Bator, Joanna
und stark wie Selbstgebrannter, doch aus Höflichkeit
sagte sie: ja, gern, und ließ sich sogar nachschenken. Ihre stachelbeergrünen
Augen leuchteten, wenn er ihr aus dem Fahrerfenster winkte, und sie leuchteten
auch noch, wenn der Lieferwagen mit der Aufschrift Gutek Transport längst
hinter der Kurve verschwunden war. In den folgenden Wochen suchte Guteks Bild
Jadzia immer wieder heim, auf heißen Wogen kam es, die sich wie flüssiges Glas
durchs offene Fenster in die Wohnung auf dem neunten Stock des Babel ergossen.
Beim Frühstück dachte sie an sein aufgeknöpftes Hemd, beim Putzen der Badewanne
an seine massigen Hände und die Finger, auf denen schwarze Haarbüschel
sprossen; nach dem Aufwachen kam ihr plötzlich die Erinnerung an Guteks stramme
Schenkel in Jeans, wenn er ihr breitbeinig gegenübersaß und im Büro von
Krasnalex Butterbrote aß. Das ist vielleicht ein Stier! sagten die Frauen in
der Malstube voller Bewunderung. Bestimmt noch mehr als Krzysztof Krawczyk. Der
wird ganz schön stoßen! Jadzias Traum von dem Ausländer, der mit dem Auto
zurückkommen würde, um sie zu holen, hatte seine Verkörperung gefunden, und sie
war so davon erfüllt, als wäre es immer schon um Gutek Balcerzak und seinen
Lieferwagen gegangen. Verwirrt und ohne Vertrauen zu ihrem eigenen Körper,
voller Zweifel und Schuldgefühl gegenüber ihrem Mann, mit dem sie bis vor
kurzem die Couch unter dem Wasserfall geteilt hatte und der in ihr nie solche
Gefühle geweckt hatte wie Gutek, ließ sie halb getane Arbeiten stehen, selbst
wenn es sich um so wichtige Dinge handelte wie die Desinfektion des Spülbeckens
oder des Toilettensitzes. Als Gutek das nächste Mal kam, um Gartenzwerge
abzuholen, war es Hochsommer, und Dominika war in Zalesie bei Oma Zofia. Onkel
Kazimierz, der bisher den Zwergenabholer bei sich untergebracht hatte, konnte
diesmal nicht, weil seine Frau krank war. Tante Basia mit ihrem Mund wie die
Narbe einer weggeschnittenen Wucherung, still und demütig im Ertragen von
Erniedrigungen, erkrankte schließlich an etwas, das ihr Mann als
Weiberkrankheit bezeichnete, und versagte die weitere Beteiligung am ehelichen
Leben. Keiner ist da, der kocht oder saubermacht, und obendrein redet sie
noch wirres Zeug, beklagte er sich bei Jadzia und fragte, ob er Gutek nicht für
eine Nacht in ihre Wohnung legen könnte. Das ist eine Anlage, die Zinsen
bringt, vielleicht auch langfristig, spekulierte er, denn er bemerkte, dass
Jadzia der Gedanke gut gefiel.
Am Tag von
Guteks Ankunft rasierte Jadzia sich zum ersten Mal in ihrem Leben die Waden.
Immer mehr Frauen im Babel machten das, viele sicher mit einer gewissen
Verschämtheit. Die Jüngeren lachten über die behaarten Beine der Älteren und
glaubten kein bisschen den Warnungen ihrer Mütter, dass nach dem Rasieren die
Haare dichter und dicker nachwachsen würden, wie bei einem Affen. Jadzias zarte
Haut wurde brennend rot, und aus Stefans altem Apparat fielen ein paar kurze
Härchen von seiner letzten Rasur. Sie richtete Gutek das Bett auf der schmalen Couch
in Dominikas Zimmer, die es nicht mochte, wenn man etwas in ihrem Zimmer
anrührte und Jadzia nicht einmal erlaubte, ihr Zimmer ohne Anklopfen zu
betreten. Was treibst du denn da, Mädchen, dass ich anklopfen muss wie beim
Arzt? fragte die Mutter verwundert. Sie öffnete die Tür, sagte Oh,
Entschuldigung, wenn Dominika sie anbrüllte, und klopfte erst ostentativ von innen.
Eine richtige Spinnerin war dieses Kind! Jadzia hängte frisch gewaschene
Gardinen und Vorhänge ans Fenster; ihre Tochter zog aus unerfindlichen Gründen
nie etwas vor und spielte Kino für die Nachbarn gegenüber. Mitten auf den
Schreibtisch stellte sie eine Vase mit einem Strauß Margareten und schloss die
Tür, deren geriffelte Glasscheibe mit einem verblassten Abziehbild verziert
war. Vor Jahren hatte sie diese Veilchensträuße dort aufgeklebt. Sie hatte das
Abziehbild in einer Schüssel mit Wasser befeuchtet und dann auf der Scheibe
glattgestrichen, es war gar nicht einfach, das so systematisch Rille um Rille
zu machen. Stefan war auf dem Umweg durch den Busch von der Arbeit gekommen,
betrunken, mit seiner blöden rot angelaufenen Visage, und hatte gar nichts
bemerkt. Jadzia spürte plötzlich, wie Ärger in ihr aufstieg, so konkret, dass
er im nächsten Augenblick zu Wut hätte werden können. Zur Begrüßung von Gutek
zog sie eine dunkelrosa Bluse an, die die Lepka nach ihrem letzten
Istanbul-Ausflug speziell für sie zurückgelegt hatte, dazu
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