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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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in der Luft. Ich stand auf, schaute mich um und ging zweimal im Zimmer auf und ab, ohne die Ursache finden zu können. Auf einem Sakristeischrank befand sich ein Porzellanteller mit einer schwarzen Kerze inmitten dunkler Tropfen. Ich drehte mich um. Der Gestank schien vom Kopfende des Bettes herzukommen. Ich zog die Nachttischschublade auf und fand ein in drei Teile zerbrochenes Kruzifix. Der Gestank war stärker geworden. Da sah ich es – unter dem Bett lag etwas. Ich kniete nieder und zog eine der Blechdosen hervor, in denen Kinder ihre Schätze verwahren, und stellte sie auf das Bett. Der Gestank war jetzt viel deutlicher und durchdringender. Ich ignorierte die aufsteigende Übelkeit und nahm den Deckel ab. In der Dose lag eine weiße Taube, deren Herz mit einer Nadel durchbohrt war. Ich wich einen Schritt zurück, bedeckte Mund und Nase mit der Hand und floh dann auf den Flur hinaus. Im Spiegel beobachteten mich die Augen des schakalisch grinsenden Harlekins. Ich rannte zur Treppe und stürzte die Stufen hinunter, um zu dem in die Veranda führenden Korridor und der Tür zu gelangen, die ich vom Garten aus geöffnet hatte. Einen Moment lang dachte ich, ich hätte mich verirrt und das Haus wolle mich nicht hinauslassen, als wäre es ein Wesen, das Flure und Zimmer nach Lust und Laune verschieben konnte. Endlich sah ich die verglaste Veranda und lief zur Tür. Erst als ich mit dem Riegel rang, hörte ich das heimtückische Lachen hinter mir und wusste, dass ich in diesem Haus nicht allein war. Ich wandte mich um und sah eine dunkle Gestalt, die mich vom anderen Ende des Korridors beobachtete. Sie hatte einen glänzenden Gegenstand in der Hand. Ein Messer.
    Das Schloss gab nach, und ich stieß die Tür mit solcher Wucht auf, dass ich der Länge nach auf die Marmorplatten am Schwimmbecken fiel. Mein Gesicht landete nur eine Handbreit von der Wasseroberfläche entfernt, sodass mir der Gestank des fauligen Wassers in die Nase stieg. Ich starrte ins Dunkel über dem Beckengrund. Da tat sich zwischen den Wolken ein Spalt auf, und die Sonne schien ins Wasser und strich über den zerbröckelten Mosaikboden. Das Bild zeigte sich nur einen Augenblick. Der Rollstuhl war auf dem Grund gestrandet und nach vorn gekippt. Das Licht wanderte weiter bis zur tiefsten Stelle des Schwimmbeckens, und dort erblickte ich sie. An der Seitenwand lehnte ein Körper, in ein weißes, im Wasser schwebendes Kleid gehüllt. Zuerst dachte ich an eine Puppe – die scharlachroten Lippen waren im Wasser aufgequollen, die Augen leuchteten wie Saphire. Langsam wallte das rote Haar im fauligen Wasser, die Haut war blau. Die Witwe Marlasca. Eine Sekunde später zogen sich die Wolken wieder zusammen, und das Wasser war der trübe Spiegel von ehedem, in dem ich nur mein Gesicht und einen Schatten sehen konnte, der jetzt hinter mir auf der Schwelle der Veranda mit dem Messer in der Hand Gestalt annahm. Ich schoss hoch und rannte los, durch den Garten, zwischen den Bäumen hindurch, mir an den Büschen Gesicht und Hände zerkratzend, bis ich zum Eisentor und auf die Straße gelangte. Ich rannte weiter und blieb erst auf der Carretera de Vallvidrera stehen. Völlig außer Atem, wandte ich mich um und sah, dass das Haus Marlasca wieder am Ende des Gässchens verborgen war, unsichtbar für die Welt.
     

 37
    Mit derselben Straßenbahn fuhr ich zurück, durch eine Stadt, die unter einem eisigen, Laub aufwirbelnden Wind von Minute zu Minute düsterer wurde. Als ich auf der Plaza Palacio ausstieg, hörte ich zwei von den Molen kommende Matrosen von einem Unwetter sprechen, das sich vom Meer her näherte. Tatsächlich ballten sich am Himmel nach und nach rote Wolken zusammen, die wie vergossenes Blut vom Meer kamen. In den Straßen um den Paseo del Born befestigten die Leute Türen und Fenster, die Krämer schlossen vorzeitig die Läden, und die Kinder kamen aus den Häusern, um mit ausgebreiteten Armen gegen den Wind anzurennen und über das Krachen des Donners zu lachen. Die Straßenlampen flackerten, und die Blitze überzogen die Fassaden mit weißem Licht. Ich hastete zum Haus mit dem Turm und stürzte die Treppe hinauf. Hinter den Mauern hörte man das Toben des Gewitters näher kommen.
    In der Wohnung war es so kalt, dass ich meinen Atem sehen konnte, als ich in den Korridor trat. In einem Abstellraum hatte ich ein altes Kohlenbecken, das ich erst vier- oder fünfmal benutzt hatte und das ich nun mit alten Zeitungen anzündete. Dasselbe tat ich mit dem

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