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Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Titel: Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Spiralmuster ins Wasser.
    Wie schon auf Salomos Balkon redete die mächtige Wesenheit nicht lange um den heißen Brei herum. Was ist dein Begehr?
    Mir war nicht entgangen, dass der Diener des Rings bei Khabas Beschwörung ein wenig gereizt geklungen hatte, als er nicht Salomo gegenüberstand. Daher auch meine Verkleidung. Sie war nicht vollkommen – meine Stimme klang ein bisschen piepsiger als die des Königs, was sowohl an meiner Todesangst als auch an den scheußlichen Schmerzen liegen mochte, aber ich tat mein Möglichstes. Ich wage zu behaupten, dass sogar Salomos eigener Mutter kein Unterschied aufgefallen wäre. »Sei mir gegrüßt, Großer Geist«, erwiderte ich gelassen.
    Du brauchst deine Stimme nicht zu verstellen, sagte die Wesenheit. Ich kenne deinen Namen und weiß, wer du bist.
    »Ach so.« Ich schluckte. »Stört’s dich?«
    Ich muss dem gehorchen, der den Ring trägt. Da mache ich keine Ausnahme… nicht einmal bei dir.
    »Das ist ja schön. Das hört man gern. He – wo willst du denn hin, Ammet? Willst du uns nicht Gesellschaft leisten?« Der Schatten sauste über die Wellen davon. Ich sah ihm mit flüchtigem Lächeln nach, dann wandte ich mich wieder an den Ringgeist. »Woran hast du gemerkt, dass ich nicht Salomo bin?«
    Abgesehen davon, dass ich alle Trugbilder dieser Welt durchschaue, schwebt Salomo nur selten über dem offenen Meer. Außerdem hast du das Partum vergessen.
    »Anfängerfehler – und gleich zwei! Tja, es ist wirklich nett, so zwanglos mit dir zu plaudern, Großer Geist, aber…«
    Was ist dein Begehr?
    Kurz und knapp und auf den Punkt. Darüber war ich froh, denn ich hielt den Sog des Ringes kaum noch aus. Mein Finger war unter dem Reif schon fadendünn.
    Ammet war nur noch eine davonstrebende Schliere in der Ferne, die eine kleine Kielwelle hinter sich herzog. Er hatte die Küste schon fast erreicht.
    »Ein gewisser Marid will gerade verduften«, sagte ich. »Ich wünsche, dass du ihn einfängst und ihm eine tüchtige Tracht Prügel verpasst.«
    So sei es.
    Aus der Brandung stieg ein Gestöber grauer Gestalten auf und umringte den fliehenden Schatten. Leider konnte ich wegen der Entfernung und des aufspritzenden Wassers keine Einzelheiten erkennen, aber Ammets gellende Schreie schreckten meilenweit die Seevögel aus ihren Nestern auf und ließen sie panisch entlang der Küste auf und ab flattern.
    Schließlich war das Spektakel vorbei und der Schatten trieb nur noch als mitleiderregender grauer Fleck auf dem Wasser.
    Die Wesenheit fragte abermals: Was ist dein Begehr?
    Meine ohnehin schon angegriffene Substanz schmerzte jetzt, da ich den Ringgeist befehligte, noch unerträglicher. Ich zögerte.
    Der Geist schien Verständnis für meine Unschlüssigkeit zu haben. Es liegt in der Natur des Ringes, dass er seinem Träger die Lebenskraft entzieht. Doch dein erster Wunsch war harmlos, einen zweiten – so du denn einen hast – kann deine Substanz gewiss aushalten.
    »Wenn das so ist«, sagte ich frohgemut, »dann verpasse Ammet doch bitte noch eine Tracht Prügel!«
    Während es Schläge auf den Schattenfleck hagelte, fuhr ich fort: »Großer Geist, ich brauche eine Flasche oder etwas Entsprechendes. Wenn du mir vielleicht etwas Brauchbares beschaffen könntest…?«
    Das Meer ist an dieser Stelle sehr tief, entgegnete der Ringgeist, aber auf dem Grund liegt das Wrack eines ägyptischen Schiffes, das vor dreihundert Jahren hier bei einem Sturm gesunken ist. Es hatte Amphoren geladen, die einst Wein enthielten. Die meisten sind leer, aber ansonsten unversehrt und liegen auf dem Meeresboden. Soll ich dir eine besorgen?
    »Aber keine zu große, bitte.«
    Das Wasser unter mir schäumte und strudelte, dann quoll aus der Tiefe ein grüner Schwall an die Oberfläche und führte einen grauen, mit Tang und Muscheln überkrusteten Weinkrug mit sich.
    »Wunderbar!«, sagte ich. »Nun kommt meine letzte Bitte, denn trotz deiner Beschwichtigungen kommt es mir vor, als wollte meine Substanz gleich platzen. Du sollst den Mariden Ammet in die Flasche verfrachten, die Öffnung mit Blei verschließen oder, wenn du gerade kein Blei zur Hand hast, mit einem gleichwertigen Material, dann sollst du den Stöpsel mit den üblichen Siegelsprüchen und Runen versehen und die Flasche anschließend wieder auf den Meeresgrund befördern, wo sie die nächsten paar Tausend Jahre ungestört liegen kann, damit Ammet gründlich über seine Verbrechen an anderen Geistern, insbesondere an meiner Person, nachdenken

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