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Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Titel: Barcelona 01 - Der Schatten des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafon
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entspringt«, bekundete er. Wie er uns mitteilte, hatte er sie persönlich von einem Sammler aus Paris erworben und sich von ihrer Echtheit überzeugt.
    »Und welchen Preis hat denn dieser Born der Wunder, wenn man fragen darf?« wollte mein Vater wissen.
Allein die Nennung der Summe ließ ihn erblassen, ich aber war endgültig verzaubert. Der Geschäftsführer bescherte uns hierauf einen unverständlichen Sermon über die Legierungen von Edelmetallen, über Emailarbeiten aus dem Fernen Osten und eine revolutionäre Theorie zu Kolben und kommunizierenden Röhren, all das Teil der deutschen Wissenschaft, die den glorreichen Strich dieses hervorragenden Exemplars der Schreibtechnologie möglich machte. Zu seinen Gunsten ist anzuführen, daß er uns, obwohl wir wie arme Schlucker aussehen mußten, die Feder so lange betasten ließ, wie wir wollten, er füllte sie für uns mit Tinte und reichte mir ein Stück Pergamentpapier, damit ich meinen Namen schreiben und so meine Literatenkarriere in der Nachfolge Victor Hugos beginnen konnte. Dann polierte er sie mit einem Lappen wieder auf Hochglanz und legte sie an ihren Ehrenplatz zurück.
»Ein andermal vielleicht«, murmelte mein Vater.
Draußen auf der Straße sagte er mit sanfter Stimme, diese Summe könnten wir uns nicht leisten. Die Buchhandlung gebe gerade eben das Nötige für unseren Unterhalt her und um mich auf eine gute Schule zu schicken. Der Montblanc-Füllfederhalter des edlen Victor Hugo habe zu warten. Ich sagte nichts, aber die Enttäuschung mußte mir ins Gesicht geschrieben stehen.
»Wir werden folgendes tun«, schlug er vor. »Wenn du alt genug bist, um mit Schreiben anzufangen, kommen wir zurück und kaufen sie.«
»Und wenn jemand sie vorher holt?«
»Die holt keiner, glaub mir. Und sonst bitten wir Don Federico, uns eine anzufertigen, dieser Mann hat goldene Hände.«
Don Federico war der Uhrmacher des Viertels, ein Gelegenheitskunde der Buchhandlung und wahrscheinlich der wohlerzogenste, höflichste Mensch der ganzen westlichen Hemisphäre. Sein Ruf als Mann von großem manuellem Geschick reichte vom Ribera-Viertel bis zum Ninot-Markt. Noch ein weiterer Ruf saß ihm im Nacken, weniger ehrbar diesmal, denn er galt seiner erotischen Vorliebe für muskulöse Jünglinge aus dem allermännlichsten Lumpenproletariat und einer gewissen Neigung, sich als Estrellita Castro zu verkleiden.
»Ja, Don Federico hat ein sehr warmes Herz«, sagte ich in himmlischer Unschuld.
Mein Vater zog eine Braue in die Höhe, vielleicht weil er befürchtete, diese üblen Nachreden könnten meine Unschuld in Mitleidenschaft gezogen haben.
»Don Federico versteht von allem, was deutsch ist, eine Menge. Und überhaupt, ich glaube gar nicht, daß es zu Zeiten Victor Hugos schon Füllfederhalter gegeben hat. Der wollte uns doch nur etwas andrehen.«
Die geschichtliche Skepsis meines Vaters glitt an mir ab. Ich glaubte felsenfest an die Legende, obwohl mir die Vorstellung keineswegs zuwider war, daß Don Federico für mich einen Ersatz anfertigte. Es wäre noch genug Zeit, mit Victor Hugo gleichzuziehen. Zu meinem Trost, und wie mein Vater vorausgesagt hatte, lag der MontblancFüllfederhalter noch jahrelang in diesem Schaufenster, das wir gewissenhaft jeden Samstagvormittag aufsuchten.
»Er ist noch da«, sagte ich erstaunt.
»Er wartet auf dich. Er weiß, daß er eines Tages dir gehören wird und daß du mit ihm ein Meisterwerk schreiben wirst.«
»Ich möchte einen Brief schreiben. An Mama. Damit sie sich nicht so allein fühlt.«
Ohne mit der Wimper zu zucken, schaute mich mein Vater an.
»Deine Mutter ist nicht allein, Daniel. Sie ist bei Gott. Und bei uns, auch wenn wir sie nicht sehen können.«
Genau diese Theorie hatte mir in der Schule auch Pater Vicente dargelegt, ein altgedienter Jesuit, der sich ein Bein ausriß, um uns aus dem Matthäusevangelium vom Grammophon bis zu den Zahnschmerzen sämtliche Geheimnisse des Universums zu erklären. Aber aus dem Mund meines Vaters klang es, als glaubten daran nicht einmal die Steine.
»Und wozu will Gott sie?«
»Ich weiß es nicht. Sollten wir ihn eines Tages sehen, werden wir ihn fragen.«
Mit der Zeit verwarf ich die Idee des Briefes und nahm an, wenn schon, sei es praktischer, gleich mit dem Meisterwerk zu beginnen. Mangels einer Feder borgte mir mein Vater einen Staedtler-Bleistift Nummer zwei, mit dem ich in ein Heft kritzelte. Ganz zufällig drehte sich meine Geschichte um einen märchenhaften Füllfederhalter, der eine

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