BattleTech 10: Blut der Kerensky 1 - Tödliches Erbe
Diese Berge stellen meinen Willen auf eine harte Probe. Er lachte. Auf Skondia ist Joggen kein Training. Es ist eine Strafe! Er schob die Hände unter sein rotes T-Shirt und wischte sich mit dem Stoff den Schweiß von der Stirn.
Als er das Hemd wieder senkte, sah er sie zum erstenmal. Ihr schwarzes Haar reichte gerade auf die Schultern des übergroßen grauen Sweatshirts. Der schwarzgrüne Bodysuit, den sie darunter trug, zeichnete ihre langen, muskulösen Beine nach, und die grüne Zeichnung des Stoffes rankte sich wie lange Grashalme an ihren Unterschenkeln empor. Ihre rechte Ferse auf eine Parkbank gestützt, lehnte sie sich vor, packte den rechten Fuß und zog sich nach vorne, bis sie mit der Nase die Kniescheibe berührte.
Als sie sich wieder streckte, bemerkte sie Kai, der sie beobachtete, und schien in Verlegenheit zu geraten. Obwohl sie lächelte, war ihr Blick mißtrauisch, wie der einer Katze. Sie legte die Arme um die Brust, so daß sie das Wappen des New Avalon Instituts der Wissenschaften auf dem Sweatshirt verdeckten, und begann eine Serie von Hüftdrehungen. »Hallo.«
»Tut mir leid, wenn ich sie erschreckt habe«, meinte Kai. »Ich habe nicht erwartet, hier so früh schon jemanden zu treffen.« Er blickte über das nebelverhangene Tal, durch das er gerade gelaufen war. »Das ist eine wunderbare Trimmstrecke hier, aber an den Besucherströmen läßt sich das offensichtlich nicht erkennen.«
Er trat einen halben Schritt vor und sah, wie sie leicht zurückwich. Kai deutete auf die braune Leinentasche neben der Bank. »Könnten Sie mir die Tasche zuwerfen? Ich brauche mein Handtuch.« Als sie ihm die Tasche zuwarf, löste sich ihre Zurückhaltung. »Wie haben Sie abgeschnitten?«
Kai runzelte die Stirn. »Abgeschnitten?«
Sie lächelte ihn an, und Kai merkte, daß es ihm gefiel, sehr sogar. »Ihr Hemd ... Fünfundzwanzigster New Avalon-Myriameterlauf. Wie haben Sie abgeschnitten?«
Kai zog ein weißes Handtuch aus der Tasche und trocknete sich das Gesicht. »Äh, in den Fünfzigern.«
Sie hob das andere Bein auf die Bank und streckte sich. »Platz oder Zeit?« Ihre Frage war keine Herausforderung oder Skepsis, und das freute Kai.
Sie ist sich noch nicht sicher, ob ich ein Lügner bin oder ein Sportkamerad, dem sie vertrauen kann. »Platz. Meine Zeit war 43:35. Ich hätte besser abschneiden müssen, aber ich bin gegen Ende des Rennens gestorben.«
Sie lachte auf. »Am Infarkthang.«
Kai mußte mitlachen. »Sie kennen ihn? Haben Sie das Rennen auch schon gelaufen?«
Ihr schwarzes Haar peitschte durch die Luft, als sie den Kopf schüttelte. »Nein, nur die Strecke. Ich laufe nicht gern gegen andere.« Sie richtete sich auf. »Der Hang ist mörderisch. Auch wenn es bis zur Ziellinie nur noch anderthalb Kilometer durch den Davion-Friedenspark sind, nach dem Hang kommt es einem vor wie ein Lichtjahr.«
Kai legte das Handtuch um den Hals und hob ein Bein auf die Bank. Ein Schweißtropfen fiel von seiner Nasenspitze, als er sich vorbeugte, um die Kniesehne zu strecken. »Stimmt. Der Hang ist tödlich. Trotzdem, auf dem Weg durch den Park hat mich das Silberadler-Denkmal wieder etwas aufgerichtet.«
»Wie denn das?« Sie schauderte. »Diese Statue ist doch schrecklich. Der Hund ist völlig zerfetzt und leidet offensichtlich Höllenqualen. Ebenso offensichtlich wird der Panther ihn töten. Ich fand sie bedrückend.« Ihr Gesicht verhärtete sich vor Widerwillen. »Es ist so gewalttätig, daß ich nicht verstehe, was es im Friedenspark zu suchen hat.«
Kai wechselte die Beine und zog seinen Oberkörper nach vorne, bis die Muskeln in seinem Rücken und dem anderen Oberschenkel geradezu kreischten. Ich erinnere mich, wie Onkel Dan mich in den Park mitnahm und mir erklärte, daß der Hund die Kell Hounds repräsentiert, die Melissa Steiner aus einer Kurita-Falle befreiten. Patrick Kell hat sein Leben gegeben, um seiner Cousine Melissa die Flucht zu ermöglichen. Die Statue verdient ihren Platz im Friedenspark. Sie erinnert daran, daß für ein großes Ziel auch große Opfer notwendig sind.
Kai sah sie an. »Ich verstehe Ihre Meinung, aber ich stimme Ihnen nicht zu. Ich finde, das Kind, das der Hund beschützt - und das Seil, das in den Himmel ragt, und die bevorstehende Rettung des Kindes symbolisiert - machen es zu einem hoffnungsvollen Bild.« Er verzichtete darauf, mit seiner Familienbeziehung zu dem Standbild anzugeben. »In dem Rennen fühlte ich mich nicht minder zerschunden als der Hund, aber ich habe
Weitere Kostenlose Bücher