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Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers

Titel: Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Widerspruch, denn zum einen war er ausgesprochen jung – gerade mal siebzehn –, zum anderen strahlte er Erfahrung und Autorität aus. Er hatte dunkle, wache, ernste Augen und auf der Stirn schon die ersten Falten.
    Früher hatte sein übermäßiges Selbstbewusstsein seine sonstigen Fähigkeiten bedenklich übertrumpft, inzwischen hatte er sich sicheres Auftreten und eine gewisse Umgänglichkeit angeeignet. Er war gegenüber Gleichgestellten wie Untergebenen unterschiedslos höflich und zuvorkommend, wenngleich etwas zurückhaltend, als quälte ihn ein heimlicher Kummer. Verglichen mit den geschmacklosen Vorlieben und Verschrobenheiten seiner Ministerkollegen, verlieh ihm diese unterschwellige Distanziertheit einen gewissen Stil, der ihn umso anziehender machte.
    Mandrake trug das dunkle Haar soldatisch kurz – eine ganz bewusste Neuerung zu Ehren der Männer und Frauen an der Front. Die Geste hatte die gewünschte Wirkung erzielt, denn inländische Geheimagenten hatten festgestellt, dass er bei den Gewöhnlichen der beliebteste Zauberer war. Deshalb hatten viele andere Zauberer seine Frisur übernommen und auch seine dunklen Anzüge hatten eine kurzlebige Modewelle ausgelöst. Die Schlipse und Einstecktücher blieben mittlerweile im Schrank, stattdessen ließ Mandrake lässig den obersten Hemdenknopf offen.
    Bei seinen Konkurrenten galt er als überragend, geradezu gefährlich begabt, entsprechend hatten sie auf seine Beförderung zum Informationsminister reagiert. Aber bis jetzt war noch jedes Attentat auf ihn fehlgeschlagen: Dschinn verschwanden spurlos, Sprengladungen gingen nach hinten los, Bannsprüche verpufften. Als es Mandrake irgendwann zu viel wurde, forderte er seine Gegner öffentlich auf, sich zu offenbaren und zum magischen Duell anzutreten. Niemand leistete dieser Aufforderung Folge, worauf der junge Minister an Ansehen noch gewann.
    Mandrake wohnte in einer von mehreren vornehmen Stadtvillen an einem hübschen, großzügig angelegten Platz in der Innenstadt, einen knappen Kilometer von Whitehall und weit genug vom Fluss entfernt, um im Sommer dessen Gestank zu entgehen. Der Platz war mit Birken bestanden, dazwischen schlängelten sich schattige Wege und in der Mitte war eine freie Rasenfläche. Er war ruhig und kaum belebt, stand aber dennoch unter ständiger Beobachtung. Tagsüber gingen grau uniformierte Polizisten dort Streife, nachts flogen Dämonen in Gestalt von Eulen und Ziegenmelkern lautlos von Baum zu Baum.
    Diese Sicherheitsvorkehrungen waren den Bewohnern der umliegenden Häuser geschuldet, denn einige der bedeutendsten Zauberer Londons hatten sich hier niedergelassen. Auf der Südseite wohnte Mr Collins, den man kürzlich zum Innenminister ernannt hatte, in einer cremefarbenen Villa mit falschen Säulen und drallen Karyatiden. Auf der nordwestlichen Seite prangte der protzige Wohnsitz von Mr Mortensen, dem Kriegsminister, mit seinem goldenen Kuppeldach.
    John Mandrake residierte nicht ganz so pompös. Das schmale vierstöckige, sonnengelb gestrichene Gebäude hatte eine weiße Marmorvortreppe und weiße Läden vor den hohen Fenstern. Die Räume waren schlicht möbliert und mit geschmackvoll gemusterten Tapeten und Perserteppichen ausgestattet. Der Minister prahlte nicht mit seinem hohen Rang. Nur wenige Kunstgegenstände zierten die Empfangs-räume und er beschäftigte lediglich zwei menschliche Hausangestellte. Sein Schlafzimmer war im dritten Stock, ein schmuckloser, weiß getünchter Raum gleich neben der Bibliothek. Zu diesen privaten Gemächern hatten Besucher keinen Zutritt.
    Ein Stockwerk tiefer führte ein kahler, dunkel vertäfelter Korridor zu Mr Mandrakes Arbeitszimmer. Hier erledigte er den Großteil seines Tagewerks.
    Noch kauend ging Mandrake den Flur entlang, Miss Piper trippelte hinterdrein. Die wuchtige Messingtür war mit einer abgrundhässlichen Fratze verziert. Wulstige Brauen hingen über die Augen, Nase und Kinn sprangen vor wie bei einem Nussknacker. Der Zauberer blieb verärgert stehen.
    »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst das lassen?«, blaffte er.
    Der verkniffene Mund öffnete sich empört, sodass Kinn und Nase einander berührten. »Was denn?«
    »Diese scheußliche Erscheinungsform. Ich habe eben erst gefrühstückt.«
    Eine Augenbraue hob sich und der Augapfel rollte schmatzend herum. Die Fratze setzte eine gekränkte Unschuldsmiene auf. »’tschuldigung, Kumpel, ich tu bloß meine Pflicht.«
    »Es ist deine Pflicht, jeden zu töten, der unbefugt mein

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