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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Salvador. »Wussten Sie, dass Señor Marlasca nicht nur Anwalt, Gelehrter und Schriftsteller war, sondern als junger Mann auch zweimal die weihnächtliche Hafenüberquerung, die der Schwimmklub Barcelona organisiert, gewonnen hat?«
    »Wie kann ein Schwimmchampion ertrinken?«, fragte ich.
    »Es kommt eben darauf an, wo. Señor Marlascas Leiche wurde im Becken auf dem Dach des Wasserspeichers am Ciudadela-Park gefunden. Kennen Sie diesen Ort?«
    Ich nickte mit einem Kloß im Hals. Der Ort, wo ich mich zum ersten Mal mit Corelli getroffen hatte.
    »Wenn Sie ihn kennen, wissen Sie auch, dass das volle Becken kaum einen Meter tief, also eigentlich eine Pfütze ist. An dem Tag, an dem der Anwalt tot aufgefunden wurde, war der Teich halb leer, der Wasserspiegel erreichte kaum sechzig Zentimeter.«
    »Ein Schwimmchampion ertrinkt nicht mir nichts, dir nichts in sechzig Zentimeter tiefem Wasser.«
    »Das habe ich mir auch gesagt.«
    »Gab es noch andere Meinungen?«
    Salvador lächelte bitter.
    »Zunächst ist schon fraglich, ob er überhaupt ertrunken ist. Der Gerichtsarzt, der die Autopsie der Leiche durchführte, fand ein wenig Wasser in der Lunge, aber sein Gutachten besagte, dass der Tod durch Herzstillstand eingetreten sei.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Als Marlasca ins Wasser fiel – oder als ihn jemand hineinstieß –, stand er in Flammen. Die Leiche zeigte an Oberkörper, Armen und Gesicht Verbrennungen dritten Grades. Laut Gerichtsmediziner dürfte der Körper gut eine Minute gebrannt haben, bevor er mit dem Wasser in Berührung kam. Im Gewebe von Marlascas Kleidern fanden sich Reste irgendeines Lösungsmittels. Er ist bei lebendigem Leib verbrannt worden.«
    Ich brauchte eine Weile, um all das zu verdauen.
    »Warum sollte jemand so was tun?«
    »Eine Abrechnung? Pure Grausamkeit? Wählen Sie selber. Meiner Meinung nach wollte jemand die Identifizierung von Marlascas Leiche hinauszögern, um Zeit zu gewinnen und die Polizei in die Irre zu führen.«
    »Wer denn?« »Jaco Corbera.«
    »Der Impresario von Irene Sabino.«
    »Der am Tag von Marlascas Tod verschwunden ist -mit der Einlage eines Privatkontos von Anwalt Marlasca bei der Bank Hispano Colonial, von dem seine Frau nichts wusste.«
    »Hunderttausend französische Francs«, sagte ich.
    Salvador schaute mich verdutzt an.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Tut nichts zur Sache. Was hatte Marlasca auf dem Dach des Wasserspeichers verloren? Der liegt ja nicht eben am Weg.«
    »Das ist ein weiterer ungeklärter Punkt. In Marlascas Arbeitszimmer haben wir ein Notizbuch gefunden, in dem er ein Treffen an diesem Ort eingetragen hatte, um fünf Uhr nachmittags. So sah es wenigstens aus – im Notizbuch waren nur eine Uhrzeit, ein Ort und eine Initiale vermerkt. Ein C. Wahrscheinlich Corbera.«
    »Was ist denn Ihrer Meinung nach geschehen?«
    »Ich glaube – und eigentlich ist das das Nächstliegende –, dass Jaco Irene Sabino benutzte, um Marlasca zu manipulieren. Sie wissen ja vermutlich, dass der Anwalt besessen war von diesem ganzen Aberglauben der spiritistischen Sitzungen und all dem, besonders seit dem Tod seines Sohnes. Jaco hatte einen Partner, Damián Roures, der sich in diesem Milieu bewegte. Ein Schwindler, wie er im Buche steht. Gemeinsam und mit Irene Sabinos Hilfe führten die beiden Marlasca hinters Licht und versprachen ihm, er könne mit dem Jungen in der Welt der Geister Verbindung aufnehmen. Marlasca war verzweifelt und bereit, alles zu glauben. Das Gaunertrio hatte die Sache perfekt durchgeplant, bis Jacos Geldgier mit ihm durchging. Manche sagen, die Sabino habe nicht böswillig gehandelt, sondern sei tatsächlich in Marlasca verliebt gewesen und habe an den ganzen Zauber ebenso geglaubt wie er. Mich überzeugt diese Version nicht, aber angesichts dessen, was geschah, spielt das auch keine Rolle. Jaco erfuhr von Marlascas Vermögen auf der Bank und beschloss, ihn sich vom Hals zu schaffen und mit dem Geld abzuhauen und nichts als Verwirrung zurückzulassen. Das Treffen im Notizbuch kann ebenso gut eine falsche Fährte gewesen sein, die die Sabino oder Jaco gelegt hatte. Es gibt keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass Marlasca es selbst eingetragen hatte.«
    »Und woher kamen die hunderttausend Francs, die Marlasca bei der Bank Hispano Colonial hatte?«
    »Marlasca hatte sie ein Jahr zuvor in bar selbst einbezahlt. Ich habe nicht die geringste Ahnung, woher er eine solche Summe hatte. Hingegen weiß ich, dass das, was davon noch vorhanden war,

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