BattleTech 13: Jade Phoenix-Trilogie I - Clankrieger
empfand, statt sie zu vergrößern. Ter Roshak andererseits – Ter Roshak, der Aidan nie angesprochen hatte, trotz all der Gelegenheiten, bei denen sein Blick ihn gefangengehalten hatte – war ein Objekt dauernder Furcht für Aidan, das selbst seine Träume beherrschte.
Joanna drehte sich zu dem inzwischen aufgestandenen Aidan und warf ihm eine der Peitschen zu. Sie legte den Wurf absichtlich so an, daß sie zu kurz fiel, aber er war an ihre Heimtücke gewohnt und trat instinktiv einen Schritt vor. Mit einem ungeschickten Hechtsprung, der ihn beinahe stürzen ließ, konnte er den Griff der Peitsche fassen. Er war überrascht, wie leicht sie war. Schnell erkannte er, wie er seine Finger um den Griff legen mußte, um mit dem Daumen die einfachen Kontrollen zu bedienen. Er setzte eine stolze Miene auf, preßte den Knopf, der den Peitschenriemen freigab, und sah ihm bei seinem Flug aufwärts in den Himmel zu, eine sichere Flugbahn, deren elegante Krümmung eine Freude für den Betrachter war. Aidan fühlte eine leichte Vibration des Griffes und hörte ein leises Summen. Als er das Handgelenk bewegte und die Peitsche knallen ließ, hatte er das Gefühl, die Waffe seit Ewigkeiten zu kennen, dabei hatte er zum erstenmal in seinem Leben eine Peitsche in der Hand.
»Sieh mich an, Dreck!«
Der Dunst in der Atmosphäre erweckte den Eindruck, die Sonne fülle den gesamten Himmel aus, und ließ Joanna verschwommen erscheinen. Ihr Körper hatte keine klaren Umrisse, ihr Gesicht hatte die vage Qualität eines unfertigen Porträts. Aber die Peitsche in ihrer Hand hatte die Detailschärfe einer technischen Zeichnung.
Joannas Arm bewegte sich kaum, als sie die Peitsche aus dem Handgelenk auf ihn abfeuerte. Der Riemen flog so schnell heran, daß er die Berührung auf seiner Wange kaum spürte. Dann aber durchzuckte ihn ein furchtbares Stechen. Es kostete ihn seine ganze Beherrschung, keine Emotion zu zeigen. Er brachte den Handrücken an den Schnitt. Als er sich die Hand ansah, bemerkte er Blut an den Knöcheln. Bret, der den Anblick von Blut haßte, wäre bei diesem Anblick wahrscheinlich bleich geworden, aber Aidan gestattete sich ein erfreutes Lächeln.
»Du bietest eine hervorragende Vorstellung einer beweglichen Gartenstatue, Dreck. Willst du kämpfen, oder bist du der klassische Feigling, den diese Monumente darstellen?«
Aidan zuckte die Schultern. Es war eine bewußte Beleidigung, eine wortlose Antwort auf Joannas Frage. Er wußte, daß schon die geringste Andeutung von Widerstand genügte, sie in Rage zu versetzen. Ihre Waffe zuckte erneut heran, aber diesmal war Aidan darauf vorbereitet. Instinktiv riß er die Peitsche hoch, betätigte den Knopf und gestattete dem Riemen, Joannas Peitsche abzufangen und von ihrem Ziel, anscheinend seine Taille, abzulenken. Sie fluchte leise und zerrte ihre Peitsche zurück. Da die Riemen ineinander verheddert waren, gelang es ihr beinahe, Aidan die Peitsche zu entreißen, aber er schaffte es, sie rechtzeitig zu lösen und zurückzuholen. Sie sank in symmetrischen Windungen vor seinen Füßen zu Boden. Aidan war klar, daß er keine Zeit mehr hatte, die Bedienung der Waffe zu lernen. Er mußte angreifen, bevor Joanna es tat, auch wenn er sich über die Möglichkeiten der Peitsche noch nicht hundertprozentig im klaren war. Er hob den Griff, bis er geradewegs auf Joanna zielte, preßte den Knopf und stieß zu. Der Peitschenriemen schoß auf sie zu. Er flog etwas zu weit und zu hoch, aber er traf Joanna trotz allem seitlich an der Stirn. Sie ruckte zur Seite, riß ihre eigene Peitsche herum, und ihr Arm peitschte mit derselben Wildheit wie der Riemen. Der wand sich um Aidans Hals und zerrte ihn nach vorne. Gleichzeitig fing sie mit der freien Hand den Riemen seiner Peitsche auf. Es war ein erstaunlicher Zug, und Aidan bewunderte ihre Leistung, obwohl er sich im Würgegriff eines Lederriemens befand.
Obwohl Joanna offensichtlich den Griff um ihre Peitsche gelockert hatte, ließ der Druck des Riemens nicht nach. Langsam zog er sich immer enger. Aidan fühlte, wie seine Augen aus den Höhlen traten. Alles um ihn herum wurde schärfer, klarer. Außerhalb des Kreises schien der Rest der Geschko eine einzige ängstliche Miene zu teilen. Er fühlte, wie Marthe sich anspannte und in den Kreis stürzen wollte. Ter Roshak studierte den Kampf angestrengt, aber sein Blick war so kalt wie immer.
Aidan versuchte die Zunge in den Rachen zu zwingen, als könne er den drohenden Tod irgendwie aufhalten, wenn es
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