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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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gab Onkel Kazik ihr die Schlüssel zum Büro, weil er erkannte, dass ein
solches Talent beim Anmalen von Gartenzwergen verschwendet war. Die Firma
Krasnalex befand sich im Lagerraum eines großen Tiefkühlunternehmens, das
nicht mehr so viel Tiefgekühltes produzierte wie früher und unter wuchernden
Quecken und Bärenklau allmählich verfiel. Die nach faulen Erdbeeren stinkenden
Lagerräume mit schiefen Wänden und abgelaufenen Fußböden waren an
Privatunternehmer vermietet. Krasnalex war zwischen den Großhändlern Marex und
Janex untergebracht, und drei schlammige Trampelpfade führten durch das
Unkraut zum Eingang. Die Frauen aus der Malstube bekamen die in Gussformen
angefertigten weißen Gipsrohlinge und bemalten sie nach einem Schema, das für
die Details in der Tracht der einzelnen Zwerge verschiedene Farben vorsah, was
man sich gut merken konnte. Der eine kleine Fetrwanst hatte eine rote Schnalle
und der andere eine gelbe, einer hatte braune Schuhe, der andere schwarze, und
alle hatten sie die gleichen rosigen Gesichter und hellblauen Augen mit einem
schwarzen Punkt für die Pupille. Die fertigen Zwerge trockneten in der
Trockenkammer, und alle zwei Wochen kam Gutek Balcerzak aus der BeErDe, um sie
abzuholen. Nicht genug damit, dass er die Staatsbürgerschaft besaß, er hatte es
auch zu einem eigenen Lieferwagen gebracht, auf dem die schöne rote Aufschrift
prangte: Gutek Transport. Auf welchem Wege Onkel Kazimierz den Kontakt zu dem
eingedeutschten Schlesier geknüpft hatte, der seit dreißig Jahren in der BeErDe
wohnte, blieb sein Geheimnis, aber Gutek gefiel allen bei Krasnalex. Mit
dichtem, gestutztem Schnurrbart, weit aufgeknöpftem Jeanshemd,
Muttergottes-Medaillon und Haaren, die, ebenso kastanienbraun und kraus wie auf
der Brust, im Nacken mit einem Bändchen zusammengehalten wurden. Und kein
Ehering! Er sieht so gut aus wie Krzysztof Krawczyk, sagten die Frauen bei
Krasnalex. Wie Leoncio in Laura, vielleicht noch besser.
    Als Jadzia
Gutek zum ersten Mal sah, erinnerte er sie an den kleinen Stier der Cudzakows,
die in Zalesie neben ihnen gewohnt hatten. Bis er geschlachtet wurde,
bereitete der Stier seinen Besitzern jede Menge Schwierigkeiten, dauernd
mussten sie ihm auf anderer Leute Feldern hinterherlaufen, wo er sich nach der
Bespringung einer Jungkuh an Klee überfraß. Einmal kam er auch in ihren Hof
gebraust, nachdem er das mit einem Eisenriegel versperrte Hoftor durchbrochen
hatte, und blieb Auge in Auge mit Jadzia stehen. Vor Schreck ließ sie den
Zipfel ihrer Schürze los, in der fünf frisch eingesammelte Eier lagen. Breitnackig,
dunkel und halslos strömte Gutek einen Geruch nach Moschus aus. Moschus? dachte
Jadzia mit kleinem Fragezeichen, denn Moschus kannte sie nur aus der Romanzenliteratur,
und sie fühlte, wie Schweiß in einem kleinen Rinnsal zwischen ihren Brüsten
hinuntertröpfelte. Als sie in Gutek Balcerzaks Gesellschaft den Lieferschein
ausstellte über soundsoviele Zwerge zu einem Stückpreis von soundsoviel Zloty,
die zum Transport verladen worden waren, darunter auch achtundzwanzig
Schneewittchen, zitterte ihr die Hand. Etwas in Jadzia gluckerte und erhirzte
sich und verursachte plötzliche rote Flecken und Kurzschlüsse. Hier noch
schreiben - der Mann beugte sich über den Schreibtisch und gab ihr den
Lieferschein zurück. Das Medaillon mit der Muttergottes leuchtete direkt neben
Jadzias Mund auf. Wenigstens ist er gläubig, nicht so ein Wilder, dachte sie.
Beim zweiten Mal brachte Gutek ihr eine herzförmige Pralinenschachtel mit, auf
der stand: Für Dich, und beim dritten Mal Nylonstrümpfe. Nylonstrümpfe, so
nannte er das, obwohl in Warbrzych alle immer nur Strumpfhose sagten und das
auch meistens nur, wenn man sich beschwerte, dass es keine gab, oder überlegte,
wo demnächst wohl wieder welche geliefert würden. Ich Dummkopf, verwünschte
Jadzia sich selbst - anstatt die Strümpfe irgendwohin zu stecken und sich charmant
zu bedanken, als er ihr die Hand küsste und die Plastiktüte mit dem Geschenk
überreichte, stammelte sie los, dass die Strumpfhosen immer so schnell
zerreißen und sie dauernd welche zum Aufnehmen der Maschen bringen muss, wie
reizend es also von ihm sei, und dazu noch schwarze, wo schwarz doch besonders
modisch war. Der Mann aß die Butterbrote mit Gehacktem, die Jadzia gemacht
hatte, danach tranken sie an ihrem Schreibtisch Kaffee, und aus einem
Flachmann, den er auf der Brust trug, goss er Whisky dazu. Es schmeckte ihr
nicht, es war so bitter

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