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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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der verstorbene Señor Marlasca persönlich geführt. Tatsächlich, da Sie schon danach fragen, kann ich Ihnen sagen, dass mein Vater an der Existenz dieses Señor Corelli zweifelte, vor allem in Señor Marlascas letzten Monaten, als er mit dieser Frau – wie soll ich sagen – zu verkehren begann.«
    »Mit welcher Frau?«
    »Mit diesem Revuegirl.«
    »Irene Sabino?«
    Ich hörte ihn gereizt aufseufzen.
    »Vor seinem Tod hinterließ Señor Marlasca der Kanzlei einen Fonds, den sie treuhänderisch verwalten sollte und von dem eine Reihe Zahlungen auf das Konto eines gewissen Juan Corbera und einer Maria Antonia Sanahuja vorgenommen werden sollten.«
    Jaco und Irene Sabino, dachte ich.
    »Um welchen Betrag handelte es sich bei diesem Fonds?«
    »Es war eine Einlage in Fremdwährung. Ich glaube mich zu erinnern, dass sie sich auf ungefähr hunderttausend Francs belief.«
    »Hat Marlasca je erwähnt, woher er dieses Geld hatte?«
    »Wir sind eine Anwaltskanzlei, kein Detektivbüro. Die Kanzlei hat sich darauf beschränkt, Señor Marlascas Anweisungen zu befolgen, und diese nicht in Frage gestellt.«
    »Hat er weitere Anweisungen hinterlassen?«
    »Nichts Besonderes. Einmalige Zahlungen an Drittpersonen, die nichts mit der Kanzlei oder seiner Familie zu tun hatten.«
    »Erinnern Sie sich an eine davon?«
    »Mein Vater hat sich persönlich um diese Angelegenheiten gekümmert, damit die Kanzleiangestellten keinen Zugang zu, sagen wir, heiklen Informationen hätten.«
    »Und fand es Ihr Vater nicht merkwürdig, dass sein ehemaliger Partner dieses Geld Unbekannten zukommen lassen wollte?«
    »Natürlich fand er es merkwürdig. Er fand vieles merkwürdig.«
    »Können Sie sich erinnern, wohin dieses Geld überwiesen werden sollte?«
    »Wie soll ich mich daran erinnern können? Das ist mindestens fünfundzwanzig Jahre her.«
    »Strengen Sie sich an«, sagte ich. »Señorita Margarita wird es Ihnen danken.«
    Die Sekretärin warf mir einen verschreckten Blick zu, den ich mit einem Zwinkern beantwortete.
    »Kommen Sie mir nicht auf die Idee, ihr auch nur ein Haar zu krümmen«, drohte Valera.
    »Bringen Sie mich nicht auf dumme Gedanken«, unterbrach ich ihn. »Wie steht’s mit der Erinnerung? Kehrt sie langsam zurück?«
    »Ich kann in den privaten Notizbüchern meines Vaters nachschauen. Das ist alles.«
    »Und wo sind die?«
    »Hier, bei seinen Papieren. Das wird aber einige Stunden dauern …«
    Ich hängte auf und gab Valeras Sekretärin, die zu weinen begonnen hatte, ein Taschentuch und tätschelte ihr die Schulter.
    »Kommen Sie, meine Gute, stellen Sie sich nicht so an, ich bin ja gleich weg. Glauben Sie mir jetzt, dass ich nur mit ihm sprechen wollte?«
    Sie nickte ängstlich, ohne die Augen von der Pistole abzuwenden. Lächelnd knöpfte ich den Mantel zu.
    »Eine Sache noch.«
    Das Schlimmste befürchtend, sah sie mich an.
    »Schreiben Sie mir seine Adresse auf. Und versuchen Sie nicht, mich zu leimen – wenn Sie lügen, komme ich zurück, und ich versichere Ihnen, dann werde ich die natürliche Freundlichkeit, die mich auszeichnet, beim Pförtner abgeben.«
    Bevor ich ging, bat ich sie, mir das Telefonkabel zu zeigen, und kappte es, damit sie nicht in Versuchung geriet, Valera von meinem beabsichtigten Besuch in Kenntnis zu setzen oder unser kleines Missverständnis der Polizei zu melden.
     

 14
    Anwalt Valera wohnte an der Kreuzung von Calle Girona und Calle Ausiàs March in einem riesigen Eckhaus, das aussah wie ein normannisches Schloss. Vermutlich hatte er dieses Monstrum ebenso von seinem Vater geerbt wie die Kanzlei, und in jedem einzelnen Stein steckten das Blut und der Atem ganzer Generationen von Barcelonesen, die nie davon zu träumen gewagt hätten, den Fuß in einen solchen Palast zu setzen. Dem Pförtner sagte ich, Señorita Margarita schicke mich mit einigen Papieren aus der Kanzlei, worauf er mich nach einem Moment des Zögerns hereinließ. Unter seinem aufmerksamen Blick stieg ich langsam die breite Treppe hinauf. Der Absatz im ersten Stock war geräumiger als die meisten Wohnungen, die ich aus meiner Kindheit im nur wenige Meter von hier entfernten alten Ribera-Viertel in Erinnerung hatte. Der Türklopfer war eine Bronzefaust. Als ich ihn ergriff, merkte ich, dass die Tür nur angelehnt war. Ich drückte sie sanft auf und schaute hinein. Die Vorhalle mündete in einen langen, gut drei Meter breiten Korridor mit samtverkleideten Wänden. Ich schloss die Tür hinter mir und spähte ins warme

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