BattleTech 13: Jade Phoenix-Trilogie I - Clankrieger
Geräusche schlichen sich in sein Bewußtsein, aber er weigerte sich aufzusehen. Er wollte nicht sehen, was dort vor sich ging, nicht einmal, wenn es Joanna war, die vor Schmerzen aufschrie. Ihre Schmerzen bereiteten ihm keine Befriedigung. Eigentlich hätte er doch gerne sehen müssen, wie sie sich vor Schmerz am Boden krümmte, wie ihre tiefgebräunte Haut von ihrem Blut verschmiert wurde. Er hätte doch gerne sehen müssen, wie ihr das Genick gebrochen wurde und ihre Gliedmaßen leblos herabhingen. Aber diese Vorstellungen erschienen ihm um nichts minder widerlich als Joanna selbst. Er wollte sie nicht tot sehen oder verletzt.
Was er gerne erlebt hätte, war von ihr zu hören, daß er etwas gut gemacht hatte. Er wußte, daß es falsch war, sich von irgend jemand eine Anerkennung zu wünschen, denn nach der Erziehungsphase kam die Kriegertrainingsphase; nach dem Muster das nächste Muster – und es gab kein Lob für Leistung. Es gab überhaupt nur eine Leistung – der Sieg beim Positionstest, der die wenigen erwartete, die ihre Ausbildung bis zum Ende durchstanden. Und einmal dort angekommen, war kein Lob mehr notwendig. Dermot hatte bemerkt, ein freundliches Wort könnte die Schnelligkeit der Reaktion eines Kriegers beeinflussen, und das konnte bedeuten, daß der Laserstrahl statt den Gegner einen selbst erwischte.
Überraschung zog wie eine Woge durch die Geschko, unterstrichen von keuchendem Erstaunen. Endlich blickte Aidan auf.
Ellis kniete auf Joannas Brust. Mit gewaltigen Kraftanstrengungen versuchte sie, seinen Druck zu lockern und sich freizuwinden, aber es gelang ihr nicht. Ein grausamer Ausdruck des Triumphes trat in Ellis’ Augen, als er die Hände verschränkte und den Körper nach hinten auf Joannas Beine verlagerte. Seine Hände flogen in einem fürchterlichen Hieb auf Joannas Kopf zu, der ihr, wenn er schon nicht ihren Schädel zertrümmerte und sie tötete, sicher das Bewußtsein rauben mußte.
Wie sie es anstellte, war Aidan nicht klar, aber statt dem Schlag auszuweichen, blockte Joanna, deren Arme zwischen Ellis’ Oberschenkeln und ihrem Körper eingeklemmt waren, den Hieb mit dem Schädel ab. Trotzdem hätte die Wucht des Schlages ausreichen müssen, sie zu betäuben. Damit wäre ihr Ende nahe gewesen.
Joanna hatte schon immer behauptet, die Kraft eines Wesens zu besitzen, das in den Clanmythen aus dem Grab zurückkehrte, um die Helden zu verfolgen. Vielleicht hatte sie damit sogar recht, denn statt das Bewußtsein zu verlieren, schaffte sie es zudem, die geringe Gewichtsverlagerung ihres Gegners auszunutzen, um sich zur Seite zu wälzen und einen Arm zu befreien. Sie täuschte einen Rückhandschlag gegen Ellis’ Magen vor, dessen geringe Intensität ihn unter keinen Umständen hätte verletzen können. Aber in einem instinktiven Reflex versuchte er den Schlag abzuwehren, und sie öffnete die Hand. Sie wich seiner Abwehr aus, packte den unteren Saum seiner Lederjacke und zog ihn zu sich hinab. In einer anderen Situation hätte es die Bewegung einer Liebenden sein können, die das Objekt ihrer Begierde an sich zog, aber für Joanna war es eine Möglichkeit, den Griff ihres Gegners zu brechen. Während er um sein Gleichgewicht kämpfte, wand sie sich zwischen seinen Beinen hindurch, warf sich herum, wirbelte eine Menge Staub auf und sprang zum Angriff auf die Füße.
Sie rammte ihn von hinten und warf den ohnehin schon aus dem Gleichgewicht geratenen Ellis vornüber aufs Gesicht. Er rollte ab und sprang wieder auf, ein Manöver, das Ellis besonders lag. Zu seinem Pech hatte Joanna es vorhergesehen. Sie traf keinerlei Anstalten, ihm nachzusetzen. Statt dessen hob sie einen Felsbrocken vom Boden und schleuderte ihn nach seinem Kopf, während er noch gebeugt war. Für Aidans Augen schien der Stein ganz langsam auf Ellis’ Kopf zuzusegeln, obwohl er in Wirklichkeit mit großer Kraft und Geschwindigkeit durch die Luft flog. Später sollte er sich an diesen Moment als das erstemal in seinem Leben erinnern, an dem sein subjektives Zeitempfinden von der Realität abwich. Es gab Zeiten, in denen er ernsthaft bezweifelte, daß es tatsächlich geschehen war, und glaubte, sein Gedächtnis habe ihm einen Streich gespielt.
Der Stein traf Ellis, der sich gerade herumdrehte und ihm genau in die Flugbahn trat, an der Stirn, unmittelbar oberhalb der Schläfe. Er blinzelte mehrmals angestrengt, schien einen Moment lang unmittelbar vor einer Ohnmacht, dann knurrte er wild und stürmte auf Joanna zu.
Bis
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