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Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Titel: Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Libido eines Löwen, die selbst bei höchster Verstrahlung nicht schwindet.«
    »Mit Ihnen kann man einfach nicht diskutieren, Fermín.«
    »Ich habe eben eine dialektische Veranlagung, die dazu neigt, beim geringsten Anzeichen von Täuschung oder Vertrottelung andere zu ärgern, mein Freund, Ihr Vater dagegen ist ein zartheikles Blümchen, und ich glaube, wir sollten jetzt eingreifen, ehe er gänzlich zum Fossil wird.«
    »Und was für eine Art von Eingreifen soll das sein, Fermín?«, unterbrach uns die Stimme meines Vaters. »Sagen Sie bloß nicht, Sie wollen mich zu Kaffee und Kuchen mit der Rociíto verführen.«
    Wir wandten uns um wie zwei ertappte Pennäler. Streng und keineswegs wie ein zartheikles Blümchen beobachtete uns mein Vater von der Tür aus.

8

    »Und woher wissen Sie das mit der Rociíto?«, murmelte Fermín verdutzt.
    Mein Vater ergötzte sich an unserem Erschrecken und blinzelte uns dann freundlich lächelnd zu.
    »Ich mag ja ein Fossil werden, aber noch habe ich gute Ohren. Gute Ohren, und der Kopf funktioniert ebenfalls. Darum habe ich beschlossen, etwas zu unternehmen, um das Geschäft wieder flottzukriegen«, verkündete er. »Das Molino kann warten.«
    Erst jetzt fiel uns auf, dass er zwei enorme Tüten und eine große, in Packpapier geschlagene und dick verschnürte Schachtel mitgebracht hatte.
    »Du wirst mir aber nicht sagen, dass du gerade die Bank an der Ecke überfallen hast«, fragte ich.
    »Den Banken versuche ich wenn immer möglich aus dem Weg zu gehen, denn wie Fermín sehr richtig sagt, sind normalerweise sie es, die einen überfallen. Nein, ich komme vom Santa-Lucía-Markt.«
    Fermín und ich wechselten einen verblüfften Blick.
    »Wollt ihr mir nicht helfen? Das ist schwer wie eine Leiche.«
    Wir verfrachteten den Inhalt der Tüten auf den Ladentisch, während mein Vater das Papier von der Schachtel entfernte. Die Tüten waren voll kleiner, ebenfalls in Packpapier steckender Gegenstände. Fermín wickelte einen aus und betrachtete ihn verständnislos.
    »Was ist denn das?«, fragte ich.
    »Ich würde sagen, es handelt sich um einen ausgewachsenen Esel im Maßstab 1:100«, antwortete Fermín.
    »Was bitte?«
    »Ein Esel, Grautier oder Langohr, liebenswerter einhufiger Vierfüßler, der charmant und selbstbewusst die Fluren unseres Spanien tüpfelt, nur eben en miniature, wie die Spielzeugeisenbähnchen aus der Casa Palau«, erklärte Fermín.
    »Es ist ein Esel aus Ton, eine Krippenfigur«, sagte mein Vater.
    »Was denn für eine Krippe?«
    Wortlos öffnete mein Vater die Schachtel und zog eine riesige Krippe mit Lichtchen hervor, die er, wie ich ahnte, als Weihnachtsreklame ins Schaufenster stellen wollte. Inzwischen hatte Fermín schon mehrere Ochsen, Kamele, Schweine, Enten, morgenländische Monarchen, Palmen, einen heiligen Joseph und eine Jungfrau Maria ausgepackt.
    »Sich vermittelst der Zurschaustellung von Krippenfigürchen und Ammenmärchen dem Joche des Nationalkatholizismus und seinen ihm innewohnenden Indoktrinationstechniken zu ergeben scheint mir nicht die Lösung zu sein«, sagte Fermín.
    »Erzählen Sie doch keinen Unsinn, Fermín, das ist eine schöne Gepflogenheit, und zur Weihnachtszeit sehen die Leute gern Krippen«, unterbrach ihn mein Vater. »Dem Laden hat der Farben- und Freudefunken gefehlt, dessen diese Zeiten bedürfen. Wenn Sie einen Blick auf die Geschäfte des Viertels werfen, werden Sie sehen, dass wir im Vergleich dazu wie ein Bestattungsinstitut daherkommen. Los, helfen Sie mir, wir stellen sie ins Schaufenster. Und lassen Sie diese ganzen Bände der Säkularisierung des Mendizabal vom Ladentisch verschwinden, das vergrault ja jeden.«
    »Na also«, murmelte Fermín.
    Zu dritt hievten wir die Krippe aus der Schachtel und platzierten die Figuren. Widerwillig half Fermín mit, runzelte die Stirn und brachte ununterbrochen Einwände gegen das Projekt vor.
    »Bei allem Respekt, Señor Sempere, aber dieses Jesuskind ist dreimal so groß wie sein angeblicher Vater und hat fast keinen Platz in der Krippe.«
    »Macht doch nichts. Die kleinen waren ihnen ausgegangen.«
    »Also neben der Muttergottes kommt er mir vor wie einer dieser japanischen Freistilringer mit Gewichtsproblemen, pomadisiertem Haar und den im Schritt geschnürten Unterhosen.«
    »Die heißen Sumo-Ringer«, sagte ich.
    »Genau die meine ich.«
    Mein Vater seufzte kopfschüttelnd.
    »Und dann schauen Sie sich mal seine Augen an. Der sieht ja aus wie ein Besessener.«
    »So, Fermín,

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