Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
»Zwei Monate, Herr Red.«
    »Aha!« staunte Red. Das würde also bedeuten, daß er demnächst keinen Flieger würde besteigen müssen, um nach Kapstadt zu reisen und in der Folge über den nicht ganz ungefährlichen Südatlantik zu schippern.
    Er fühlte sich erleichtert. Wieso? Weil er es in den nächsten Wochen statt mit rauher See und üblen Stürmen mit Wien und den Wienern zu tun haben würde? – Na, viel Vergnügen!
    Das Vergnügen bestand nun aber zunächst einmal darin, daß es sich bei aller leicht verkitschten Historizität um ein wirklich hübsches Zimmer handelte, das in keiner Weise die Beengtheit solcher Unterkünfte aufwies, andererseits aber auch nicht so überdimensioniert war, um sich darin zu verlieren. Nein, es besaß die richtige Größe für einen einzelnen Mann, der weder ersticken noch sich wie ein einsamer Brocken im All fühlen wollte.
    Dennoch roch es ein wenig abgestanden, weshalb Red augenblicklich die weißen Vorhänge zur Seite schob und die Fenster öffnete. Was von draußen kam, war weder luftig noch leise, sondern ein heißer Schwall und erheblicher Lärm, allerdings vom Wind getragen, so daß die Vorhänge sich freundlich wölbten und wenigstens einen optischen Eindruck von Frische erzeugten.
    Seitdem Red in Wien angekommen war, hatte er Lust auf Alkohol. Ob das nun mit irgendwelchen Schwingungen und Strahlen zusammenhing oder eher klischeehafter Natur war, jedenfalls gab Red dem Bedürfnis endlich nach, hob das Zimmertelefon ab und bestellte eine Flasche Weißwein.
    Wenig später lag er, nackt bis auf die Unterhose, neben sich ein Silbertablett mit Wein und Glas, auf dem aufgedeckten, angenehm kühlen Bett und rauchte eins von den Dingern, die ihn ja erst in diese spezielle Lage befördert hatten, wenn man nämlich bedachte, daß es das Nikotin gewesen war, das Red und Silvia zusammengeführt hatte.
    Während er da also trank und rauchte, öffnete er das Kuvert. Er zog ein bedrucktes Papier heraus, einen simplen Werbezettel, der in keiner Weise markiert oder um eine handschriftliche Notiz bereichert war und auf dem für einen Buchladen geworben wurde. Eine fotografische Abbildung verriet ein kleines Geschäft von der alten Sorte, mit Büchern bis zur Decke. Bücher, die auch in neuem Zustand etwas Antiquarisches besaßen, wie sie da so kreuz und quer standen. An den wenigen Stellen, wo keine Bände waren, standen Globen, alte, neue, kleine, große. Der Text auf dem Papier informierte über das Angebot, das sämtliche Bereiche der deutsch- und englischsprachigen Literatur betreffe sowie historische Atlanten. Zudem verfüge man über eine große Auswahl an Comicheften älteren Datums sowie moderne Ausgaben, zudem Kuriosa, ohne daß aber erklärt wurde, was darunter zu verstehen sei. Nicht zuletzt, so betonte der Verfasser dieser Werbeschrift, wäre man auch bereit, aktuelle Bestseller wenn schon nicht zu führen, so zumindest zu bestellen. Aber es klang nicht nach echter Bereitschaft, eher nach Drohung. Kaum denkbar, daß jemand in diesen Laden treten würde, um ein Buch zu verlangen, das er in jedem anderen Geschäft vom Stapel nehmen konnte. Nun gut, Perverse und Masochisten und Draufgänger gibt es immer. Von manchen hört man dann nichts mehr.
    Interessanterweise ergab sich zwar aus dem Text, daß dieses Geschäft definitiv in Wien zu finden sei, aber weder wurden der Name noch die genaue Adresse erwähnt. Durchaus aber die Lage, und zwar die geographische: 54° 24' 33'' S, 3° 21' 10'' O.
    Freilich, so viel Ahnung hatte Red von Länderkunde, daß er wußte, daß dies kaum eine Position in Wien sein konnte, einer Stadt, die sich ja nicht im Süden der Weltkugel, sondern in deren nördlicher Hemisphäre befand.
    Als Red nun die angegebene Orientierungshilfe in seinen kleinen Computer eingab, der gleich einem um Aufmerksamkeit bettelnden Schoßtier stets anwesend war, also auch mit ins Bett durfte, stellte sich rasch heraus, wofür diese Koordinaten standen: für die Insel Bouvet.
    Man kann nun sagen, daß Wien zwar etwas näher an Bouvet liegt als Norwegen, aber nicht so viel, daß es ein echter Trost gewesen wäre.
    Was sollte das also? Und warum war ihm dieser Zettel so völlig unkommentiert übermittelt worden? Wollte Swedenborg ihn zu Tode rätseln?
    Red trank sein Glas leer, füllte sich ein zweites, nahm noch einen Schluck, schloß sodann seine Augen und übergab sich der Müdigkeit. Im eindringenden Lärm von Preßlufthämmern, welche die ganze Innenstadt aufzupflügen

Weitere Kostenlose Bücher