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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Halbdunkel am Ende des Korridors. Leise Klaviermusik schwebte in der Luft, ein elegant-melancholisches Wehklagen – Granados.
    »Señor Valera?«, rief ich. »Ich bin’s, Martín.«
    Da ich keine Antwort bekam, wagte ich mich, der traurigen Musik folgend, zwischen Bildern und Mauernischen mit Muttergottes- und Heiligenstatuetten langsam durch den Gang vor. Durch mehrere von Vorhängen umrahmte Bögen gelangte ich ans Ende des Korridors, wo sich ein großer, schwach beleuchteter Salon auftat, dessen Wände vom Boden bis zur Decke mit Bücherregalen bedeckt waren. Im Hintergrund war eine große halb offene Tür zu sehen und jenseits davon das dunkelorange Flackern eines Kaminfeuers.
    »Valera?«, rief ich erneut, diesmal etwas lauter.
    Im Schein des Feuers zeichnete sich vor dieser Tür eine Silhouette ab. Zwei glänzende Augen musterten mich misstrauisch. Ein Hund, der aussah wie ein deutscher Schäferhund, aber ein weißes Fell hatte, kam langsam auf mich zu. Ich hielt inne, knöpfte behutsam den Mantel auf und tastete nach der Pistole. Der Hund blieb vor mir stehen und schaute mich an, dann entfuhr ihm ein klagendes Winseln. Ich streichelte ihm den Kopf, und er leckte mir die Finger. Schließlich machte er kehrt und ging auf die Tür zu, hinter der das Feuer flackerte. Auf der Schwelle blieb er stehen und schaute mich wieder an. Ich folgte ihm.
    Die Tür führte in eine große, vom Kamin dominierte Bibliothek. Das Feuer war die einzige Lichtquelle, und über Wände und Decke tanzten Schatten. In der Mitte stand ein Tisch mit dem Grammophon, aus dem die Klaviermusik kam. Vor dem Feuer, mit der Rückenlehne zur Tür, befand sich ein großer Ledersessel. Der Hund trottete dorthin und schaute zu mir zurück. Als ich näher trat, sah ich auf der Lehne eine Hand mit Zigarette, von der langsam ein blauer Rauchfaden aufstieg.
    »Valera? Ich bin’s, Martín. Die Tür stand offen …«
    Der Hund legte sich vor den Sessel, ohne die Augen von mir abzuwenden. Langsam ging ich um ihn herum. Anwalt Valera saß in einem Dreiteiler mit offenen Augen und einem angedeuteten Lächeln auf den Lippen vor dem Feuer. Er hielt ein ledergebundenes Heft auf dem Schoß. Ich stellte mich vor ihn und schaute ihm in die Augen. Er zuckte nicht mit der Wimper. Da bemerkte ich den roten Blutstropfen, der ihm langsam über die Wange rann. Ich kniete mich vor ihm hin und nahm das Heft. Der Hund warf mir einen trostlosen Blick zu. Ich streichelte ihm den Kopf.
    »Tut mir leid«, flüsterte ich.
    Das Heft schien eine Art Notizbuch zu sein, dessen Einträge aus datierten Abschnitten bestanden, die durch eine kurze Linie getrennt waren. Valera hatte es in der Mitte aufgeschlagen. Der erste Eintrag der betreffenden Seite stammte vom 23. November 1904.
     
    Bank-Avis (356-a/23-11-04), 7500 Peseten, a conto Fonds D. M. Überbringung durch Marcel (persönlich) an die von D. M. angegebene Adresse. Passage hinter altem Friedhof, Bildhauerwerkstatt Sanabre und Söhne.
     
    Ich las den Eintrag mehrmals und versuchte, ihm einen Sinn abzugewinnen. Die erwähnte Passage kannte ich aus meiner Zeit bei der Stimme der Industrie. Es handelte sich um ein elendes, hinter den Friedhofsmauern vergrabenes Gässchen in Pueblo Nuevo, in dem sich Werkstätten für Grabsteine und Friedhofsskulpturen aneinanderreihten und das an einem der Flussläufe endete, die den Strand von Bogatell und die sich bis zum Meer erstreckende Hüttensiedlung von Somorrostro durchkreuzten. Aus irgendeinem Grund hatte Marlasca die Anweisung hinterlassen, einer dieser Werkstätten eine beträchtliche Summe zu zahlen.
    Auf der Seite dieses Tages gab es einen zweiten Eintrag zu Marlasca, nämlich den Beginn der Zahlungen an Jaco und Irene Sabino.
    Banküberweisung aus Fonds D. M. auf Konto Bank Hispano Colonial (Filiale Calle Fernando), Nr. 008965-2564-1. Juan Corbera, Maria Sanahuja. Erste Monatsrate von 7000 Peseten. Zahlungsplan festlegen.
     
    Ich blätterte weiter. Die meisten Einträge betrafen kleinere Ausgaben und Transaktionen im Zusammenhang mit der Kanzlei. Ich musste mehrere Seiten mit kryptischen Erinnerungshilfen durchsehen, um einen neuen Eintrag zu Marlasca zu finden. Wieder ging es um eine durch diesen Marcel, wahrscheinlich einen der Kanzleireferendare, vorgenommene Barzahlung.
     
    Bank-Avis (379-a/29-12-04), 15000 Peseten a conto Fonds D. M. Überbringung durch Marcel. Strand von Bogatell, bei Bahnübergang, 9 Uhr. Kontaktperson wird sich ausweisen.
     
    Die Hexe von Somorrostro,

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