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Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Titel: Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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aus der Geschichte zu tilgen zu. Aus meiner Geschichte. Ich musste einfach wissen, was aus ihm geworden war. Ich musste ihm in die Augen sehen können, und sei es nur, um ihn daran zu erinnern, dass jemand, eine einzige Person auf der Welt, wusste, wer er wirklich war und was er getan hatte.

8
    Eines Abends, als ich die Geisterjagd satthatte, verzichtete ich auf meine Sitzung in den Archiven und unternahm mit Bea und Julián einen Spaziergang durch ein reines, sonniges Barcelona, das ich schon fast vergessen hatte. Wir spazierten von zu Hause aus zum Ciudadela-Park. Ich setzte mich auf eine Bank und sah zu, wie Julián auf dem Rasen mit seiner Mutter spielte. Dabei wiederholte ich bei mir Fermíns Worte. Ein glücklicher Mann, ja, das war ich, Daniel Sempere. Ein glücklicher Mann, der in seinem Inneren einen blinden Groll hatte wachsen lassen, bis es ihn vor ihm selbst graute.
    Ich schaute meinem Sohn zu, der sich einer seiner Leidenschaften hingab: auf allen vieren zu kriechen, bis er vollkommen schmutzig war. Bea folgte ihm dichtauf. Ab und zu hielt er inne und schaute zu mir hin. Ein Windstoß hob Beas Rock, und der Kleine lachte. Ich klatschte Beifall, was mir einen vorwurfsvollen Blick von ihr eintrug. Ich fand die Augen meines Sohnes und dachte, bald würde er mich anschauen, als wäre ich der weiseste und beste Mensch der Welt, der auf alles eine Antwort wusste. Da nahm ich mir vor, nie wieder Mauricio Valls’ Namen zu erwähnen oder seinen Schatten zu verfolgen.
    Bea setzte sich neben mich, und Julián kroch ihr nach bis zur Bank. Als er bei mir angelangt war, nahm ich ihn auf die Arme und rieb seine Hände an meinen Rockaufschlägen sauber.
    »Eben aus der Reinigung zurück«, sagte Bea.
    Resigniert zuckte ich die Achseln. Sie lehnte sich an mich und nahm meine Hand.
    »Tolle Beine«, sagte ich.
    »Finde ich gar nicht lustig. Und das lernt dann dein Sohn. Zum Glück war niemand in der Nähe.«
    »Na ja, da hatte sich so ein Opachen hinter einer Zeitung versteckt, der, glaube ich, vor Herzjagen ohnmächtig geworden ist.«
    Auf dem Heimweg, uns ein paar Schritte voraus, sprühte Bea Funken.

    Nachdem sie an diesem Abend, es war der 20. Januar, Julián zu Bett gebracht hatte, schlief sie auf dem Sofa neben mir ein, während ich einen der alten Romane von David Martín las, den Fermín in den Monaten des Exils nach seiner Flucht aus dem Gefängnis gefunden und dann über die ganzen Jahre hinweg behalten hatte. Wie immer genoss ich jede Wendung, nahm die Architektur jedes Satzes unter die Lupe, da ich dachte, wenn ich die Musik dieser Prosa entschlüsselte, würde ich etwas von dem Mann entdecken, den ich nie kennengelernt hatte und der, wie mir alle versicherten, nicht mein Vater war. An diesem Abend war ich jedoch nicht in der Lage dazu. Noch vor dem Ende eines Satzes flogen meine Gedanken von der Buchseite zu diesem Brief von Pablo Cascos Buendía, in dem er meine Frau am nächsten Tag um zwei Uhr nachmittags ins Ritz bestellte.
    Schließlich klappte ich das Buch zu und betrachtete Bea, die neben mir schlief, und ahnte, dass in ihr tausendmal mehr Geheimnisse ruhten als in Martíns Geschichten und seiner unseligen Stadt der Verdammten. Mitternacht war vorüber, als sie die Augen öffnete und meinen forschenden Blick sah. Sie lächelte mir zu, obwohl offenbar etwas an meinem Gesicht eine leichte Unruhe in ihr weckte.
    »Woran denkst du?«, fragte sie.
    »Daran, wie glücklich ich bin.«
    Sie sah mich lange an, Zweifel im Blick.
    »Das sagst du so, als glaubtest du es selbst nicht.«
    Ich stand auf und reichte ihr die Hand.
    »Gehen wir ins Bett«, forderte ich sie auf.
    Sie ergriff meine Hand und folgte mir durch den Flur ins Schlafzimmer. Dort legte ich mich aufs Bett und schaute sie schweigend an.
    »Du bist seltsam, Daniel. Was ist eigentlich los mit dir? Habe ich irgendwas gesagt?«
    Mit einem Lächeln weiß wie die Lüge schüttelte ich den Kopf. Sie nickte und zog sich langsam aus. Beim Entkleiden drehte sie mir nie den Rücken zu, versteckte sich auch nicht im Bad oder hinter der Tür, wie es die vom Regime propagierten Leitfäden für Ehehygiene forderten. Ich schaute ihr gelassen zu und las die Linien ihres Körpers. Sie sah mir in die Augen, schlüpfte in das verhasste Nachthemd und legte sich mit dem Rücken zu mir ins Bett.
    »Gute Nacht«, sagte sie mit befangener und, für jemanden, der sie gut kannte, ärgerlicher Stimme.
    »Gute Nacht«, brummelte ich.
    Ihre Atemzüge verrieten mir, dass sie

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