BattleTech 08: Woelfe an der Grenze
geschwächt. Hinzu kommt, daß unsere Regimenter, die die Galedongrenze verteidigen, durch unsere Kämpfe hier auf Misery so ausgebrannt sind. Diese Grenze ist jetzt praktisch unbewacht und offen für unsere Feinde. Auch für diesen entsetzlichen Schlag gegen Haus Kurita trage ich die Verantwortung.
Da ich sowohl in bezug auf mein Urteilsvermögen als auch meine Fähigkeiten versagt habe, muß ich Seppuku begehen. Es gibt keinen anderen Weg, meine Ehre wieder herzustellen. Seitdem ich dich kenne, mein Freund, hast du die Anforderungen, die die Ehre an einen stellt, immer verstanden.«
Minobu forschte in Wolfs Gesicht, fand aber nur nackte Verzweiflung anstatt Begreifen. Es gab nichts mehr zu sagen. Die Sonne würde bald untergehen, ein Augenblick, den Minobu heute nicht verpassen wollte.
Er stieß sich von der Wand ab, und sein ganzes Gewicht ruhte wieder auf seinen Beinen. Sein natürliches Bein schmerzte, als er den Korridor entlangging. Die Wachen wollten ihm den Weg versperren, aber Wolf winkte sie fort. Unbehelligt ging Minobu weiter.
Am Ende des Gangs befand sich ein kleiner Gemeinschaftsraum, der normalerweise von den Soldaten in den Kasernen in ihrer dienstfreien Zeit in Anspruch genommen wurde. Er war leer. Minobu humpelte zu dem Transplexfenster, von dem aus man das Landefeld sehen konnte, wo im letzten Tageslicht DragonerMechs in Landungsschiffe verladen wurden. Er nahm den Lotussitz ein und schaute nach draußen. Der Glanz des Lichts, das durch die Eiskristalle in der Luft gebrochen wurde, wirkte beruhigend. Über die vergängliche Schönheit der Natur nachdenkend, glitt er in einen leichten Meditationszustand.
In Minobus Krankenzimmer fragte Wolf Michi: »Und was ist mit Ihnen? Werden Sie sich auch den Bauch aufschlitzen?«
»Nein.«
Wolf schien nicht mit dieser Antwort gerechnet zu haben. Michi hatte nicht beabsichtigt, dem Söldner irgend etwas zu erklären, fügte dann aber unter dem Druck seines nötigenden Blickes hinzu: »Ich werde meinem Herrn Tetsuhara jetzt noch nicht folgen, weil ich noch eine Aufgabe zu erfüllen habe. Ich werde meinen Herrn an denjenigen rächen, die ihn in diese Sackgasse hineinmanövriert haben.«
Wolf nickte verstehend. Er dachte einen Moment lang nach, und sagte schließlich: »Wenn wir Sie hier zurücklassen, werden Ihre Vorgesetzten Ihren Kopf fordern, und dann könnten Sie Ihr Vorhaben nicht mehr ausführen. Zu Ehren Ihres Herrn dehne ich mein Angebot auf Sie aus.«
Michi verbeugte sich. Wie Minobu zuvor war er versucht. Aber wie Minobu war auch er an den Weg gebunden, den ihm seine Ehre vorschrieb.
»Es ist nicht richtig, daß ich mich Ihnen anschließe, während diese Rechnung noch nicht beglichen ist.« »Wer hat davon gesprochen, daß wir Sie davon abhalten? Hiermit lassen wir es nicht bewenden, das können Sie mir glauben. Wir werden auch weiterhin gegen Haus Kurita kämpfen. Samsonow hat ein paar von unseren Familien erwischt, bevor wir ihnen mitteilen konnten, daß wir den Treffpunkt geändert haben. Er hat diese wehrlosen Menschen kaltblütig niedermetzeln lassen. Wir wollen ebenfalls Rache.«
»Ich weiß nicht, ob es mich freut, Sie das sagen zu hören.« Michi war trotz allem noch immer ein Draconier. Er hatte keinen Streit mit den Kombinatsbewohnern und mit den MechKriegern, die sie verteidigten. Und sie würden diejenigen sein, die den Kanonen der Dragoner gegenüberstehen würden. »Sie kämpfen zwar gegen meine Feinde, aber mein Platz ist nicht an Ihrer Seite.« Seine Worte in die Tat umsetzend, trat Michi auf den Korridor und betrachtete die sitzende Gestalt im Gesellschaftsraum. Einen Augenblick später kam Wolf heraus
und stellte sich neben ihn.
»Was können wir dann für Sie tun? Sie können nicht hierbleiben.«
Michi dachte ein paar Minuten lang nach und wog die wenigen Möglichkeiten ab, die ihm blieben. Welchen Weg er auch wählte, er würde ein Ausgestoßener sein.
In einem Punkt hatte Wolf allerdings recht. Jeder Versuch, im Gebiet des Kombinats zu bleiben, kam einem Selbstmord gleich. »Nehmen Sie mich bis zu einem Ort mit, von dem aus ich mit meinem Vorhaben beginnen kann.«
»Das ist alles, was Sie wollen?« fragte Wolf ungläubig.
»Mehr kann ich nicht verlangen.«
»Sie meinen, Sie wollen nicht?«
Michi zuckte die Achseln.
»Sie sind ein verrückter Samurai, Noketsuna, aber Sie haben Mumm.«
56
Dragonerbasis, Farsund, Misery
Militärdistrikt Galedon, Draconis-Kombinat
27. Mai 3028
Michi verließ gerade Minobus Zimmer, als Wolf
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