BattleTech 09: Ein Erbe für den Drachen
zurückzukehren. Die plötzliche Schläfrigkeit, die überaktive Kinder überfällt, wenn sie zur Ruhe kommen, war zuviel für den jungen Kurita. Mit einem Gähnen ergab er sich schließlich zufrieden den tröstlichen Armen seines Hüters.
Zeshin brachte Minoru ins Schlafzimmer, während Theodore auf Tomoe zuging. Er legte ihr die Hände auf die Arme und spürte, wie ihre Muskeln sich zunächst spannten, dann entspannten. Sie legte ihm die Arme um die Hüften und drückte ihn an sich. Er kam sich plötzlich wie ein Tölpel vor und erwiderte ihre Umarmung. Mehrere Minuten lang hielten sie einander wortlos umschlungen.
»Vater!«
Die durchdringende Stimme gehörte Tomoes und Theodores ältestem Sohn. Hohiro rannte an der Tür zu ihrem Zimmer vorbei, wobei seine nackten Füße auf dem Holzfußboden laute, klatschende Geräusche machten. Er kam schlitternd zum Stehen und kehrte zur Tür zurück.
»Vater! Sieh mal, was ich gefunden habe!«
Tomoe und Theodore lösten sich voneinander, als ihr Sohn hereinkam, aber Tomoes Hand ruhte weiterhin auf seinem Rücken, während Theodore sich anschaute, was Hohiro ihm entgegenstreckte.
»Ist das nicht wunderbar?«
Der Junge hielt ein kunstvoll gefallenes Blatt Reispapier hoch. Die Origami-Katze ruhte in Lauerstellung auf Hohiros Handfläche. Ihr gekrümmter Schwanz war mitten in einer peitschenden Bewegung erstarrt.
»Wo hast du das gefunden?« fragte Theodore drängend. »Ist mit Omi alles in Ordnung?«
Hohiro war verblüfft über die Anspannung in der Stimme seines Vaters. Verwirrt runzelte er die Stirn. »Sicher. Sie spielt im Garten.«
Theodores Augen suchten Tomoes. Sie ging zur Tür und spähte vorsichtig hinaus. Ihr bestätigendes Nicken entlockte ihm einen Seufzer der Erleichterung.
»Also«, sagte Theodore ruhig und nahm seinem Sohn die Katze aus der Hand. »Wo hast du das gefunden?«
»In der Halle neben deinen Schwertern.«
»Und sonst war nichts da? War vielleicht etwas nicht an seinem Platz?«
»Ich glaube nicht.«
Hohiro war jetzt völlig verwirrt. Theodore lächelte ihm beruhigend zu. »Es war sehr gescheit von dir, das hier sofort zu mir zu bringen. Es ist eine geheime Botschaft«, fügte er in verschwörerischem Tonfall hinzu. »Wenn du noch mehr findest, mußt du sie sofort zu Mutter oder mir bringen.«
Hohiro nickte energisch.
»Gut. Hole jetzt deine Schwester und geh mit ihr zu Tetsuhara-Sensei. Sag ihm, es wäre Zeit für deine Kendo-Stunde. Und paß auf deine Schwester auf!«
»Aber meine Stunde fängt erst um drei Uhr an«, protestierte Hohiro. Er war offensichtlich erregt darüber, daß man ihn aus der Intrige ausschloß, die er aufgedeckt hatte.
»Deine Stunde beginnt jetzt. Geh!«
Hohiro zog einen Schmollmund, ging aber gehorsam, wobei er deutlich machte, es aus eigenem Entschluß zu tun, indem er auf einem Umweg in den Garten ging. Theodore und Tomoe beobachteten Sohn und Tochter, bis beide im Schatten des Dojo verschwunden waren, wo Tetsuhara Sensei wartete. Theodore gab die Origami-Katze an Tomoe weiter.
»Und?«
Sie untersuchte sie sorgfältig. »Eindeutig Nekogami.«
Er nahm sie wieder an sich und hielt sie gegen das Licht, das aus dem Garten hereinfiel, um festzustellen, ob eine Botschaft auf das Papier geschrieben war. Die Katze ähnelte der, die Ninyu vor fünf Jahren in seinem Hotelzimmer auf Moore entdeckt hatte, aber er wollte es sich von Tomoe bestätigen lassen. Die Nekogami waren eine zahlenmäßig sehr kleine Gruppe, die nur selten aktiv wurde, aber sie hatten einen fürchterlichen Ruf, und oft machte man sie für Taten verantwortlich, die sie gar nicht begangen hatten. Sie waren die Spione und Attentäter im Kombinat, Meister der Täuschung und der List. Seine eigenen Erfahrungen mit Intrigen und Attentaten in den vergangenen Jahren hatten nicht dazu geführt, daß er sie jetzt sympathischer fand.
»Was bedeutet das? Hier gibt es keine Geheimnisse, die gestohlen werden könnten. Nichts und niemand scheint vermißt zu werden.«
»Es ist höchstwahrscheinlich eine Botschaft. Hast du die Buchstaben gefühlt, die in das Papier gestanzt sind?«
Er hatte nicht. Als er jetzt über das Papier rieb, fühlte er die Striche. Es waren chinesische Zeichen.
»Loyalität?«
»Sie bieten dir ihre Dienste an ... glaube ich. Sie handeln im Interesse des Drachen, so wie sie es sehen. Offenbar sind sie der Ansicht, du würdest den Drachen verkörpern.«
»Ich glaube, ich sollte mich geehrt fühlen. Ich muß mir die Sache erst einmal gründlich durch den Kopf
Weitere Kostenlose Bücher