanen bis zu den prächtig gebundenen, wie Soldaten bei einer Parade aufgereihten Bänden eines Lexikons, die im Laden meines Vaters standen, ja selbst Briefe mit einer Macht jenseits aller postalischen Einschränkung. In meiner Naivität dachte ich, was immer ich mit dieser Feder schriebe, würde überallhin gelangen, selbst an den unbegreiflichen Ort, an den nach den Worten meines Vaters meine Mutter gegangen war und woher sie nie wieder zurückkehrte.
    Eines Tages kamen wir auf die Idee, den Laden zu betreten, um uns nach dem Prachtstück zu erkundigen. Es stellte sich heraus, daß es der König der Füllfederhalter war, ein numerierter Montblanc Meisterstück, der, so behauptete jedenfalls feierlich der Geschäftsführer, keinem Geringeren als Victor Hugo gehört hatte. Dieser Goldfeder sei das Manuskript der Elenden entsprungen.
    »So, wie das Vichy Catalán der Quelle von Caldas

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