Bator, Joanna
Jahr lang an den Treffen
der Katholischen Jugend teilgenommen hatten. Dominika, die, unempfänglich für
den Reiz von Schnee und Eisblumen an den Fenstern, jeden Winter von den Ländern
aus Dimitris Erzählungen träumte, Ländern, in denen die Temperatur nie unter
Null sank und Melonen wuchsen, so groß, dass sich ein Kind unter der ausgelöffelten
Hälfte verstecken konnte, Dominika sehnte sich nach Wärme und Süden. Im Winter
herrschte nur im Hallenbad und im Palmenhaus eine annähernd tropische
Temperatur, und auch nur dann, wenn die Heizung nicht ausgefallen war. Taize,
das hatte sie auf der Landkarte nachgeprüft, lag entschieden weiter südlich als
Walbrzych, doch das traf ja wohl auf den überwältigend größeren Teil der Welt
zu. Aus diesen Gründen ging Dominika am Anfang des Abiturschuljahrs in
Malgosias Begleitung auf ein Treffen der Katholischen Jugend.
Jadzia, die
sich seit einigen Jahren in einer rührseligen Frömmlerischkeit vergrub, freute
sich über die unerwartete Bekehrung der Tochter und kam öfter als in den
letzten Jahren abends in ihr Zimmer, um, wie sie es nannte, zu verschnaufen und
ein bisschen zu tratschen. Seit Gutek mit seinem Gutek Transport ihrer
Schlafcouch ein für alle Male den Rücken gekehrt hatte, wandte sie sich mit der
für sie typischen Mischung aus Schuldgefühl, Exaltiertheit und Groll dem
Himmel zu. Manchmal legte sie sich nackt auf den Betonboden im Badezimmer, doch
das Bedürfnis nach Selbstkasteiung unterlag nach einiger Zeit der Lust auf
Süßes, und im Gefühl einer Niederlage ging sie in ihr Küchenreich, wo sie ganz
unten im Schrank eine Tafel Milchschokolade und ein paar zähe Rahmkaramellen
vor sich versteckt hatte. Von ihren dauernden Tränenausbrüchen war sie
aufgeweicht, als hätte das Bindemittel, das ihren Körper in den Fugen hielt,
sein Verfallsdatum überschritten. Ihre stachelbeergrünen Augen sahen aus, als
hätte man Buttermilch hineingeschüttet. Mir ist vom Leben nichts geblieben,
pflegte sie zu sagen, das einzige, für das ich bete, mein Kind, ist deine
Zukunft. Weißt du, dass ich in einem Kleid aus einer alten deutschen Gardine
geheiratet habe? Sie ließ sich auf der Couch der Tochter nieder und zog sich
den Rock über den Schenkeln zurecht, die, von einem Netz aus Flüssen und Seen
überzogen, der Landkarte von Finnland ähnelten. Deine Hochzeit, mein Mädelchen,
die würden wir auf Jasna Göra feiern. Ja, mach du dir nur keine Gedanken
darüber. Ich werde schon alles in die Hand nehmen. So ein Tag, der kommt nur
einmal im Leben. Hochzeit auf Jasna Göra, und das Kleid aus der Markthalle in
Breslau. Schleier und alles. Nagelneu. Den Schleier würden kleine Mädchen tragen,
auch in Weiß. Iwonas Patricia wird dann genau im richtigen Alter sein, und wir
finden noch ein paar dazu, kleine Mädchen gibt es ja wie Sand am Meer. Und das
Fest dann in einem eleganten Lokal. Man muss sich nur vorher vergewissern,
dass in der Küche auch alles sauber ist, heutzutage gibt's ja überall Sauerei
und Papperlaken - so hing Jadzia ihren Hochzeitsträumen nach. Und so ein
Priester wie unser Adas müsste dazu auf der Gitarre spielen und singen. Man
könnte ihn ja sogar bitten, das zu machen, wer weiß. Ihn im Auto nach
Tschenstochau bringen, denn dein Zukünftiger wäre natürlich motorisiert. Er
würde ihn schon mitnehmen. Wenn er so elegant vorm Babel vorfahren würde, dann
würde die Sledz vielleicht dumm gucken, ihre Iwona hat ja mit diesem jungen
Lepki nicht grade das große Los gezogen. Du, Kind, wirst zum Altar gehen, das
Kleid und der Schleier werden über den Boden rascheln, und Kaplan Adas wird
spielen. Für die Fahrt zum Lokal könnte man sogar eine Kutsche mieten. Das käme
bestimmt teurer, mit den Pferden und allem, aber schlimmstenfalls müssen wir
eben das Gold verkaufen, denn irgendwie muss die Braut ja zum Hochzeitstanz
kommen. Aber Mama, protestierte Dominika, ich hab noch nicht mal einen festen
Freund, und du richtest schon die Hochzeit aus. Vielleicht will ich gar nicht
heiraten? Ach was, natürlich willst du. Hauptsache, du findest den Richtigen.
Jadzia ließ die Einwände der Tochter nicht gelten. Ich fühle es, mein
Mädelchen, sagte sie und legte die Hand an die linke Brust, irgendwie fühl ich
es in der Tiefe meines mütterlichen Herzens, dass du ihn bald finden wirst. Mir
war es nicht vergönnt, aber das soll nicht heißen, dass es dir auch entgeht.
Guck dir doch mal zum Beispiel Jagienka Pasiak und ihren Freund an, den mit
dem
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