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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
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hätten eigentlich in der Schule sein müssen, aber da sie so gut wie nie schwänzten, hatten sie kein schlechtes Gewissen. Sie hatten sich in der Zeit, in der Gwanwyn sie nicht gesehen hatte, sehr verändert. Ralf sah mit seinen breiten Schultern und den ausgeprägten Muskeln fast schon erwachsen aus. Er trieb immer noch Kampfsport. Franzi hingegen sah aus, als wäre sie unter die Punkrocker gegangen. Elisabeth hatte ihr erklärt, dass das nur vorübergehend sei. Die grässlichen Tätowierungen seien alle abwaschbar. Gwanwyn hoffte, dass das stimmte.
    Wie würde wohl Tony aussehen, den sie mehr als eineinhalb Jahre lang nicht mehr gesehen hatte? Aber vor allem – ihr wurde schwer ums Herz – was war mit Tony geschehen seit jener Nacht, in der er seinem Vater hinterher spionieren wollte und nicht mehr zurückgekommen war? Sie hatte so sehr gehofft, dass das Medaillon ihn dorthin gebracht hatte, wo sie selbst hergekommen war. Und dass er dort den Mann gefunden hatte, von dem sie glaubte, dass er zu ihm gehörte. Aber dass Tony jetzt wieder aufgetaucht war, ergab keinen Sinn. Denn hätte er diesen Mann gefunden, wäre er nicht mehr zurückgekehrt.
    Tony musste in den vergangenen eineinhalb Jahren woanders gewesen sein.
    „Ich hab was!“, rief Ralf.
    Er hielt eine große lederne Umhängetasche hoch. Es war eine typische Tasche aus der Römerzeit, wie vor allem Soldaten sie trugen.
    Elisabeth legte ihre Windjacke auf den Boden und schüttete den Inhalt der Tasche darauf aus. Zutage kamen steintrockenes Fladenbrot, ein Stück luftgetrocknete Salami, Nüsse, zwei kunstvoll verzierte kleine Holzkisten, ein Laserpointer - und das Medaillon!
    „Was ist das?“, fragte Elisabeth.
    „Ein keltisches Schutzamulett. Ich hatte es Tony geschenkt.“
    Gwanwyns Hände zitterten, als sie nach so langer Zeit wieder Gegenstände aus der Welt ihrer Kindheit sah. Tony war also doch dort gewesen! Aber warum war er zurückgekommen?
    Elisabeth trat neben sie.
    „Mach mal die Holzkistchen auf“, bat sie.
    Gwanwyn hob den ersten Deckel. „Wow“, sagte Elisabeth, „ist das Besteck?“
    „Nein, es sind die Instrumente eines römischen Arztes.“
    „Beeindruckend.“
    Gwanwyn öffnete das andere Kästchen.
    „Und was ist das?“, fragte Elisabeth.
    „Medikamente. Salben und Essig.“
    „Essig?“
    „Zur Desinfizierung von Wunden.“
    „Wofür hat er das alles gebraucht?“
    Gwanwyn zuckte mit den Achseln und schwieg. Wie hätte sie auch die Wahrheit sagen können? Das würde zu verrückt klingen.
    Sie blickte sich um. Hier also war Tony vor 2000 Jahren etwas zugestoßen, das ihn wieder in diese Zeit zurückgebracht hatte. War es ein Kampf gewesen? War Bassus dabei gewesen? Es gab widersprüchliche Botschaften über das Schicksal von Bassus. Welche war die richtige?
    War Bassus tot?
     
    Am Abend versammelten sich bei Gwanwyn. Sie hatte wieder eine Wohnung gemietet. Hier sollte Tony nach seiner Befreiung auch untergebracht werden.
    Natascha hatte eine große Plastiktüte mitgebracht.
    „Das sind die Sachen, die er bei sich hatte. Bis auf den Speer. Den konnte ich natürlich nicht herausschmuggeln.“
    Behutsam nahm sie die Dinge heraus und legte sie auf den Tisch.
    Wolfgang griff nach dem Dolch und prüfte an einem Blatt Papier die Klinge. Sie war scharf wie Rasiermesser.
    „Boah“, rief Ralf.
    Wolfgang legte die Waffe zur Seite und hielt eine enge Lederhose mit dreiviertel langen Beinen hoch.
    „Wer trägt so was?“, fragte Irmtraud.
    „Römische Reitersoldaten“, sagte Wolfgang.
    Er befühlte das Hemd aus Leinen. Dann betrachtete er die Schuhe von allen Seiten. Feste Sandalen, die bis über die Knöchel geschnürt wurden, mit einer dicken Sohle und vielen Nagelköpfen auf der Unterseite.
    „Caligae“, murmelte er ehrfürchtig.
    „Es geht Tony übrigens besser“, sagte Natascha zu Elisabeth. „Das Mittel, dass dein Freund besorgt hat, hilft gut gegen das Fieber.“
    Elisabeth lächelte sie an.
    „Danke, Natascha, für alles, was du bisher getan hast. Konntest du schon mit Tony zu sprechen und ihn vorbereiten?“
    „Nein, leider nicht. Aber ich werde das noch irgendwie hinbekommen. Wollt ihr denn die Sache wirklich schon morgen Nacht durchzuziehen?“
    „Unbedingt, sonst müssten wir eine ganze Woche warten. Morgen Vormittag kommt die Müllabfuhr. Gwanwyn und Ralf werden sich in zwei leeren Containern verstecken. Sie bekommen von mir noch Schutzanzüge von unserer Spurensicherung. Außerdem werden sie

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