Barcelona 02 - Das Spiel des Engels
helfen, damit auch ich Ihnen helfen kann.«
»Sie könnten mir nicht einmal helfen, wenn Sie wirklich wollten.« »Wer dann?«
Ich ließ mich wieder auf den Stuhl fallen.
»Ich weiß es nicht …«, murmelte ich.
Ich glaubte in seinen Augen einen Anflug von Mitleid zu erkennen, vielleicht war es auch nur Müdigkeit.
»Hören Sie, Martín, fangen wir noch einmal von vorne an. Machen wir es auf Ihre Weise. Erzählen Sie mir eine Geschichte. Beginnen Sie ganz am Anfang.«
Ich schaute ihn schweigend an.
»Martín, glauben Sie nicht, nur weil Sie mir sympathisch sind, werde ich nicht meine Arbeit tun.«
»Tun Sie, was Sie tun müssen. Rufen Sie Hansel und Gretel, wenn Sie Lust haben.«
In diesem Augenblick bemerkte ich in seinem Gesicht einen Funken Unruhe. Durch den Gang kamen Schritte näher, und irgendetwas sagte mir, dass der Inspektor sie nicht erwartet hatte. Man hörte einen kurzen Wortwechsel, und Grandes trat nervös an die Tür. Er klopfte dreimal, worauf Marcos, der Wache stand, sie öffnete. Ein Mann in einem Kamelhaarmantel und dazu passendem Anzug trat ein, schaute sich mit verdrießlicher Miene um und lächelte mir dann unendlich sanft zu, während er bedächtig die Handschuhe auszog. Zu meiner Verblüffung erkannte ich Anwalt Valera.
»Sind Sie wohlauf, Señor Martín?«, fragte er.
Ich nickte. Der Anwalt zog den Inspektor in eine Ecke, wo ich sie tuscheln hörte. Grandes gestikulierte mit verhaltener Wut. Valera schaute ihn kühl an und schüttelte den Kopf. Das Gespräch zog sich fast eine Minute hin. Schließlich schnaubte Grandes und ließ die Hände sinken.
»Nehmen Sie Ihren Schal, Señor Martín, wir gehen«, sagte Valera. »Der Inspektor hat keine weiteren Fragen.«
Hinter ihm biss sich Grandes auf die Lippen und schoss Marcos einen vernichtenden Blick zu, woraufhin der die Achseln zuckte. Valera, dessen liebenswürdigroutiniertes Lächeln keinen Moment erschlaffte, nahm mich am Arm und zog mich aus diesem Kerkerloch.
»Ich hoffe, die Behandlung von Seiten dieser Beamten war korrekt, Señor Martín.«
»J-ja«, stotterte ich.
»Einen Augenblick«, sagte Grandes hinter uns.
Valera blieb stehen, bedeutete mir zu schweigen und drehte sich um.
»Falls Sie an Señor Martín weitere Fragen haben, können Sie sich an unser Büro wenden, wo man Ihnen sehr gern behilflich sein wird. Bis dahin werden wir uns, falls Sie keinen wichtigeren Rechtsgrund haben, Señor Martín in diesen Räumen einzubehalten, für heute zurückziehen, wünschen Ihnen eine gute Nacht und bedanken uns für Ihre Liebenswürdigkeit, die gegenüber Ihren Vorgesetzten zu erwähnen ich nicht versäumen werde, insbesondere gegenüber Oberinspektor Saigado, der ja, wie Sie wissen, ein enger Freund von mir ist.«
Marcos machte Anstalten, auf uns zuzugehen, aber der Inspektor hielt ihn zurück. Ich wechselte einen letzten Blick mit ihm, ehe mich Valera wieder am Arm nahm und mitzog.
»Nicht stehen bleiben«, raunte er.
Wir gingen durch den langen, von fahlen Leuchten gesäumten Gang zu einer Treppe, die uns zu einem weiteren langen Gang führte. Schließlich gelangten wir zu einer schmalen Tür und durch sie in die Eingangshalle im Erdgeschoss und zum Ausgang. Dort erwartete uns ein Mercedes-Benz mit laufendem Motor und einem Fahrer, der, kaum erblickte er Valera, die Tür aufriss. Ich stieg ein. Das Auto verfügte über eine Heizung, und die Ledersitze waren angewärmt. Valera setzte sich neben mich und gab dem Fahrer mit einem Klopfen an die Trennscheibe das Zeichen zum Abfahren. Als wir uns auf der mittleren Spur der Via Layetana befanden, lächelte er mir zu, als wäre nichts geschehen, und zeigte auf den Nebel, den wir auf unserer Fahrt wie dichtes Buschwerk zerteilten.
»Eine unfreundliche Nacht, nicht wahr?«
»Wohin fahren wir?«
»Zu Ihnen natürlich. Es sei denn, Sie gehen lieber in ein Hotel oder …« »Nein, schon gut.«
Der Wagen glitt langsam die Via Layetana hinunter.
Valera schaute desinteressiert die leeren Straßen hinunter.
»Was tun Sie hier?«, fragte ich schließlich. »Was glauben Sie, was ich tue? Sie und Ihre Interessen vertreten.«
»Sagen Sie dem Fahrer, er soll anhalten«, sagte ich.
Der Fahrer suchte Valeras Blick im Rückspiegel. Valera schüttelte den Kopf und hieß ihn weiterfahren.
»Reden Sie keinen Unsinn, Señor Martín. Es ist spät und kalt, und ich begleite Sie nach Hause.«
»Ich gehe lieber zu Fuß.«
»Seien Sie doch vernünftig.«
»Wer hat Sie geschickt?«
Er
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