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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Coligny hat den Titel erwähnt, irgendein gängiger lateinischer Ausdruck, der mir jetzt gerade nicht einfällt. Sie wissen ja, sämtliche Messbücher sind mehr oder weniger ähnlich. Pax Gloria Mundi oder etwas in der Art.«
    »Und was ist mit Lamberts Buch geschehen?«
    »Da wird das Ganze kompliziert. Offenbar wollte der arme Lambert das Manuskript in einem Wahnsinnsanfall verbrennen und hat sich im Verlag damit gleich selbst in Brand gesteckt. Viele nahmen an, das Opium habe ihm das Hirn versengt, aber Coligny hat den Verdacht, Corelli habe ihn in den Selbstmord getrieben.«
    »Warum sollte er das?«
    »Wer weiß? Vielleicht wollte er die versprochene Summe nicht zahlen. Vielleicht waren das alles auch nur Hirngespinste von Coligny, der, würde ich sagen, rund um die Uhr dem Beaujolais zuspricht. Zum Beispiel sagte er mir, Corelli habe versucht ihn umzubringen, um Lambert aus seinem Vertrag zu befreien, und ihn erst in Ruhe gelassen, nachdem er, Coligny, beschlossen habe, den Schriftsteller aus seinem Vertrag zu entlassen.«
    »Haben Sie nicht eben gesagt, er habe ihn nie gesehen?«
    »Spricht noch mehr für das, was ich sage. Ich glaube, Coligny delirierte. Als ich ihn in seiner Wohnung aufsuchte, habe ich mehr Kruzifixe, Muttergottes und Heiligenbilder gesehen als in einem Devotionalienladen. Ich hatte den Eindruck, er war nicht ganz richtig im Kopf. Beim Abschied sagte er, ich solle mich von Corelli fernhalten.«
    »Aber haben Sie nicht gesagt, er sei gestorben?« »Ecco qui.«
    Ich schwieg. Barceló schaute mich neugierig an.
    »Ich habe den Eindruck, meine Ermittlungen haben Sie nicht besonders überrascht.«
    Ich spielte das Ganze mit einem sorglosen Lächeln herunter.
    »Im Gegenteil. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich Zeit für diese Nachforschungen genommen haben.«
    »Nicht der Rede wert. In Paris auf Klatschtour zu gehen ist für mich ein Heidenvergnügen, Sie kennen mich ja.«
    Er riss die Seite mit den Angaben aus seinem Notizheft und gab sie mir.
    »Vielleicht können Sie das brauchen. Da steht alles, was ich herausfinden konnte.«
    Ich stand auf und gab ihm die Hand. Er begleitete mich zum Ausgang, wo mir Dalmau das eingeschlagene Buch der Bücher überreichte.
    »Wenn Sie irgendein Jesusbildchen möchten, wo er die Augen auf- und zuklappt, je nachdem, wie man ihn anschaut, dann habe ich auch das. Oder eines von der Muttergottes, umgeben von Lämmchen, die zu pausbäckigen Cherubim werden, wenn man es dreht. Ein Wunder der Stereoskopie.«
    »Für den Augenblick reicht mir das offenbarte Wort.«
    »So sei es.«
    Ich dankte ihm für seine Unterstützung, aber je weiter ich mich von der Buchhandlung entfernte, desto mehr befiel mich eine kalte Unruhe, und ich hatte den Eindruck, die Straßen und mein Schicksal seien auf Treibsand gebaut.
     
     
     

 15
    Auf dem Heimweg blieb ich vor dem Schaufenster eines Schreibwarengeschäfts in der Calle Argenteria stehen. Auf einem drapierten Tuch glänzte ein Etui mit einigen Federn und einem Elfenbeinhalter samt dem dazu passenden weißen Tintenfass, auf dem Musen oder Elfen eingraviert waren. Die Garnitur wirkte etwas melodramatisch und sah aus wie vom Schreibtisch eines jener russischen Romanciers entwendet, die ihr Herz auf Tausenden von Seiten ausbluten. Isabella hatte eine Schrift, um die ich sie beneidete, eine Ballettschrift, rein wie ihr Gewissen, und ich hatte das Gefühl, diese Schreibgarnitur trage ihren Namen. Ich ging hinein und bat den Inhaber, sie mir zu zeigen. Die Federn waren vergoldet, und der Spaß kostete ein kleines Vermögen, aber ich fand es angebracht, die Liebenswürdigkeit und Geduld, die meine junge Assistentin mir gegenüber aufbrachte, mit einer großzügigen Geste zu erwidern. Ich ließ sie mir in purpurn glänzendes Papier mit riesengroßer Schleife einpacken.
    Zuhause wollte ich die egoistische Genugtuung genießen, die man empfindet, wenn man mit einem Geschenk in der Hand erscheint. Ich schickte mich an, Isabella wie ein treues Maskottchen zu rufen, das nichts anderes zu tun hat, als ergeben auf seinen Herrn zu warten, doch der Anblick, der sich mir bot, als ich die Tür öffnete, ließ mich verstummen. Der Korridor war dunkel wie ein Tunnel. Die Tür zum hintersten Zimmer stand offen, und daraus fiel gelblich flackerndes Licht auf den Boden.
     
     
    »Isabella?«, rief ich mit trockenem Mund. »Hier bin ich.«
    Die Stimme kam aus dem Inneren. Ich deponierte das Paket auf dem Dielentisch und ging weiter. Auf der

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