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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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den
Rettungsreifen zuwerfen oder sich gleich selbst in einen Ponton verwandeln und
ihm zu Hilfe kommen, wie früher am Ostseestrand, wenn ihm ein älterer Junge
eins auf die Rübe gab und auch noch Eimer und Schaufel wegnahm. Niemals war es
seine Schuld. Die Last jeglichen Vergehens nahm die Mutter von den Schultern
des Sohnes und bürdete sie dem Nächstbesten auf, und wenn kein Rüpelkamerad
oder keine Versucherin zur Hand war, nahm sie sie seufzend auf sich. Ihre
Schuld, sie hatte nicht aufgepasst!
    Als Adas
dreizehn Jahre alt war, tauchte der väterliche Kopf immer öfter über der Wand
seines Zimmers auf, um der Sünde der Onanie vorzubeugen. Das Onanieren, so
erklärte Ingenieur Wawrzyniak seinem verlegenen und verheulten Sohn, hat auf
den Geist geradezu fatale Auswirkungen und ist ähnlich wie Schweinefleisch die
unmittelbare Ursache für Pickel. Fleißiges Lernen und die richtige Ernährung,
reich an Fisch und Vitamin C, sind die Arznei. Die Eltern erkannten, dass das
sicherste Ventil für die erwachende Sinnlichkeit des Kindes die Musik werden
könnte, man musste ihn also nur musikalisch ein bisschen lockern, dann würde
der ganze Dampf in diese Richtung abgehen. Der einzige Sohn der Eheleute
Wawrzyniak hämmerte nun auf einem Schlagzeug aus Kochtöpfen, knallte mit
Kinderzimbeln, pustete in eine Blockflöte, bis ein Ton herauskam und die
Nachbarn an die Wand klopften, doch zu guter Letzt entdeckte er seine wahre
Liebe - die Gitarre. In der hellhörigen Wohnung konnte er nicht üben, deshalb
probierte er die Wirkung seiner Stimme im nahegelegenen Zoo aus, wo ihn eine
Bekannte, die dort Eintrittskarten verkaufte und von seinen adretten Kleidern
und Manieren angetan war, kostenlos einließ. Mit der nagelneuen Gitarre, die er
von den Eltern zum Geburtstag bekommen hatte, suchte er eine Bank vor den
schlammverkrusteten Flusspferden, den in Freiheitssehnsucht rasenden Tigern
oder vor den Affen auf, die sich an seiner Kunst am interessiertesten zeigten.
Er klampfte und sang mit seinem reinen, etwas zitternden Tenor zu Gottes Ehren,
und die Paviane setzten sich auf ihre rosa Hintern und schauten ihn an, während
sie sich lausten. Leokadia wusste von den Konzerten im Zoo und träumte heimlich
davon, dass die Gucwinskis ihren Sohn hören würden, Herr und Frau Zoodirektor,
wer weiß, wer weiß, womöglich gab es da sogar Beziehungen zum Fernsehen. So
sang also Adas den Affen seine eigenen Kompositionen und bekannte Lieder vor,
populäre Schlager und Variationen über die Opernarien, die seine Mutter gerne
hörte. Er machte sich weis, die Bank bei den Pavianen sei die bequemste, weil
sie am abgelegensten war, doch in Wirklichkeit zog ihn das Sexualverhalten
dieser Wesen mit den fast menschlichen Gesichtern an, die beiläufig
kopulierten, ohne das Interesse an dem Konzert zu verlieren. Adas hatte schon
beim Anblick der Gespenstschrecken im Schulterrarium sexuelle Assoziationen
und wurde fast ohnmächtig, wenn er sah, wie sie auf der Suche nach frischen Kleeblättern
aufeinanderkrochen. Entgegen den naiven Hoffnungen der Eltern lenkte die Musik
Adas nicht von den Versuchungen des Fleisches ab, die er sogar selbst bei
diesem altertümlichen Namen nannte, wenn er mit allwöchentlicher
Regelmäßigkeit und dem selben wonnigen Schauder, den er beim Sündigen empfand,
seine Bekenntnisse durch das Gitter im Beichtstuhl flüsterte, bis ihm ein
alter erfahrener Dominikaner riet, er sollte es doch mal mit Fußball oder
dergleichen versuchen. Wenn Adam Wawrzyniak bei seinen häufigen Beichten auch
keine Sünde verschwieg und dem Priester seine unreinen Gedanken und Träume
sowie die Masturbationen zwischen den Seerosen der zum Trocknen aufgehängten
mütterlichen Nylonstrumpfhosen, auf dem Dachboden ihres Wohnhauses, im Keller,
auf den Toiletten im Zoo, im Fahrstuhl des Hochhauses in Kozanow, wo er zur
Mathematiknachhilfe ging, gestand, entfielen ihm doch irgendwie immer die
Affen, wenn er im Beichtstuhl kniete. Beim nächsten Mal aber wirklich, schwor
er sich, doch nie gelang es ihm, dieses Versprechen vor sich selbst
einzulösen.
    Als Gymnasiast
festigte Adas seine Stellung im Kirchenchor und beherrschte fast bis zur
Perfektion die Fähigkeit, sein Sexualleben vor seinem Vater zu verbergen,
sodass der alte Wawrzyniak, der lauernd lauschte, wie sein Sohn hinter der
Sperrholzwand leise summte, dann unvermittelt auf den Hocker sprang und über
die Wand spähte, ihn nie bei etwas erwischen konnte und sich deshalb mit der
Zeit die

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