BattleTech 08: Woelfe an der Grenze
Verzweiflungstat hatte die Imperator-Autokanone des Dracon ruiniert. Egal, ihre Munition war ohnehin verbraucht.
Die Dragoner stellten ihre Direktangriffe ein und kehrten dazu zurück, den Dracon mit Energiestrahlen und Kurzstreckenraketen zu überschütten. Da seine ganze Bewaffnung nur noch aus einem Fünfzentimeterlaser bestand, taumelte der angeschlagene Dracon seinen Peinigern entgegen, um den Kampf zu ihnen zu tragen. Jetzt konnte er das Gefecht am wirkungsvollsten im Nahkampf fortsetzen.
Der Greif verkündete seine Wiederauferstehung mit einem Feuerstoß aus seiner PPK. Elektrostatische Entladungen ionisierten die Luft um das gelähmte Bein des Dracon, als ein blauer Blitz durch die geschwächte Panzerung schnitt. Die ausgefransten Pseudomuskeln wurden aus ihrer Verankerung gerissen und konnten das Gewicht des Mechs nicht länger tragen. Das Bein gab nach. Der Dracon schwankte für einen Augenblick auf seinem intakten Bein, neigte sich nach links und fiel dann krachend zu Boden.
Benommen hing Minobu in den Sicherheitsgurten. Aus dem Zustand des Mushin gerissen, war er nur noch ein Mensch, der eine Maschine steuerte.
Das Klingeln der Sensoren warnte ihn vor der Annäherung der DragonerMechs. Er konzentrierte sein Ki, um die Schmerzen zu blockieren, die durch seinen Körper schössen. Entrückt beobachtete er, wie sich der linke Arm des Dracon hob. Ein rubinroter Strahl löste sich und traf einen der vorrückenden Dragoner.
Die Dragoner antworteten mit konzentriertem Laserbeschuß.
Weitere Fehlfunktionslämpchen leuchteten rot auf und zeugten vom rapiden Verfall des Dracon. Das Waffenbord piepte Laserfehlfunktion. Ein Licht nach dem anderen erlosch, als der Dracon um ihn herum starb. Schließlich versagten auch die Sensoren, so daß Minobu in der verräucherten Düsternis des Cockpits, das nur noch vom unregelmäßigen Flackern überspringender Funken erleuchtet wurde, von der Außenwelt abgeschnitten war.
Der Dracon wurde von einem Aufprall erschüttert, der Minobu heftig herumschleuderte. Er schlug mit dem Kopf gegen die Seitenwand des Cockpits. Trotz des Neurohelms bewirkte der Schock, daß er alles doppelt und nur noch verschwommen wahrnahm. Blut lief ihm über den Nasenrücken und auf die Oberlippe, bis er einen metallischen Geschmack im Mund verspürte. Durch den Gestank des Ozons hindurch glaubte er Kirschblüten zu riechen. Bevor er diesem Rätsel auf den Grund gehen konnte, umfing ihn Dunkelheit.
55
Dragonerbasis, Farsund, Misery
Militärdistrikt Galedon, Draconis-Kombinat
26. Mai 3028
»Seppuku ?« wiederholte Wolf ungläubig.
Minobu schaute mit müden Augen zu dem Mann auf, der sich über sein Bett gebeugt hatte. »Ich habe keine andere Wahl. Ich habe meinem Herrn gegenüber versagt.«
»Versagt? Du hast uns lahmgelegt. Es wird Monate dauern, bis die Dragoner wieder zu einer größeren Operation fähig sind. Viel zu viele unserer besten Piloten — Männer und Frauen, die schon bei mir waren, als wir in die Innere Sphäre kamen — liegen draußen im Schnee begraben. Wenn du das Versagen nennst...«
Minobu blickte an die Decke. Ganz am Rande konnte er Michi Noketsuna sehen, der am Fußende des Bettes saß und so aussah, als fühle er sich unbehaglich. Dieses Unbehagen rührte nicht von Michis bandagiertem Kopf oder von seinem Arm, der in einer Schlinge quer über der Brust hing. Es war auch nicht die rosige neue Haut, die sich über den Erfrierungen zu bilden begann, die Michi sich in der eisigen Kälte Miserys zugezogen hatte, nachdem sein Mech zerstört worden war. Wie Minobu bekümmerten ihn Wolfs Worte. Ein Teilerfolg war kein Trost für einen Samurai. Der Krieger, der die ihm gestellte Aufgabe nicht erfüllte, hatte versagt. Nicht mehr und nicht weniger.
»Ich werde nicht von hier verschwinden, weil du mich nicht beachtest«, sagte Wolf, als Minobu nicht antwortete. »Dein Herr kann dich für den Fehlschlag nicht verantwortlich machen.«
»Kann er das nicht?«
»Es war nicht deine Schuld. Du hast dich an die Regeln gehalten und verloren. Darin liegt nichts Unehrenhaftes.«
Minobu starrte weiterhin an die Decke. Was sollte er darauf antworten? In Wolfs Welt reichte schon der Versuch, und ein Teilerfolg war oft ein akzeptables Ergebnis. Wolf begriff nicht, daß ein Samurai entweder Erfolg hatte oder versagte. Für ihn gab es keine Halbheiten.
Frustriert über Minobus Schweigen seufzte Wolf und rieb seinen Stoppelbart. »Jetzt hör mir mal zu! Du hattest überhaupt keine Chance. Du
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