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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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einen Rüschenrock
und die neue Strumpfhose. Als sie die Klingel hörte, konnte sie noch schnell
den Knopf drücken, und Andrzej Dabrowski schoss los mit seinem Zur Liebe ist es nur ein Schritt, ein kleiner Schritt, sonst nichts zum Empfang. Der konnte singen! Jedes Wort war zu verstehen. Bis die
Blicke erglühen, bis die Hände sich berühren — wie schön das war. Nicht so wie
diese Schreihälse, die Dominika dauernd hörte. Immer wieder sagte Jadzia zu
ihrer Tochter: Dabrowski solltest du hören, Polomski, Krawczyk, das ist Musik.
Als Gutek nach dem Essen mit Nachtisch in die Küche kam, sie von hinten umarmte
und eine mächtige Erektion zwischen ihre Hinternbacken schob, ließ Jadzia
einfach das Wasser auf das schmutzige Geschirr laufen und schloss die Augen.
    Schmerzend und
wundgescheuert verabschiedete sie am Morgen des nächsten Tages ihren Geliebten,
der mit einer Ladung Zwerge in den Westen fuhr. Sie wusste, dass sie in den
nächsten Wochen auf seine Rückkehr warten, die Tage und Stunden zählen würde.
Tage und Stunden! Das kam ihr so romantisch vor wie in einem Film, wie im Leben
von Lsaura oder der Aussätzigen. Dreimal, jedes Mal anders, wer hätte gedacht, dass sie sich das traut,
aber immerhin. Glühende Röte überlief sie, wenn sie daran dachte, aber sie
hatte Gutek bestiegen und war losgaloppiert, ohne ihm ins Gesicht zu sehen, die
Augen hielt sie gesenkt, auf die Stierbrust und die in der Behaarung schimmernde
Muttergottes gerichtet. Du darfst nicht denken, dass ich so eine bin, hatte sie
geflüstert, aber, mein Gott, sie hatte sich überreden lassen. Mein Schätzchen,
hatte Gutek sie auf Deutsch genannt, und er hatte versprochen, dass er
zurückkommen und vielleicht sogar zwei Nächte bleiben würde. Er würde sie nach
Bulgarien in den Urlaub mitnehmen, ans Schwarze Meer, vorher aber in die
BeEr-De, zu sich nach Hause. Ja, ja, mein Schätzchen hatte er auf Deutsch gesagt
und ihr einen solchen Klaps auf den nackten Popo gegeben, dass man es jetzt
noch sah. Zwei Wochen später kam Gutek wieder und schlief auch diesmal bei
Jadzia. Er brachte ihr schöne Unterwäsche in schwarz mit, die man Body nannte
und im Schritt mit Druckknöpfen schloss. Er musste ihr das zeigen, denn sie
hatte so etwas noch nie gesehen, und dann - dann sprangen die Druckknöpfe auf,
und der Babel wankte in seinen Grundfesten. Jadzia im klaffenden Body
galoppierte schon sattelfester und mit Erfolg, jedoch auf ein Ende zu, das
Tränen kosten sollte.
    Im Herbst
orientierte sich Krasnalex um und verlegte sich auf den Großhandel in
Damenbinden mit Flügeln, mit denen man es, wie Kazimierz Maslak errechnet
hatte, weiter bringen konnte als mit den Zwergen, denn die Privatunternehmer,
die näher an der Grenze wohnten, machten seinen Zwergen und Schneewittchen
Konkurrenz. Ganze Gartenzwergarmeen säumten die Straße von Zgorzelec nach
Walbrzych, bereit zum Abmarsch nach Westen. Sie traten von einem Fuß auf den
anderen, hielten die bessere Seite ihres Profils den Autos mit deutschen Kennzeichen
entgegen und reckten die Brust in der Hoffnung, dass sie jetzt an die Reihe
kommen würden. Die immer verzweifelteren Schneewittchen schürzten die
hellblauen Kleidchen, zeigten den Fahrern die nackten Gipsbeine und das Dreieck
ihres Gipsschlitzes und stürzten sich sogar unter Lebensgefahr auf die
Fahrbahn. Gutek Balcerzak verlor seine Arbeit und hatte keinen Grund mehr, nach
Piaskowa Gora zu kommen, wo die von ihm entfachte Leidenschaft glomm und
pulsierte wie ein kaputter Zahn. Ja, ja mein Schätzchen, hatte er Jadzia auf
Deutsch beim Abschied versprochen, ja, nach Waldenburg zurück. Sie wartete mit
einem Topf voll Kohlrouladen und dem frisch gewaschenen und im Schritt mit Deo
»Grüner Apfel« besprühten Body, aber Gutek Transport fuhr nie wieder vor dem
Babel vor.
     
    ***
     
    Am Bahnhof von
Zalesie steigt Dominika aus. Der Wuschelkopf schwankt auf dem langen Hals wie
eine fast schwarze Dahlie, eine von denen, wie sie nur in Zofias Garten
wachsen. Sie hebt die Hand zur Begrüßung. Zofia, klein und rund wie eine
russische Babuschka, hat sich zur Feier dieses wichtigsten Tages im Jahr ein
neues blaues Polyesterkleid übergezogen und breitet die Arme aus, um die
Enkelin, die ihr schon lange über den Kopf gewachsen ist, willkommen zu heißen.
Dominikas Ähnlichkeit erscheint ihr jedes Mal wieder wie ein Wunder, obwohl
sie seit Jahren schon beobachtet, wie sich die Verwandtschaft immer mehr
durchsetzt und in ihrer Art zu gehen und das

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