Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers

Titel: Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
langes dunkles Haar, waches Gesicht. Ohne konkretes Vorbild natürlich.
    Der Sprecher schlenderte um mein Klohäuschen herum, blieb stehen und feilte sich an einem schartigen Rohr den Fingernagel. Er hielt nicht viel von dezenten Erscheinungen, sondern gab wie üblich den einäugigen Riesen mit wulstigen Muskeln und langem, zu einer komplizierten, etwas weibischen Haartracht geflochtenem Blondhaar. Er trug einen formlosen blaugrauen Kittel, der sogar in einem mittelalterlichen Fischerdorf als scheußlich gegolten hätte.
    »Eine holde Maid, zu zart, sich zu befreien.« Der Zyklop überprüfte kritisch seine anderen Fingernägel, fand den einen etwas zu lang, biss ihn kurzerhand mit kleinen, scharfen Zähnen ab und schmirgelte ihn an der Waschbetonwand des Klohäuschens rund.
    »Könntest du mir mal eben aufhelfen?«, bat ich ihn.
    Der Zyklop wandte sich nach der leeren Straße um. »An deiner Stelle wär ich vorsichtig, Süße«, sagte er dann und lehnte sich lässig an das Klohäuschen, wodurch es noch schwerer wurde. »Heute Nacht ist übles Gesindel unterwegs. Dschinn, Foliot und Kobolde, die einem böse Streiche spielen.«
    »Ach nee, Ascobol«, fauchte ich. »Du weißt sehr gut, dass ich es bin.«
    Der Zyklop klimperte mit dem dick geschminkten Auge. »Bartimäus?«, fragte er verwundert. »Ja, ist es denn die Möglichkeit? Nein, der berühmte Bartimäus würde sich doch niemals in eine solche Zwangslage bringen lassen! Bestimmt bist du bloß ein frecher Kobold oder Mauler, der seine Stimme verstellt und… Aber nein – ich habe mich geirrt! Du bist es tatsächlich.« Er zog theatralisch die Augenbraue hoch und rief fassungslos: »Nein, so etwas! Dass es mit dem edlen Bartimäus so weit gekommen ist! Da wird dein Herr aber bitter enttäuscht sein.«
    Ich bot alle mir verbliebene Würde auf. »Herren sind genauso vergänglich wie Kränkungen. Ich kann warten.«
    »Gewiss, gewiss.« Ascobol schwang die affenartigen Arme und vollführte eine kleine Pirouette. »Recht so, Bartimäus! Dich lässt es kalt, wie tief du gesunken bist. Es stört dich nicht, dass deine besten Jahre um sind und dass du inzwischen so entbehrlich bist wie ein Irrlicht! 5
(Irrlichter: Kleine Geister, die es heutzutage nicht leicht haben. Auf der ersten Ebene flackernde Flämmchen (auf den anderen Ebenen eher übermütige Kraken), wurden Irrlichter ursprünglich von Zauberern eingesetzt, um einsame Wanderer in Fallgruben oder Sümpfe zu locken. Mit der Entstehung von Städten änderte sich ihr Aufgabenbereich. Großstädtische Irrlichter sind darauf spezialisiert, über offenen Gullys zu lauern, ohne jedoch recht an frühere Erfolge anknüpfen zu können.)
Dir ist es gleich, ob dir unser Herr morgen befiehlt, sein Schlafzimmer zu wischen, oder ob du ungehindert deiner Wege gehen kannst. Wir sollten uns alle ein Beispiel an dir nehmen.«
    Ich zeigte lächelnd die weißen Zähne. »Nicht ich bin tief gesunken, Ascobol, sondern meine Widersacher. Ich habe gegen Faquarl von Sparta gekämpft, gegen Tlaloc von Tollan, gegen den schlauen Tchue aus der Kalahari – unsere Zwistigkeiten haben die Erde gespalten und Flüsse umgelenkt und ich lebe immer noch. Und mit wem habe ich es diesmal zu tun? Mit einem x-beinigen Zyklopen im Röckchen. Mit so was werde ich im Handumdrehen fertig, wenn ich mich erst wieder rühren kann.«
    Der Zyklop zuckte zusammen, als hätte ihn etwas gestochen. »Welch schreckliche Drohung! Du solltest dich was schämen. Stehen wir etwa nicht auf derselben Seite? Du hast gewiss deine Gründe, den Ausgang der Schlacht unter dieser Bedürfnisanstalt abzuwarten. Als höflicher Dschinn möchte ich dir nicht zu nahe treten, aber wo bleibt deine übliche Liebenswürdigkeit?«
    »Zwei Jahre ununterbrochener Knechtschaft haben meine Liebenswürdigkeit aufgezehrt«, entgegnete ich. »Ich bin ausgelaugt und reizbar und meine Substanz juckt wie verrückt. Das macht mich unberechenbar, wie du gleich erleben wirst. Zum allerletzten Mal, Ascobol: Heb das Ding von mir runter!«
    Er schmollte noch ein Weilchen, aber meine klare Ansage verfehlte ihre Wirkung nicht. Mit einem Achselzucken lupfte der Zyklop das Klohäuschen und schleuderte es auf die andere Straßenseite, dass es nur so schepperte. Das reichlich zerknitterte Mädchen rappelte sich auf.
    »Na endlich«, sagte ich. »Hat ja ganz schön gedauert.«
    Der Zyklop schnippte sich ein Schuttbröckchen vom Kittel. »’tschuldige, ich musste vorher noch eben eine Schlacht gewinnen. Aber

Weitere Kostenlose Bücher