Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
Weinprodukten aus dem Hause Bouvet-Ladubay und einem nicht sonderlich berühmten französischen Maler sowie einem halbberühmten Regisseur und den üblichen netztypischen Ungereimtheiten und Verschlüsselungen, gab es nur einen Ort, der so hieß und welcher von einem französischen Seefahrer eben dieses Namens entdeckt worden war, ziemlich weit weg von Frankreich, genauer gesagt ziemlich weit weg von jedem Ort der Welt, selbst noch von der relativ nahen Antarktis, gelegen inmitten jener südatlantischen Wüstenei, die zwischen dem Ende von Südamerika und dem Ende von Afrika und dem Anfang des Südpols ein tiefes Gähnen bildet.
    Und darum wurde Bouvet als eine der »am schwersten erreichbaren und einsamsten Inseln der Welt« bezeichnet, und zwar sehr zu Recht, denn scheinbar hatte der liebe Gott dieses Eiland so konstruiert, auf daß es von Menschen unberührt bleibe. Trotzdem verkündete ein blasphemischer Reiseveranstalter großspurig, irgendwann eine solche Reise anzubieten. Wobei allein die Behauptung, diese Insel liege »nahe des Kaps der Guten Hoffnung«, angesichts der tatsächlichen 2500 Kilometer das übliche Bedürfnis der Touristikbranche bewies, die Welt zu verkleinern.
    Doch Bouvet war mit seinen 49 Quadratkilometern ohnehin bereits recht klein zu nennen. Klein und bissig wie diese Hunde, die aus Handtaschen lugen. Ein natürlicher Hafen fehlte, so daß die Insel allein dem Zugriff durch Robben, Pinguine und den bei aller Mächtigkeit nicht ungeschickten See-Elefanten vorbehalten war. Die einzige kleine Stelle, an der man landen konnte, war eher eine Falle als eine Bucht. Dazu kam durchgehend unwegsames Gelände, notorisch schlechtes Wetter, viel Eis, dennoch keine Bergsteiger. Und eine bergsteigerfreie Erhebung besaß heutzutage den Status von etwas Außerirdischem.
    Ein wenig außerirdisch klang auch der Umstand, daß diese schwer zu erobernde Scholle zu Norwegen gehörte. Die Skandinavier hatten die Insel von den Briten übernommen, als wäre hier eine unknackbare Nuß an den nächsten übergeben worden. So war aus der englischen Liverpool Island im Jahre 1928 das norwegische Bouvetøya geworden.
    Ganz sicher kein Ort, an den man einfach seinen Sekretär hinschickte, um irgendwas zu regeln. Was denn bitteschön? Probleme mit den See-Elefanten?
    Eher spekulierte Red, daß sein Chef ihn gerne in einer Gegend sehen wollte, wo nicht einmal der Pfeffer wuchs. Bloß ein paar Flechten, die an der eisfreien Westküste einen Rest von pflanzlicher Zivilisation aufrecht erhielten.
    Red fühlte sich unwohl. Er war kein großer Freund des Reisens. Und er war alles andere als ein Abenteurer. Nie gewesen. Darum auch hatte er ja in der Kunst etwas erreichen wollen. Er gehörte zu denen, die meinten, ein Berg gehöre gemalt oder besungen oder ignoriert, aber nicht bestiegen. Ein Berg war kein Esel und kein Motorrad, er brachte einen nirgends hin. Auch nicht, nachdem man ihn dank diverser Klettersteige und Höhenstraßen und Berghotels gezähmt zu haben meinte.
    Anders war das mit Flugzeugen. Sie funktionierten zwar ebenfalls nicht immer, waren aber grundsätzlich devot und willig. In ein solches devotes Vehikel stieg Red zwei Tage später, nachdem er von Swedenborg eine diesbezügliche Anweisung erhalten hatte. Der Flug ging nach Wien. Wieso? Vermutlich, um dort nach Kapstadt umzusteigen, dem logischen Ziel, wenn man eine Reise nach Bouvet plante.
     

Siebtes Bild:
Komposition in Olivgrün
    Als Red in Wien landete, wartete jedoch entgegen seiner Annahme kein Ticket zur Weiterreise auf ihn, sondern ein kurzatmig wortkarger, fettleibiger Mann, der in seinem weißen Anzug wie eine Mischung aus Koch und Kochplatte aussah, als sei das eine aus dem anderen geboren, zuerst die Kochplatte, dann der Koch, ohne daß aber eine echte Abnabelung stattgefunden hatte. Jedenfalls führte er Red hinaus auf den Parkplatz und dirigierte ihn zu einer alten Mercedeslimousine.
    Von diesem Moment an, da der schwere, gertfröbeartige Mensch die Türe zu dem Wagen öffnete, hatte Red das Gefühl, sich in einem Comic zu befinden. Beziehungsweise in einem computeranimierten Film, wo man einen Streifen mit richtigen Menschen drehte und sodann in eine zeichentrickhafte Farbigkeit und grobe Körperlichkeit verwandelte, wie sie eben entstand, wenn die Welt mit Filzstiften akzentuiert wurde. Dieser Eindruck ließ Red nicht los, die Dinge fühlten sich so ungewohnt an: weicher, haltloser, veränderbarer, als könnte sich alles und jeder sofort in

Weitere Kostenlose Bücher