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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Patrons nicht mehr auf dem Boden. Von der Stelle, wo sie gelegen hatte, führten Fußspuren in den Korridor hinaus. Ich spannte die Pistole und folgte ihnen. Auf der Schwelle zum Korridor blieb ich stehen und hob die Waffe. Mitten im Gang endeten die Fußspuren. Ich suchte im Halbdunkel die verborgene Gestalt des Patrons, aber es war nichts von ihm zu sehen. Am Ende des Korridors stand die Tür noch immer offen. Langsam ging ich auf die Stelle zu, wo die Spuren aufhörten. Erst nach einem Augenblick bemerkte ich, dass der leere Rahmen, den ich in Erinnerung hatte, nun gefüllt war. Er enthielt eine Fotografie, die mit derselben Kamera aufgenommen schien wie alle anderen dieser makabren Sammlung und auf der Cristina zu sehen war, ganz in Weiß, abwesend ins Objektiv starrend. Sie war nicht allein. Zwei Arme umschlangen sie und hielten sie auf den Beinen. Der, dem sie gehörten, lächelte in die Kamera. Andreas Corelli.
     

 13
    Ich wandte mich hügelabwärts und schlug den Weg ins Gracia-Viertel mit seinen dunklen, verwinkelten Straßen ein. Dort fand ich ein Café, wo zahlreiche Gäste aus der Nachbarschaft hitzig über Politik oder Fußball stritten – was genau, war schwer auszumachen. Ich ging um den Pulk herum und gelangte durch eine Rauch- und Lärmwolke zur Theke, wo mir der Kneipenwirt einen einigermaßen feindseligen Blick zuwarf, mit dem er vermutlich alle Fremden zu empfangen pflegte, also alle, die weiter als zwei Straßen von seinem Etablissement entfernt wohnten.
    »Ich muss telefonieren«, sagte ich.
    »Das Telefon ist nur für Gäste.«
    »Geben Sie mir einen Kognak. Und das Telefon.«
    Er nahm ein Glas und deutete auf einen Gang im Hintergrund, der sich unter dem Schild Pissoir auftat. Dort fand ich die Andeutung einer Telefonzelle, direkt gegenüber den WCs inmitten von Ammoniakgestank und Schankraumgetöse. Ich nahm den Hörer ab und wartete auf die Verbindung. Wenig später meldete sich eine Telefonistin der Fernsprechgesellschaft.
    »Ich möchte mit dem Anwaltsbüro Valera sprechen, Avenida Diagonal 442.«
    Nach zwei Minuten hatte sie die Nummer gefunden und verband mich. Ich wartete mit dem Hörer in der einen Hand, während ich mir mit der anderen das linke Ohr zuhielt, bis endlich die Verbindung bestätigt wurde und kurz danach die Stimme von Anwalt Valeras Sekretärin zu hören war.
    »Tut mir leid, aber Señor Valera ist im Augenblick nicht zu erreichen.«
    »Es ist wichtig. Sagen Sie ihm, mein Name ist Martín, David Martín. Es geht um Leben oder Tod.«
    »Ich weiß schon, wer Sie sind, Señor Martín. Es tut mir leid, aber ich kann Sie nicht mit Señor Valera verbinden, weil er nicht da ist. Es ist sehr spät, und er ist schon vor einer Weile gegangen.«
    »Dann geben Sie mir die Adresse seiner Wohnung.«
    »Diese Information darf ich Ihnen nicht geben, Señor Martín. Ich bedaure. Wenn Sie wollen, rufen Sie morgen Vormittag an und …«
    Ich hängte auf und wartete wieder auf die Verbindung. Diesmal gab ich der Telefonistin die Nummer, die ich von Ricardo Salvador erhalten hatte. Sein Nachbar versprach, den ehemaligen Polizisten gleich zu holen, und nach einer Minute meldete er sich.
    »Martín? Geht es Ihnen gut? Sind Sie in Barcelona?«
    »Eben angekommen.«
    »Sie müssen sehr vorsichtig sein. Die Polizei sucht Sie. Sie sind auch zu mir gekommen und haben mich über Sie und Alicia Marlasca ausgefragt.«
    »Victor Grandes?«
    »Ich glaube ja. Er wurde von zwei Schränken begleitet, die mir gar nicht gefallen haben. Ich habe den Eindruck, er will Ihnen sowohl den Tod von Roures als auch den der Witwe Marlasca anhängen. Seien Sie besser sehr vorsichtig – Sie werden mit Sicherheit überwacht. Wenn Sie wollen, können Sie hierherkommen.«
    »Danke, Señor Salvador, ich werde es mir überlegen. Ich möchte Ihnen nicht noch mehr Schwierigkeiten bereiten.«
    »Was Sie auch tun, passen Sie auf. Ich glaube, Sie hatten recht – Jaco ist zurückgekommen. Ich weiß auch nicht, warum, aber er ist wieder da. Haben Sie irgendeinen Plan?«
    »Ich werde als Erstes versuchen, Anwalt Valera zu finden. Ich glaube, hinter alldem steht der Verleger, für den Marlasca gearbeitet hat, und ich glaube auch, dass Valera als Einziger die Wahrheit kennt.«
    »Soll ich Sie begleiten?«, fragte Salvador nach einer Pause.
    »Das wird nicht nötig sein. Ich rufe Sie an, sobald ich mit Valera gesprochen habe.«
    »Wie Sie wollen. Sind Sie bewaffnet?« »Ja.«
    »Freut mich zu hören.«
    »Señor Salvador …

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