Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)
katalanischen Namen »Joan«, im Spanischen »Juan«, auf Deutsch »Hans«. Dass dieser Vorname im Englischen weiblich ist, hat den Künstler immer etwas gestört, wenn er in Londons Kunstszene zu Gast war.
Joan geht in der
Carrer Regomir no 13
( ▶ H 6 ) zur Schule. Schon als Siebenjähriger fällt sein Zeichentalent dem Lehrer auf. Doch diese Begabung allein reicht nicht. Als pubertärer Schüler von 14 Jahren muss er die Schule verlassen. Er ist im typischen Flegelalter, faul, rebellisch und hat zwischen Ramblas und Hafengegend, damals voller Gauner, Prostituierter und gewaltbereiter Gewerkschaftsdemonstranten, einige Anfechtungen zu bestehen.
Sein Vater, ein erfolgreicher Juwelier und Uhrmacher mit Läden nicht weit vom Wohnhaus in der Carrer de Ferran no 34 und auf der Plaça Reial no 4 , zwingt ihn 1907 bis 1910 zu einer kaufmännischen Ausbildung. Diese ungeliebte Zwangsjacke erträgt der jugendliche Joan nur, weil er mit Unterstützung seiner Mutter viermal die Woche abends zum Zeichenunterricht an die Kunstakademie
La Llotja
( ▶ H 6 ) unten am Hafen im Passeig Isabel II gehen darf. Dort trifft er zwar nicht mehr auf den Llotja-Schüler Pablo Picasso, der seit 1905 schon in Paris lebt und immer berühmter wird. Aber er wird noch von Pablos Vater, dem Kunstprofessor
José Ruiz Picasso
, unterrichtet. Der wird ihm später mit einem Empfehlungsschreiben die Tür zum Pariser Atelier seines Sohnes öffnen.
DIE MUTTER UNTERSTÜTZT DIE LEIDENSCHAFT
Als sich der nur 1 , 65 Meter kleine, schmächtige, aber umso ehrgeizigere Joan wegen Überarbeitung, mehrerer Nervenzusammenbrüche und einer Typhuserkrankung auf dem familiären Bauernhof von Montroig bei Tarragona zur Genesung mit Pinsel und Palette über ein Jahr lang zurückzieht, schwindet des Vaters Widerstand gegen eine künstlerische Ausbildung seines Sohnes. Joan darf sich von 1912 bis 1915 gleich in zwei privaten Kunstakademien einschreiben. Täglich von 15 bis 17 Uhr ist er bei dem damals berühmten Zeichenprofessor
Francesc Galí
, der ihn vor allem die Architektur Gaudís und den katalanischen Jugendstil lehrt. Und der ihn gelegentlich mit verbundenen Augen Gerade und Kurven malen lässt. Den zweiten Malunterricht erhält Joan täglich von 19 bis 21 Uhr im
Cercle Artístic de Sant Lluc
, wo er erste Versuche zum Kubismus mit Mond und Sternen und roten Kreisen unterstreicht, wo surrealistische Malerei allerdings verboten wird. Joan hungert sich so durch die Jugendjahre. Er verkauft gelegentlich in der großbürgerlichen Wohnung
Passeig de Gràcia no 96
( ▶ D 2 ) seines reichen Freundes
Ramon Casas
kleinere Zeichnungen. Aber seine Mutter muss ihm für Farben und Leinwand sehr oft heimlich was zustecken.
1914 / 15 , der Erste Weltkrieg beginnt, doch Spanien liegt eher bei Afrika als im kriegslüsternen Europa, riskiert Joan Miró zusammen mit seinem Freund
Eusebi Ricart
sein erstes kleines Atelier in der
Carrer Sant Pere Més Baix 51
( ▶ G 4 ) . Finanziell kann er sich das leisten, weil ihn jetzt auch der berühmteste Galerist und Kunsthändler von Barcelona,
Josep Dalmau
, unterstützt und erste Ausstellungen ab 1916 organisiert. Dalmau ist Avantgardist, setzt sich für Kubismus und Dadaismus ein und hat den Ruf der
Carrer Consell de Cent
( ▶ E 3 / 4 ) mit seiner Galerie im Haus Nummer 349 als Kunstmeile begründet. Heute gibt es hier zwölf Galerien.
Damals arbeitet Miró fanatisch wie ein Getriebener und malt »nicht um zu gefallen«, was dem Galeristen gefällt. Seine Freunde Ricart und Dalmau schreiben später über ihn: »Er steht pünktlich um sieben Uhr früh auf, frühstückt fast nichts, zieht sich einen blauen Overall an und arbeitet ab acht Uhr im immer aufgeräumten Atelier. Am liebsten malt er allein, mundfaul ist er sowieso.« Ungern lässt er sich vom Freundeskreis zu abendlichen Bummeln über die Amüsiermeile Paral.lel mit dem angesagten Cabaret
El Molino
oder dem Jugendstil-Tanzschuppen
La Paloma
verführen. Und wenn, dann schlägt seine bürgerlich-konservative Erziehung durch. Er zieht Anzug, weiße Weste und gestärktes Hemd plus Fliege an, nimmt einen Ausgehstock, streift sich gelbe Handschuhe über und gibt den eleganten Dandy. Manchmal sogar mit Monokel und weißen Gamaschen. Seine Art von Schutzschild gegen die etwas schmierige Halbwelt des Barri Xino.
HEMINGWAY STOTTERT SEINE RECHNUNG AB
1919 , als die Wellen der Oktoberrevolution auch immer stärker die Arbeiterklasse Barcelonas erfassen, zieht es den
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