bK-Gruen, Sara
SARA GRUEN
DAS
AFFENHAUS
ROMAN
Aus dem
Englischen von Margarete Längsfeld und Sabine Maier-Längsfeld
Die
Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel «Ape House» bei Spiegel &
Grau, einem Imprint von Random House, New York.
«Das
Affenhaus» ist fiktiv. Die in diesem Roman dargestellten Personen, Orte und
Ereignisse sind frei erfunden. Ähnlichkeiten sind zufällig und nicht
beabsichtigt.
Den
Menschenaffen überall, insbesondere aber Panbanisha gewidmet
Give
orange give me
eat
orange me eat orange give
me
eat orange give me you.
Nim
Chimpsky, 1970
Gimme
gimme more,
gimme
more,
gimme
gimme gimme more.
Britney
Spears, 2007
Das
Flugzeug war noch nicht in der Luft, als Osgood, der Fotograf, schon leise
schnarchte. Er war auf dem Mittelsitz zwischen John Thigpen und einer Frau in
kaffeebraunen Strümpfen und praktischem Schuhwerk eingekeilt. Sein schlafender
Körper sackte zu seiner Sitznachbarin hinüber, die, nachdem sie schon
ostentativ die Armlehne heruntergeklappt hatte, nun zunehmend mit der Wand
verschmolz. Osgood träumte in seliger Ahnungslosigkeit. John blickte ihn
neidvoll an; die Chefredakteurin von The Philadelphia Inquirer ließ
ungern Geld für Übernachtungen springen und hatte darauf bestanden, dass ihnen
für ihren Besuch beim Menschenaffen-Sprachlabor nur ein Tag zur Verfügung
stand. Und deshalb hatten John, Cat und Osgood trotz der durchfeierten
Silvesternacht schon morgens um sechs in der Maschine nach Kansas City
gesessen. John hätte gerne für ein paar Minuten die Augen zugemacht, selbst auf
die Gefahr hin, sich versehentlich an Osgoods Schulter zu kuscheln, aber er
wollte seine Notizen ausarbeiten, solange die Einzelheiten noch frisch waren.
John
hatte zu wenig Platz für seine Knie, deshalb drehte er sie seitlich in den
Gang. Seine Rückenlehne nach hinten zu stellen kam nicht in Frage. Cat saß
hinter ihm, und sie war schlecht gelaunt. Sie hatte eine ganze Reihe für sich -
ein unglaublicher Glücksfall -, hatte aber soeben die Stewardess um zwei Gin
und ein Tonic gebeten. Dass sie sich auf drei Sitzen ausbreiten konnte, genügte
ihr offenbar nicht als Wiedergutmachung für die Qual, den Tag mit dem Studium
sprachwissenschaftlicher Abhandlungen verbracht zu haben, wo sie doch auf eine
Begegnung mit sechs Menschenaffen gehofft hatte. Trotz ihres Versuchs, die sich
anbahnende Erkältung zu unterdrücken und die restlichen Symptome als Allergie
zu tarnen, hatte Isabel Duncan, die Wissenschaftlerin, die sie und die zwei
Männer empfangen hatte, sie sofort durchschaut und in die Abteilung für Linguistik
verbannt. Cat hatte ihren legendären Charme spielen lassen, den sie für
Krisensituationen bereithielt, aber Isabel war hart wie Teflon geblieben.
Bonobos und Menschen haben 98,7 Prozent ihrer DNA gemeinsam, sagte sie,
weswegen sie für dieselben Viren anfällig sind. Sie könne es nicht riskieren,
die Tiere dieser Gefahr auszusetzen, zumal ein Weibchen trächtig sei. Im
Übrigen könne sie sich in der linguistischen Abteilung mit faszinierenden neuen
Forschungsergebnissen zu den Lautäußerungen der Bonobos beschäftigen. Und so
hatte die enttäuschte, kranke, frustrierte Cat den Nachmittag in Blake Hall
damit verbracht, etwas über die dynamische Form und die Artikulationsmöglichkeiten
der Zunge zu lernen, während John und Osgood die Affen besuchten.
«Ihr wart
doch sowieso hinter einer Trennscheibe, oder?», beschwerte Cat sich danach im
Taxi. Sie war zwischen John und Osgood eingeklemmt, die beide angestrengt den
Kopf zu ihrem jeweiligen Fenster gedreht hatten, in dem vergeblichen Bemühen,
den Bazillen auszuweichen. «Ich kapier nicht, wie ich sie hinter Glas hätte
anstecken können. Ich wäre ganz hinten im Raum geblieben, wenn sie mich gebeten
hätte. Verdammt, ich hätte sogar eine Gasmaske aufgesetzt.» Sie machte eine
Pause, um sich Afrin in die Nasenlöcher zu sprühen und dann kräftig in ein
Papiertaschentuch zu schnäuzen. «Habt ihr überhaupt eine Vorstellung davon, was
ich heute durchgemacht habe?», fuhr sie fort. «Dieses Fachchinesisch versteht
kein Mensch. hier, Modalität> da, blablabla.» Sie untermalte jedes «bla» mit ausladenden
Gesten, wobei sie mit der einen Hand die Afrin-Flasche und mit der anderen das
zerknüllte Taschentuch schwenkte. «Bei
habe ich endgültig abgeschaltet. Klingt nach Altherrengeschwätz,
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