BattleTech 24: Auge um Auge
Ihre nackten braunen Beine bewegten sich trotz des leichten Anstiegs der Yoguchi Kurita gleichmäßig. Sie sah wie ein asiatischer Mischling aus, hätte selbst aus dem Kombinat stammen können. In ihr floß auch Gaijin-Blut – sie sah kurz in die Augen der großen Frau, graue Augen mit einer Spur Blau.
Sie sahen einander einen Augenblick lang an, und die kleine junge Frau und die große schätzten einander ab. Dann war die Radfahrerin vorbei, und die böse Gestalt eines Katamaran, auf dessen Schnauze ein klaffendes Haimaul gemalt war, dröhnte vorbei. Die große Frau rieb sich das Kinn.
»Für mich sehen sie nicht besonders beeindruckend aus«, sagte der hübsche junge Mann mit dem purpurn gefärbten Haarknoten, als die Söldner-Mechs nordwärts über die Yoguchi-Kurita-Straße marschiert kamen. Er war ein Neuling bei den Geistern, irgendein unbedeutender zweiter Sohn eines Samurai aus Miyada, der sich entehrt hatte, indem er irgendeine junge Arbeiterin bumste. Er war so begierig darauf, sich zu beweisen, daß er bereit war, sich ganz nach unten inmitten des Gewühls aus Gaijin, Yakuza und Eta zu begeben, das das Neunte Geisterregiment bildete. Über Geschmack läßt sich nicht streiten.
Tai-sa Eleanor Shimazu hatte die Haltung eingenommen, die sie immer annahm, wenn sie über irgendwelche Dinge nachdachte: Beine weit gespreizt, eine Handfläche an der Schläfe, in ihren unbezähmbaren roten Haarschopf verkrallt. Bekleidet mit Khaki-Reithosen und einer schwarzen Weste über einem weißen Männerhemd wäre sie selbst dann eine beeindruckende Gestalt gewesen, wenn sie mit ihren 172 Zentimetern die in aller Regel kleinwüchsige Bevölkerung Masamoris nicht überragt hätte.
Sie achtete nicht auf den jungen Leutenient. Sie konnte sich nicht einmal auf Anhieb an seinen Namen erinnern. Im Cockpit seines Mech sah er ziemlich fesch aus. Aber er hatte sich seine Goldene Kugel noch nicht verdient, also zur Hölle mit ihm. Hinter ihrer linken Schulter stand Tai-sa Buntaro Mayne und kicherte. »Glaubst du, die Nebelparder haben diesem Söldner-Oyabun einen Katamaran zum Geschenk gemacht?«
Der Neuling wurde bis zu seinem purpurnen Haaransatz rot. Mayne wäre genauso hübsch wie der Neue, wäre da nicht die Augenklappe über seinem rechten Auge gewesen. Er war auch ganze zwei Jahre jünger. Aber Mayne hatte gegen die Clans gekämpft und überlebt, so daß er davon berichten konnte. Um es zu beweisen, trug er eine scharfe Patrone Sturmgewehrmunition an einer dünnen Kette um den Hals. Sie war mit reinem Gold vakuumbeschichtet worden – nur ein Molekül dick.
»Schau dir das an«, sagte der neue Mann und deutete lässig. »Dieser Heuschreck ist ja völlig verdreckt.«
Hinter den Schwergewichten – dem Katamaran, einem Atlas und einem kleineren, aber noch immer beeindruckenden Dunkelfalken – kam ein kleiner Heuschreck entlanggestelzt. Viele der Söldner-Mechs waren kunstvoll bemalt. Der Heuschreck fiel aus der Reihe. Eine Unmenge von Plastikspielwaren und – Schmuckstücken waren überall an ihm festgeklebt – Puppenköpfe, Mechmodelle, Blumen, Früchte – eine phantastische Kruste. Blumengirlanden aus Plastik waren um seine Gliedmaßen gewunden und schlängelten sich zum langen Lauf seines Lasers hinab.
»Ich weiß nicht«, sagte Unagi. »Ich finde, er ist…«
»…sehr abgefahren«, sagte Usagi, der die zwillingstypische Angewohnheit hatte, die Sätze seines ehemaligen Zellengenossen zu vollenden.
»Das ist eine Kugelfalle«, sagte der Samuraijunge, und sein Gesichtsausdruck zeigte, daß er es noch immer kaum über sich brachte, zu Abschaum wie den Asizgaru-Zwillingen zu sprechen. Das war wieder ein Schlag gegen ihn. Die Geisterregimenter bestanden alle mehr oder weniger aus Abschaum. »Wenn eine Salve dieses Ungetüm trifft, wird sie nicht abprallen, sondern stecken bleiben oder durchgehen.«
»Unsinn«, sagte der einäugige Buntaro. »Das Plastik ist zu weich. Der Schmuck wird einfach fortfliegen. Es ist irgendwie Kiza« – das Wort bedeutete Kitsch -, »aber was soll's? Ich habe gehört, diese Jungs haben auch gegen die Clans gekämpft. Sie können machen, was sie wollen.«
»Wie wir«, sagte ein großer blonder Mann.
Der Samurai schüttelte seinen Haarknoten. Zwischen Zähigkeit und mangelndem Gespür dafür, wann man das Thema wechseln mußte, verlief ein schmaler Grat. Er war gerade dabei, ihn zu überqueren. Vielleicht war es ein weiterer gesellschaftlicher Nachteil, in der Büke, der Militärkaste, aufgezogen zu
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