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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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werden. Wobei Fellberg weder Waffen liebte, noch das, was man mit ihnen anstellen konnte. Nein, er liebte Pflanzen. Und dennoch hing das eine mit dem anderen zusammen. Ja, das tat es!
    Es war zu Beginn dieses Sommers gewesen, als bei Fellberg das Telefon geläutet und sich eine fremde Stimme mit einer so ungewöhnlichen wie leider sehr vertrauten Chiffre gemeldet hatte: Piper methysticum . Dies war die lateinische Bezeichnung für eine Pflanze aus der Familie der Pfeffergewächse. Bekannt auch als Rauschpfeffer oder Kava-Kava. – Es war nicht Fellbergs Idee gewesen, einen botanischen Namen als Codewort zu wählen, obgleich einige dieser Sträucher in seinem Gewächshaus prächtig gedeihten. An Drogen allerdings dachte Fellberg in keinem Moment.
    Faktum war, daß die Leute, die in Diensten Swedenborgs standen und sich mit ihm, Fellberg, in Verbindung setzten, stets diesen Namen, Piper methysticum, zur Identifizierung benutzten. Dem Chef, Swedenborg, war Fellberg allerdings nur ein einziges Mal persönlich begegnet.
    Ohne die Aufträge Palle Swedenborgs wäre Fellberg niemals in der Lage gewesen, das Geld für sein aufwendig gestaltetes Palmenhaus aufzubringen, ja einige der Pflanzen, die hier in besten Verhältnissen wuchsen, waren derart selten – zwei, drei galten offiziell als ausgestorben –, daß allein ihre Besorgung ein kleines Vermögen beansprucht hatte. Ein Vermögen, das Fellberg offiziell einer erheblichen Erbschaft und seinen Immobiliengeschäften verdankte. Während in Wirklichkeit die ganze Finanzierung im Zuge der Erfüllung der Swedenborgschen Aufträge möglich geworden war. Aufträge, die Fellberg mit derselben Präzision wie Gleichgültigkeit durchgeführt hatte. Er glaubte in keiner Weise an den Wert des Menschen. Ganz gleich, was für ein Mensch es war. Für Fellberg gab es keine guten Menschen, es gab nur gute Pflanzen. Dennoch war es nicht so, daß ihm die Arbeit, die mit diesen Aufträgen einherging, etwa Freude bereitete. Eher widerte sie ihn an. Aber noch mehr hätte es ihn angewidert, tagtäglich in ein Büro oder Amt gehen zu müssen, um mit all diesen Menschen zu verkehren. Indem er einige von ihnen aus dem Verkehr zog, ergab sich der Luxus, die meiste Zeit vom Rest verschont zu bleiben. Daß er dennoch einst geheiratet hatte, war nötig gewesen, um ein Bild der Normalität zu entwickeln. Wobei sich in dieses Bild glücklicherweise auch die Scheidung der Ehe bestens gefügt hatte.
    Eigentlich hatte Fellberg ausgesorgt. Er brauchte nicht noch mehr Geld, um sein Palmenhaus in Ordnung zu halten. Er besaß alle Pflanzen, die er wollte. Er war zufrieden. Aber leider war es nun mal so, daß man einem Mann wie Swedenborg, hatte man sich einmal mit ihm eingelassen, keine Abfuhr erteilen konnte. Ja, nicht einmal der Anschein eines Zweifels durfte aufkommen. Der Zweifel wurde als Undankbarkeit und die Undankbarkeit als Sakrileg empfunden. Und zudem als Ausdruck einer Schwäche, einer Brüchigkeit, verwandt der, die schon bei kleinsten Unfällen zu Frakturen führt. Solche Gefahren ließ Swedenborg nicht zu. Unfälle konnte zwar auch er nicht immer verhindern, aber durchaus brüchige Knochen, die aus dem Unfall erst die Katastrophe machten.
    Darum also hätte Fellberg niemals auch nur angedeutet, seines Jobs müde zu sein oder etwa aufgrund der jahrelangen Pause, mit der ihn Swedenborg bedacht hatte, gehofft zu haben, die Geschichte sei endgültig vorbei.
    Denn das war sie ja nicht. Das sind solche Sachen nie.
    Von der Telefonstimme, die sich mit dem Namen eines polynesischen Pfeffergewächses gemeldet hatte, erhielt Fellberg nun die Anordnung, demnächst – nach einem bestimmten, penibel einzuhaltenden Zeit- und Handlungsplan – sechs Eliminationen vorzunehmen. Ja, sechs Menschenleben waren zu einem Ende zu führen. Wobei die zu wählende Vorgangsweise nicht nur genau definiert, sondern vor allem perfide war, zudem einen etwas surrealen Einschlag besaß, wenn man bedachte, daß den Sterbenden jeweils eine bestimmte Briefmarke auf die Zunge gelegt werden sollte, so, wie auch ein bestimmtes Buch in ihren Wohnungen zu deponieren war, und zwar in einer Weise, als hätten sämtliche Opfer dieses Buch besessen. Immerhin, der »surreale Einschlag« paßte ganz gut zu dieser Angelegenheit (übrigens ergibt sich der Eindruck des Ungewöhnlichen immer nur aus einer großen Distanz zu etwas im Grunde Gewöhnlichem – wer in der Tiefsee lebt, der wird ein riesiges Maul und eine Laterne auf dem Schädel

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