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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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der Nachbarn unten. Nette Menschen und die Einzigen im ganzen Haus, die Telefon haben. Da können Sie mich erreichen oder eine Nachricht hinterlassen. Fragen Sie nach Emilio. Wenn Sie Hilfe brauchen, zögern Sie nicht, mich anzurufen. Und seien Sie vorsichtig. Jaco ist zwar schon vor vielen Jahren von der Bildfläche verschwunden, aber es gibt immer noch Leute, die um keinen Preis wollen, dass wieder in dieser alten Geschichte rumgestochert wird. Hunderttausend Francs sind kein Pappenstiel.«
    Ich steckte den Zettel mit der Nummer ein.
    »Danke sehr.«
    »Nichts zu danken. Na ja, was können sie mir schon anhaben?«
    »Hätten Sie vielleicht ein Foto von Diego Marlasca? Ich habe im ganzen Haus kein einziges gefunden.«
    »Ich weiß nicht … Eines habe ich wahrscheinlich irgendwo. Lassen Sie mich nachsehen.«
    Salvador ging zu einem Schreibtisch in der Ecke des Wohnzimmers und zog eine Blechdose voller Papiere hervor.
    »Ich habe immer noch Material von diesem Fall … Sie sehen, auch mit den Jahren bin ich nicht klüger geworden. Da, schauen Sie. Dieses Bild hat mir die Witwe gegeben.«
    Er reichte mir eine alte Atelieraufnahme, auf der ein großgewachsener, gut aussehender Mittvierziger zu sehen war, der vor einem Samthintergrund in die Kamera lächelte. Ich verlor mich in seinem klaren Blick und fragte mich, wie sich dahinter die finstere Welt verbergen konnte, auf die ich auf den Seiten von Lux Aeterna. gestoßen war.
    »Darf ich es mitnehmen?«
    Salvador zögerte.
    »Ich glaube schon. Aber verlieren Sie es nicht.« »Ich verspreche, dass ich es Ihnen zurückgeben werde.«
    »Versprechen Sie mir, dass Sie vorsichtig sein werden, dann bin ich etwas ruhiger. Und wenn Sie unvorsichtig sind und in Schwierigkeiten geraten, rufen Sie mich an.«
    Ich gab ihm die Hand.
    »Versprochen.«
     

30
    Als ich Ricardo Salvador in seiner kalten Dachgeschosswohnung verließ und wieder zur Plaza Real ging, tauchte das staubige Licht der untergehenden Sonne die Passanten in rote Farbe. Entschlossen marschierte ich los, um am einzigen Ort in der ganzen Stadt Zuflucht zu suchen, an dem ich immer gut aufgenommen worden war und mich behütet gefühlt hatte. Als ich in die Calle Santa Ana kam, war bei Sempere und Söhne eben Ladenschluss. Die Dämmerung kroch über die Stadt, und am Himmel hatte sich ein blau-purpurner Spalt aufgetan. Ich stellte mich vors Schaufenster und sah den jungen Sempere einen Kunden zur Tür begleiten. Bei meinem Anblick lächelte er und grüßte mich mit seiner üblichen Schüchternheit.
    »Soeben habe ich an Sie gedacht, Martín. Alles in Ordnung?«
    »Bestens.«
     
    »Man sieht es Ihnen an. Na, kommen Sie doch herein, wir machen einen Kaffee.«
    In der Buchhandlung saugte ich den Geruch nach Papier und Magie ein, den in Flaschen abzufüllen unerklärlicherweise noch nie jemandem eingefallen war. Sempere junior bat mich ins Hinterzimmer, wo er sich anschickte, Kaffee zu machen.
    »Und Ihr Vater? Wie geht es ihm? Neulich hat er ein wenig zerbrechlich gewirkt.«
    Sempere nickte, als wäre er dankbar für die Frage. Da wurde mir klar, dass er wahrscheinlich mit niemandem sonst darüber sprechen konnte.
    »Er hat bessere Zeiten gesehen, das stimmt schon. Der Arzt sagt, er soll aufpassen mit der Angina Pectoris, aber er muss ja unbedingt noch mehr arbeiten als vorher. Manchmal muss ich regelrecht böse werden mit ihm, aber offenbar glaubt er, wenn er die Buchhandlung an mich übergibt, ist es aus mit dem Geschäft. Heute Morgen habe ich ihn gebeten, im Bett zu bleiben, statt runterzukommen und den ganzen Tag zu arbeiten. Sie werden es nicht glauben, aber drei Minuten später schlüpft er im Korridor in die Schuhe.«
    »Er ist ein Mann mit festen Prinzipien.«
    »Stur wie ein Maulesel, das ist er. Zum Glück haben wir jetzt etwas Hilfe, sonst …«
    Ich setzte meinen reichlich abgenutzten Ausdruck von Überraschung und Arglosigkeit auf.
    »Das junge Mädchen«, verdeutlichte Sempere. »Isabella, Ihre Assistentin. Darum habe ich an Sie gedacht. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, wenn sie ein paar Stunden hier verbringt. So, wie die Dinge liegen, sind wir tatsächlich sehr dankbar für die Hilfe. Aber wenn Sie etwas dagegen haben …«
    Ich verkniff mir ein Lächeln, weil er die beiden »1« von Isabella so im Mund zergehen ließ.
    »Nun, solange es nur vorübergehend ist … Isabella ist wirklich ein gutes Mädchen. Intelligent und fleißig«, sagte ich. »Absolut vertrauenswürdig. Wir kommen glänzend

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